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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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mir Werneburg gestern erzählt hatte, mitunter gewaltige Hirsche zur Tränke kamen. Weffi buddelte mit unermüdlichem Eifer ein Mauseloch auf und zerriß ab und zu mit dem Wolfsgebiß ein paar Wurzeln, die sich seiner Bergknappenarbeit in den Weg stellten. Peterle hatte sich offenbar vorgenommen, den Bach zu säubern. Er räumte einen Ast nach dem anderen weg und schleppte ihn mit ungeheurem Kraftaufwand ans Ufer. Schließlich wurde es ihm langweilig, er schüttelte sich, warf einen kurzen Blick zu mir herauf und legte sich dann, genau wie damals im großen Haus, auf die Schwelle, wo er Maniküre betrieb. Ab und zu blinzelte er traumverloren in die dünne Novembersonne.
    Es war so wunderbar erholend, aus dem Fenster zu hängen und einfach all diese kleinen Dinge zu beobachten, die in tiefer Gemächlichkeit geschahen. Jetzt öffnete sich drüben bei Werneburgs die Tür, die niedliche Margot erschien und stellte den beiden Hunden ihre Freßnäpfe hin. Elfte tappte witternd auf ihren Napf zu, nahm ein paar Bissen und legte sich dann wieder hin. Auch Tommy kam, roch an seinem Napf, wich aber zurück und setzte sich wieder ans Bassin. Er sei ein schlechter Fresser, hatte mir Werneburg gestern gesagt, während wir am Bassin standen und er vergeblich versuchte, mir seine Karpfen und Goldfische in Freiheit dressiert vorzuführen. Sie blieben in dem trüben Wasser des Beckens unsichtbar.
    Jetzt kam der Dicke wieder durch den Bach zurück. Er watschelte zunächst an Weffis Mauseloch. Der zeigte ihm stumm die Zähne. Der Dicke tat, als ob er das gar nicht bemerke, und steckte die große Pappnase in den Schacht. Anscheinend war aber nichts Gescheites drin, denn er sah Weffi nur kurz an (>du bist doch ein richtiger Trottel!<), ging dann zur Hausschwelle, wo er sich von Peter begrüßen ließ, und wuchtete schließlich durch die offene Tür über den Weg auf den Werneburgschen Garten zu. Sollte ich ihn zurückrufen? »Sie müssen sich sowieso aneinander gewöhnen!« hatte Werneburg gesagt. Also, mal sehen, was sich weiter tat. Der kleine Löwe beäugte zunächst den Zaun, ob man ihn vielleicht überklettern könne, aber der hatte ziemlich eklige Spitzen. Darauf begann er mit der Tatze an der Tür zu arbeiten und hatte sie natürlich in null Komma nichts auf. Tommy erhob sich von seinem Platz und ließ ein leises Knurren hören. In totaler Nichtachtung wandelte der Diktator über die Solnhofer Platten auf die Werneburgsche Haustür zu.
    Und dann begann er den ganzen Laden zu übernehmen. Zunächst besprang er die greise Elfie, die ihm freundlich entgegenkam und sich von seinem männlichen Charme überwältigt zeigte. Tommy stellte sich daneben und sah es sich ratlos an. Nach Erledigung dieses Programmpunktes wandte sich Cocki nunmehr Elfies Freßnapf zu. Tommy fühlte sich jetzt wieder moralisch auf festem Grund und Boden und fletschte den Diktator mit einem bösen Knurren an. Cocki, ihn aus seinen blutunterlaufenen Säuferaugen beobachtend, leckte geruhsam den Schüsselrand leer, und dann, mit einer schattenhaften Bewegung, sprang er Tommy in den Nacken, packte ihn mit dem sicheren Griff des alten Raufboldes, haute ihn mit seiner Bullenkraft dreimal auf die Erde und schmiß ihn in einen abgeblühten Rosenstrauch, wo er winselnd liegenblieb. Darauf wuchtete er auf Tommys Napf zu, atmete auch dessen Inhalt ein und setzte zum Schluß, gewissermaßen als Siegel unter seine Eroberung, ein Denkmal auf die Werneburgsche Türschwelle.
    In diesem Augenblick sah ich Werneburg heimkehren. Ich war ihm unbedingt ein Wort der Aufklärung schuldig und rannte schnell die Treppe hinunter. Als ich drüben am Zaun ankam, stand dort Cocki, sich völlig als Herr des nachbarlichen Grundstücks fühlend, und verwehrte mit gefletschten Zähnen dem Hausherrn den Eintritt.
    »Nanu«, sagte Werneburg, »was ist denn hier los? Ach, da sind Sie ja! Was hat er denn, der Dicke?«
    »Was er hat? Er hat von Ihrer freundlichen Erlaubnis Gebrauch gemacht, er ist ‘rübergegangen, hat sich die Tür aufgemacht, hat Elfie besprungen, Tommy ins Gebüsch geschmissen, die Näpfe leergefressen, Ihnen eine Wurst vor die Tür gelegt, und jetzt will er Sie nicht ‘reinlassen. Da haben Sie’s!«
    Werneburg sah mich einen Moment verdutzt an, und dann brach er in ein homerisches Gelächter aus. Er lachte, daß ihm die Tränen herunterliefen. Dann beugte er sich zu Cocki nieder, nahm den dicken Kopf trotz der gefletschten Zähne in die Hand und knudelte ihn: »Cocki — nein,

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