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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Greene
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Lidschatten auf die Augen. Die Jungs nennen sie ‘Schlampe in Ausbildung’.” Charlie verstummte und schielte zu Merry, als warte sie darauf, wegen dem Wort ‘Schlampe’ ausgeschimpft zu werden.
    “Das scheint mir eine ziemlich treffende Bezeichnung zu sein”, sagte Merry stattdessen. Und langsam ergab die ganze Geschichte mit Dougall einen Sinn. Der Streit. Die Kränkungen. Das Abstreiten der Gefühle. Diese Aufgeregtheit und das plötzliche Mitteilungsbedürfnis. Gab es etwas Schlimmeres als die erste Verliebtheit? Außerdem zeigte Charlies momentane Aufregung deutlich, dass ihre Klamotten und ihr Styling nichts mit einer problematischen Geschlechterrolle zu tun hatte, sondern ausschließlich mit ihrem Dad.
    Als sie zu Wort kam, versuchte Merry vorsichtig, das Gespräch auf ein anderes Mädchenthema zu lenken. “Charlie … ein paar Mütter haben sich über BHs unterhalten. Anscheinend tragen viele Mädchen in deiner Klasse diese Trainingsbüstenhalter, mit denen man sich an die Dinger gewöhnt. Ich habe mir also gedacht, dass du vielleicht …”
    “Sicher nicht.”
    “In Ordnung.”
    “Immer wenn ich den Ausdruck ‘Trainings-BH’ höre, frage ich mich, ‘Was trainieren wir?’ Pferde? Ich meine, wie trainiert man einen Busen? Außerdem bekomme ich keine Brüste. Niemals.”
    Merry verkniff sich zu sagen, dass die ersten Anzeichen schon im Anmarsch waren. Aber da sie nun schon einmal bei heiklen Themen waren, unternahm sie noch einen Versuch. “Der Valentinstanz heute hat mich daran erinnert, wie es mir ergangen ist, als ich in der Sechsten war. Damals schienen alle meine Freundinnen ziemlich viel über Sex zu reden …”
    “Mein Dad hat mir alles erklärt, was ich wissen muss”, bemerkte Charlie lapidar.
    Verdammt, dachte Merry, sie hatte es wieder einmal vermasselt. Charlene schien sich wieder zu verschließen. Sie wurde nicht sofort abweisend – das war nicht ihre Art. Aber sie trank ihre Milch aus, beantwortete alle weiteren Fragen nur noch sehr einsilbig und sagte schließlich, sie sei “irrsinnig müde” und wolle schlafen.
    Merry zog sich leise zurück, schlüpfte in ihren Bademantel, wusch sich das Gesicht und cremte sich ein. Dann ging sie zurück in die Küche und räumte ein wenig auf. Obwohl es fast Mitternacht war, war sie zu aufgedreht, um schlafen zu gehen. Nach einer Weile schlich sie in Charlies Zimmer. Die Kleine schlief tief und fest. Der Tag hatte sie offensichtlich mitgenommen. Merry zog ihr vorsichtig die Bettdecke über die Schultern, knipste die Nachttischlampe aus und ging wieder auf Zehenspitzen in die Küche.
    Ich sollte auch ins Bett gehen, dachte sie. Aber die Bilder des Abends gingen ihr immer wieder durch den Kopf. Heute hatte sich so vieles gut für Charlene entwickelt. Es schien, als hätte sie ihren Panzer abgelegt und es genossen, zu tanzen und mit den anderen Kindern zusammen zu sein – ob es ihr selbst nun bewusst war oder nicht.
    Ihr Instinkt sagte Merry jedoch, dass die Kleine ihre Trauer und ihren Schmerz immer noch tief in ihrem Inneren begraben hatte. Sie hatte immer noch nicht geweint. Ihren Dad erwähnte sie zwar oft genug – meistens, wenn sie sich in bestimmten Situationen verteidigte. Da war viel Schmerz vorhanden, dachte Merry. Schmerz und auch Wut.
    Sie hatte schon einen Stapel Elternratgeber gelesen und einen weiteren Stapel Bücher über Trauer und Kinder, die einen Verlust verkraften mussten. Müde lehnte Merry sich an den Küchentisch und schloss die Augen. Wenn es sich um ein anderes Kind gehandelt hätte, hätte sie nachdrücklicher auf einer Therapie bestanden. Aber, meine Güte, Charl war ein einzigartiges Kind. Sie hatte ihren eigenen Kopf und – was es noch schwieriger machte – sie war klüger als die meisten Bücher und Menschen. Was sie brauchte, war …
    War eine Mutter.
    Und genau das war das Problem. Merry war sich einfach nicht sicher, was eine gute Mutter in dieser Situation tun würde. Charlie hatte nie eine richtige Mutter gehabt – und Merry selbst auch nicht. Mit ihnen war es also so, als würde ein Blinder den anderen Blinden über die Straße führen. Sie wünschte, es gäbe irgendwo ein Zauberbuch mit allen Regeln, damit sie wüsste, ob sie die richtigen Schritte unternahm … oder die falschen.
    Das Klopfen an der Tür ließ sie hochfahren. Noch bevor sie die Gelegenheit hatte hinzulaufen und zu öffnen, stürmte Jack herein. “Schließt du eigentlich nie ab? Niemals?”
    Tja. Er war offensichtlich bestens

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