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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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du bist großartig!« Der Dicke warf ihm einen Schelmenblick zu, ging vorn in die Beuge und hielt ihm das Hinterteil hin.
    »Dicker«, sagte ich, »da hast du wieder mal Glück gehabt, daß du so ‘nen guten Onkel gefunden hast.«
    »Na, erlauben Sie mal«, sagte Werneburg, »er ist eben ein ganzer Kerl, einer mit Ellbogen. So einer war ich auch mal, und ich war mir selber immer sehr sympathisch. Übrigens, ich hab’ dauernd unterwegs nachgedacht: den Witz mit dem Lederreisenden, den müssen Sie mir noch mal erzählen.«

3

    Es verging eine Woche, und noch immer war der Winter nicht da. Die Wiesen lagen grün zwischen kahlen Sträuchern, sogar einzelne Blumen sprossen noch jetzt, am Beginn des Dezember, und der Waldenauer Heimatbote verfehlte nicht, diese Erscheinung unter Zitierung des Hundertjährigen Kalenders zu vermerken.
    Jeder von uns sechsen begann, sich in dem neuen Lebenskreis einzurichten. Frauchen hatte schon eine Unmenge Leute aufgetan, die ich unbedingt kennenlernen mußte, aber nicht wollte. Außerdem graste sie die Waldenauer Geschäfte ab und entdeckte einige wirklich erstaunliche Gelegenheiten, wie Leberecht Pruchtdörflers >neu renoviertes< Warenhaus. Die Mama hingegen schwor auf Heitauers, das waren die Inhaber des Verkaufsstandes am Bahnhof. Sie bestand darauf, des Morgens Brötchen, Butter und Milch von dort zu holen, und bezog auch ihren Vermouth, ihre Blockschokolade und die Waldenauer Skandalchronik von dort. »Die Frau Heitauer hat gesagt...« Damit begann gewöhnlich ihr Frühstücksbericht.
    Ich für mein Teil arbeitete an dem neuen Buch. Langsam, bedächtig und voll Genuß. Dazwischen legte ich große Pausen ein, in denen ich >Prächtig< reparierte oder an meiner Antenne bastelte. Es gelang mir, Australien und Indien auf Kurzwelle zu empfangen, und ich versuchte die holde Weiblichkeit dafür zu begeistern: »Hört euch das an — Australien!«
    »Das quiekt ja so!« sagte die Mama.
    »Quiekt! Ein kleiner Störsender! Was verlangst du auf zwanzigtausend Kilometer Entfernung? Wenn du hier ein Loch in die Erde bohrst und immer tiefer bohrst, so daß du auf der anderen Seite der Erde herauskommst, bist du in Australien!«
    »Ich will aber nicht nach Australien und will auch kein Loch bohren«, sagte die Mama. »Mir genügen die Löcher, die du in deine Socken bohrst.«
    »Na, wenn er doch Delhi hört!« meinte Frauchen versöhnlich.
    »Das ist in Indien«, sagte ich, »das war gestern.«
    »Oh! Und was ist das hier?«
    »Australien. Davon rede ich doch die ganze Zeit!«
    »Deshalb brauchst du mich doch nicht anzuschreien. Wovon redet der denn? Das ist doch Sport.«
    »Ja. Kricket-Ergebnisse.«
    »Das interessiert dich doch aber gar nicht!«
    »Natürlich nicht. Aber es ist doch Australien.«
    »Aha!« Die Gefährtin sah mich einen Moment prüfend an, und dann verbreitete sich ein gütiges, mütterliches Lächeln über ihr Gesicht: »Na, das ist aber schön!«
    Schön! Als ob ich ein Säugling wäre, der an seinem großen Zeh spielt und >da — da — do< macht.
    »Du könntest uns heute nachmittag in die Stadt fahren«, sagte die Gefährtin und hatte einen träumerischen Ausdruck im Gesicht. »Ich muß noch Schrankpapier kaufen, und dann will ich auch mal eine Tasse Kaffee und Kuchen haben und ein paar Journale lesen.«
    In die Stadt fahren! Ich hatte an >Prächtig< ein Klappern entdeckt und den halben gestrigen Vormittag unter ihm auf dem Rücken liegend verbracht, um das Klappern zu finden. Schließlich glaubte ich auch es gefunden zu haben. Ein lockeres Spurstangengelenk. Es war mir auch gelungen, es abzumontieren, aber nun bekam ich es nicht wieder an, und ohne Spurstange kann man ja schließlich schlecht fahren.
    »Wir sollten solche kleinen Strecken nicht fahren«, sagte ich. »Ein Spaziergang täte uns gut.«
    »Ich muß mir erst ein Paar richtige Laufschuhe kaufen«, erklärte sie. »Wozu haben wir schließlich den Wagen? Oder ist was nicht in Ordnung?«
    »In Ordnung? Natürlich in Ordnung! (Laufschuhe! Solange ich sie kannte, wollte sie sich die richtigen Laufschuhe kaufen, und dann waren es doch immer wieder welche mit hohen Hacken. Ich mußte schleunigst ins Städtchen und einen Mechaniker auftreiben.) Dann gehe ich jetzt mal ‘raus!«
    Ich zog mich an, pfiff ohne Erfolg den Hunden und setzte mich in Marsch. Nach einigen Minuten schoß etwas Schwarzes von hinten an mir vorbei und schrumpfte in Sekundenschnelle zu einem Punkt zusammen. Dann kam der Punkt wieder zurück,

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