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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Greene
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Zeit ließ, eine ruhige Hand hatte und es richtig machte, konnte man etwas Unscheinbares in ein Prachtstück verwandeln. Weiter als bis zu dieser Stelle funktionierte sein poetischer Vergleich leider nicht.
    Mit Holz konnte man nicht reden und auch nicht schlafen.
    Aus dem Zimmer nebenan waren Stimmen zu hören. Jack hob den Kopf. Er hatte den Jungs erlaubt, Freunde einzuladen. Da er sie ohnehin diese Woche zur Schule bringen und wieder abholen musste, hatte es ihm nichts ausgemacht, ein paar Kinder mehr mitzunehmen. Zumindest hatte er es sich so vorgestellt … aber in der Sekunde, als er die Erlaubnis gegeben hatte, hatte er gewusst, dass diese Idee ein riesengroßer Irrtum gewesen war.
    Vier Jungs im Teenageralter waren in der Lage, ungleich mehr Dinge in ungleich schnellerer Zeit kaputt zu machen als zwei. Und das, wenn sie gut miteinander auskamen und nicht stritten.
    Er öffnete die Tür seiner Werkstatt einen Spalt – nicht nur, um zu hören, ob gerade etwas zu Bruch ging, sondern um Cooper zu belauschen. Lange Zeit hatte Jack es als Ehrensache erachtet, die Privatsphäre seiner Kinder zu respektieren. Aber das war einmal.
    Er war schon zu lange Vater, um dieser Art von Diskretion allzu große Bedeutung beizumessen. Wenn er durch Lauschen erfuhr, was seinen Sohn bedrückte, würde er lauschen.
    Bis jetzt hatte sich die Konversation jedoch – trotz der Lautstärke – um Turbo Mintras, Weicheier, Fernseher und darum gedreht, ob eine einzelne Gehirnzelle denken konnte. Des Weiteren wurden die Größe von Brandy Pennys Busen, die NASCAR-Autorennen und die Frage diskutiert, wer als Erster den Führerschein machen würde.
    Jack tauchte den Lappen gerade wieder in die Farbe, als er ein leises Klopfen an der Verandatür hörte – so leise, dass er sich unsicher war, ob er es sich nicht eingebildet hatte. Eine Sekunde später sah er allerdings, wie Charlene ihre Nase an die Scheibe presste. Rasch winkte er sie herein.
    “Hi, Mr. Mackinnon.” Ihre Stimme war so ruhig und freundlich, als käme sie ihn jeden Abend nach zehn Uhr in ihrem Pyjama und dem marineblauen großen Bademantel ihres Vaters besuchen, wenn am nächsten Tag Schule war.
    “Hallo, Charlene, was gibt’s?”
    “Ich müsste Sie etwas fragen, wenn es Ihnen recht ist.”
    “Klar ist mir das recht”, sagte er, obwohl sich sein Puls bereits leicht zu beschleunigen schien. “Gibt’s drüben Probleme?”
    “Nichts Besonderes. Merry hat beide Computer zum Abstürzen gebracht. Keine gute Idee, sie in die Nähe von etwas zu lassen, das einen Stecker hat.” Charlie trat näher, entdeckte einen Stuhl in einer Ecke der Werkstatt und setzte sich. “Und letzten Donnerstag war es eiskalt, als ich von der Schule nach Hause gekommen bin. Wissen Sie, warum?”
    “Warum?”
    “Tja, weil sie zwar die Rechnung bezahlt, aber kein Heizöl bestellt hat. Sie wusste nicht, dass die Heizung nicht läuft, wenn man kein Öl in den Tank nachfüllt, verstehen Sie?” Charlie seufzte.
    Jack musste sich ein Grinsen verkneifen. “Ich glaube nicht, dass aus unserer Merry noch ein technisches oder handwerkliches Genie wird.”
    “Ich weiß. Ich versuche, nachsichtig zu sein. Sie kann ja nichts dafür.”
    Da dies das Einzige war, was das Kind sagte, begann Jack sich zu entspannen, hockte sich wieder hin und rieb Farbe auf die Unterseite seines Regals. Doch dann bemerkte er, dass Charlie verstummt war und still und aufrecht wie ein Soldat in der Ecke saß und wartete.
    “Was wolltest du mich fragen?”
    “Etwas rein Hypothetisches.”
    “Okay.”
    “Es ist eine ziemlich erschreckende Hypothese. Deswegen muss ich Sie fragen. Nur Sie. Ich würde Sie sonst nicht belästigen, Mr. Mackinnon. Ehrlich.”
    “Ist schon in Ordnung.”
    “Tja … die Sache ist die … Nehmen wir einmal an, ich hätte eine Freundin, und diese Freundin hätte einen Anruf bekommen, okay?”
    Jack bearbeitete weiterhin das Holz mit dem Lappen, aber er schenkte der Arbeit keine Beachtung mehr. Der scherzhafte Ton in Charlenes Stimme war völlig verschwunden. “Okay.”
    “Und nehmen wir an, die Stimme am anderen Ende der Leitung hätte gesagt: ‘Ich weiß nicht, wer die Schlampe ist, die bei dir wohnt’. Mr. Mackinnon, ich habe ‘Schlampe’ nur gesagt, weil die Frau am Telefon das Wort verwendet hat. Ich wollte …”
    “Liebes, mir ist es egal, welche Wörter die Frau verwendet hat. Erzähl mir einfach, was sie noch gesagt hat.”
    “Angenommen, es hätte diesen Anruf

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