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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Greene
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“Wie bitte?”
    “Das ist für euch doch in Ordnung, oder? Am Freitag geht sie mit Charlene in eine Sonderausstellung im Smithsonian, das heißt, sie ist zwar nicht direkt bei eurer Schule, aber in der Nähe. Möglicherweise schafft sie es nicht vor dem späten Nachmittag, aber ich dachte mir, es würde euch beiden nichts ausmachen, eine Weile mit ein paar Freunden rumzuhängen, stimmt’s?”
    “Stimmt. Kein Problem. Das wird cool.”
    Kicker wollte weiterreden, doch Cooper meldete sich plötzlich zu Wort. “Wann habt ihr das beschlossen?”
    “Gestern Abend. Wir haben uns unterhalten, und da hat sie erwähnt, dass sie mit Charlene nach Washington fährt. Sie meinte, sie könnte mir an diesem Nachmittag das Abholen ersparen, wenn ihr damit einverstanden wärt.”
    “Klar, das macht uns nichts aus. Aber irgendetwas stimmt hier nicht. Was hast du gemacht?”, fragte Cooper.
    “Bitte?” Jack war gerade über die letzte Kreuzung vor der Autobahn gefahren. Coopers Bemerkung ergab für ihn keinen Sinn.
    “Ich dachte, ihr beide versteht euch prächtig. Aber heute Morgen bist du schon schlecht gelaunt in die Küche gekommen. Dann hast du die Schlüssel vergessen, vergessen einzusteigen, hast kein einziges Mal gelächelt und nicht einmal Kicker angebrüllt, als er den Saft verschüttet hat. Ich meine, irgendetwas ist hier doch faul. Und jetzt stellt sich heraus, dass du gestern Abend mit Merry geredet hast. Was hast du also falsch gemacht?”
    “Was meinst du damit? Warum nimmst du an, dass ich etwas falsch gemacht hätte? Sie hat angeboten, euch abzuholen …”
    “Klar, als wärst du deswegen so schlecht gelaunt … Ich weiß nur nicht, warum du gemein zu ihr warst …”
    Jacks Kinnlade wäre vor lauter Schreck beinahe einen Meter nach unten geklappt, aber, verdammt, sie steckten schon fast im Stau der Rushhour. Vielleicht würde, wie die Bibel lehrte, den Sanftmütigen ja später am Tag die Erde gehören, aber nicht vor neun Uhr morgens. Die Autofahrer saßen alle zähneknirschend hinter dem Lenkrad und tranken entweder Kaffee oder brüllten etwas in ihre Handys, während der rechte Fuß das Gaspedal bearbeitete.
    Doch sogar in dieser gefährlichen Situation verletzte ihn Coopers Vorwurf. Es war sehr ungerecht. Und total falsch.
    Und warum, zum Teufel, wusste Cooper, dass er Gewissensbisse hatte? Er hatte überhaupt nichts falsch gemacht. Er hatte keine voreiligen Schlüsse gezogen. Hatte sie nicht abserviert. Er war derjenige, der zu Recht auf sie böse sein sollte, weil sie sich geweigert hatte, ihm Coopers verdammtes Geheimnis zu verraten.
    Er war deshalb tatsächlich böse auf sie. Was war los mit ihr, dass sie ihm nicht vertraute?
    Alle vertrauten ihm. Freunde und Familie. Die ganze Nachbarschaft. Seine Exfrau. Die Regierung der Vereinigten Staaten hatte ihm praktisch sämtliche Vollmachten erteilt, die es überhaupt gab, um Geheimdokumente einzusehen.
    Jeder wusste, dass er vertrauenswürdig war.
    “Ich brauche wegen
nichts
ein schlechtes Gewissen haben. Und ich war nicht gemein zu ihr. Ich weiß nicht, wie ihr überhaupt so etwas Lächerliches denken könnt …”
    “Wegen deines Dackelblicks, Dad”, erklärte Cooper, woraufhin Kicker sich augenblicklich vorbeugte, um Jacks Gesicht zu begutachten. Keine gute Idee, seinem Vater den Blick auf den Verkehr zu nehmen und so eine lebensbedrohliche Situation für sie alle heraufzubeschwören.
    “Du hast wirklich einen dackelartigen Ausdruck, Dad”, bestätigte Kicker.
    “Ihr zwei redet nur Quatsch.” Es tat weh. Nicht was die Jungs sagten, sondern der Gedanke an Merry. Wie unfair sie gewesen war. Sie hatte gefragt, ob er ihr vertraue.
    Nein, darauf hatte er ihr nicht gleich eine Antwort gegeben. Denn was hatte sein Vertrauen zu ihr mit der ganzen Sache zu tun? Sie war diejenige, die ihm nicht genug vertraute, um ihm Coopers Geheimnis zu sagen.
Sie
hatte alles durcheinander gebracht. Deshalb hatte er nicht sofort geantwortet. Weil sie ihn total verwirrt hatte.
    Und dann war seine Nachbarin einfach ins Haus gegangen, mit feuchten Augen, als würde sie gleich zu weinen anfangen, und hatte ihn stehen lassen. Er war sich vorgekommen wie in einem Paralleluniversum. Woher kamen die Tränen in den Augen? War sie geistig umnachtet? War Miss Flauschpantoffel durchgedreht? Er hatte nichts gesagt oder getan, was sie verletzt haben könnte.
    Sie allerdings schon.
    “Dad”, sagte Cooper und gähnte, “du hast die Autobahnausfahrt verpasst.”
    Jack erschrak.

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