Alle lieben Merry
– zumindest mit jenem Thema, über das sie mit Charlene reden wollte.
“Im Bus zum Buchstabierwettbewerb vor ein paar Wochen.”
“Ach, der Bus. Was ist dort passiert?”
“Dieses Mädchen aus meiner Klasse … Sie hat einem aus der Achten hinten im Bus einen geblasen.”
“Oh, das meinst du. Du meine Güte, ich hatte gehofft, dass die Geschichte nicht wahr ist.”
“Tja, das ist sie aber. Wenn sie ein Junge gewesen wäre, hätte sie nicht geglaubt, es tun zu müssen. Jungs haben die Macht. Jungs müssen nicht vor den gleichen Dingen Angst haben wie Mädchen.” Sie sah Merry an und verdrehte die Augen. “Komm schon, beruhige dich. Hör auf, nach Luft zu schnappen. Du musst doch wissen, dass solche Dinge passieren.”
“Nicht mit elf, um Himmels willen!”
Okay, dachte Merry, dieser Teil des Tages hatte sich als Misserfolg entpuppt. Nicht für Charlene – der jede Ausstellung gefiel und die sich wahrscheinlich am liebsten ein Feldbett gemietet hätte, um im Smithsonian übernachten zu können. Aber Merry ging die Geschichte mit dem Bus nicht aus dem Kopf. Außerdem hatte Charlie ihr immer noch nicht ihr Geheimnis anvertraut, und sie hatte keine Ahnung mehr, wie sie die Sache aus dem Kind herauskriegen sollte, ohne es dazu zu zwingen.
Aber der Tag war ja noch lang. Es konnte also noch schlimmer werden. Und so war es auch.
Zwei große Jungs im Teenageralter auf der Rückbank ihres Mini Coopers unterzubringen war möglich, wenn auch so ähnlich, wie Sardinen in eine Dose zu quetschen. Sie holte die beiden kurz vor vier Uhr an der Schule ab. Ein Blick in Coopers Gesicht genügte, und Merry spürte, wie es ihr im Herzen wehtat. Er war kreidebleich und wirkte total verkrampft.
“Wollt ihr gleich nach Hause, oder seid ihr hungrig?”, fragte sie.
Natürlich sagten alle drei, dass sie am Verhungern wären.
“Na, wie wäre es, wenn wir euren Dad anrufen und ihm sagen, dass wir uns ein bisschen verspäten? Der Verkehr in der Rushhour ist ohnehin der reine Horror, und wenn ihr jetzt hungrig seid, macht es mir nichts aus, wenn wir kurz stehen bleiben …”
Kicker rief seinen Vater an. Jack war einverstanden. Charlene erzählte unablässig davon, was sie alles im Museum gesehen hatte. Kicker beugte sich vor und blies Merry beim Reden in den Nacken. Kicker und Charlene sagten ihr, in welche Richtung sie fahren musste.
Cooper sagte kein einziges Wort.
Sie wollten Burger und Pommes Frites. Merry parkte ein und schickte Kicker und Charlene hinein, um das zu Essen bestellen. Es war die einzige Möglichkeit, mit Cooper unter vier Augen zu reden. Als die beiden anderen ausgestiegen waren, sagte sie sofort: “Okay, Coop, du siehst total bedrückt aus. Also … ist sie schwanger.”
“Nein, ist sie nicht. Diese Sache ist in Ordnung.”
Merry runzelte verwirrt die Stirn. Sie war sich ganz sicher gewesen, dass bei der Untersuchung eine Schwangerschaft festgestellt wurde, Cooper deshalb so geknickt war und auch sein verstörter Blick daher rührte. “Was ist es dann?”
Cooper errötete. “Ich dachte, ich wäre ihr Erster”, gestand er leise. “Scheint so, als wäre das nicht der Fall gewesen. Anscheinend hat sie es mit der ganzen Stadt und noch ein paar mehr gemacht. Ich musste auf Geschlechtskrankheiten untersucht werden.”
“Oh, verdammt, Coop.”
“Ich erfahre das Ergebnis erst am Montag. Der Arzt meinte, es wäre eher unwahrscheinlich, aber ich sollte mich trotzdem besser untersuchen lassen. Ich habe ihn gefragt, was passiert, wenn der Befund ergibt, dass ich geschlechtskrank bin. Er hat gesagt, dass ich dann ein bestimmtes Antibiotikum nehmen muss. Damit wäre die Sache erledigt. Ich darf es nur nicht ignorieren. So hat er es mir erklärt.”
“Das ist schon mal gut.”
“Ja, das ist schon okay, aber das ist nicht der Punkt. Sie hat mich
angelogen.
Ich dachte, wir wären uns nahe, verstehst du? Ich dachte, ich liebe sie. Ich dachte, es wäre für uns beide das erste Mal gewesen.” Cooper trommelte mit den Fingern auf seinem Knie. “Tja, für mich ist diese verdammte Sache mit der Liebe damit erledigt. Der Arzt hat mir gesagt, dass ich mit niemandem schlafen soll, bis der Befund da ist. Als würde ich das wollen. Ich habe von Mädchen die Schnauze voll, und das wird lange, sehr lange so bleiben.”
“Kicker ist für gewöhnlich derjenige, der gern und oft ausgeht, nicht wahr?”
“Ja, genau. Es gefällt ihm, sich mit vielen Mädchen zu treffen. Mir nicht. Ich hatte früher nie
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