Alle lieben Peter
verwandelte sich in Peter und sprang an mir hoch, so daß wir einen Moment Auge in Auge waren. »Ja, Fliegenbein, wo kommst du denn her?«
Wir wanderten nun Seite an Seite, und ich mußte daran denken, wie sehr sich Peter seit seiner Rückkehr verwandelt hatte. Er war noch immer Cockis zärtlicher Freund, küßte ihn, legte sich vor ihm auf den Rücken, wand sich unter seinem Hals durch. Aber er war nicht mehr sein Sklave. Ich dachte an eine kleine Szene, die ich vor ein paar Tagen beobachtet hatte, als die drei ihr Fressen bekamen. Wie üblich hatte der kleine Löwe seinen Napf mit der Präzision und Schnelligkeit eines Staubsaugers leergeatmet und nahm Kurs auf Peters Napf. Peter blieb ruhig liegen, aber er zeigte die Haifischzähne und stieß sein Bernhardinergrollen aus. Cocki stutzte, und zwischen den beiden gingen ein paar Blicke hin und her, zu denen nur noch die Worte fehlten. Peters Augen sagten: »Ich habe dich sehr lieb, das weißt du. Aber das gibt’s nicht mehr, das hat aufgehört!«
Und der Dicke, die eisernen Muskeln und die wilde Entschlossenheit seines Brüderchens abschätzend, erwiderte: »Na gut — wenn du meinst.« Er drehte sich um, und in seinem Gesicht waren richtige Kummerfalten: »So geht’s einem mit den Kindern, wenn sie erwachsen werden!«
Und gerade jetzt ein anderes Beispiel. Cocki hatte sich infolge eines momentanen Mangels an Bräuten auf die Jagd verlegt und schnüffelte emsig in den Felsen jenseits des Baches herum. Früher wäre Peter sein demütiger Schatten gewesen. Undenkbar, daß er sich von ihm getrennt hätte. Nun aber blieb er bei mir.
Wir kamen bei Heitauers vorbei, und ich mußte mit einem Lächeln an Weffi denken, der sich diese Ecke für seine Ausflüge gewählt hatte. Die Heitauer-Tochter, eine pausbäckige, steif bezopfte, elfjährige Angelegenheit namens Monika, war nämlich Besitzerin eines Drahthaarfoxls aus Stoff, den sie Weffi getauft hatte. Der lebendige Weffi hatte sich den nachgemachten zum Spielzeug ausersehen und besuchte ihn bei jeder Gelegenheit. Manchmal tat er so, als nehme er ihn ganz ernst, beroch ihn von vorn und hinten, kniete sich vor ihm nieder und bellte ihn an. Manchmal schleppte er ihn auch im Maul herum, und dann mußte man aufpassen, daß er sich nicht mit ihm in eine Ecke verzog und ihn auseinandernahm. Weffi — das ewige Kind!
Peter kam mit einer Runkelrübe an, und wir spielten Bällchen mit ihr. Dann ließ er sie plötzlich fallen, sträubte die Haare und drängte sich an mich. »Was ist denn los, Peter? Ach so, das Sägewerk, und da ist ja auch Harras!« Da stand er, im Tor des Werkes, ein riesiger Schäferhund, und duckte sich zum Angriff. Ich bückte mich nach einem Stein, worauf er knurrend in das Tor zurückwich.
»Komm schnell weiter, Peterle, ich hab’ was gegen Sägewerke.«
An der nächsten Ecke verschwand Peter von meiner Seite und bog in den Hof einer Metzgerei ein. Ich ging eine Weile weiter und blieb dann vor einem Radiogeschäft stehen. Als ich mit dem Schaufenster fertig war, fiel mir Peter ein. Noch nicht zurück?
Vielleicht sollte ich... Da kam er ja! Aber war er das? Ich erstarrte. Etwas Fürchterliches kam auf mich zu. Es war Peter, und doch war er’s nicht, denn aus seinem dunklen Köpfchen fletschten mir zwei Reihen riesiger breiter Zähne entgegen. Ein Ungeheuer! Tollwut? Aber wo hatte er denn die Zähne her? Da war er heran, und ich sah es: er hatte auf dem Abfallhaufen der Metzgerei ein Kalbsgebiß ergattert und es so gepackt, daß es aussah wie sein eigenes. Peter, mit vorgeschnalltem Kalbsgebiß, wandelte stolz an mir vorbei, den Hals affektiert gekrümmt wie ein Lipizzanerhengst bei der Hohen Schule. Vor dem Haus des Apothekers lag der alte Nanuk, eine Chow-Chow-Mischung. Als er das Gespenst auf sich zukommen sah, riß er vor Schreck oder Staunen den Rachen auf. Peter ließ das Gebiß fallen, Nanuk stand auf, beroch es, sah zu mir auf: »Ideen sind das!«
Dann kehrte er um und ließ sich wieder vor dem Laden niederfallen.
In der Stadt trieb ich einen Mechaniker auf und verabredete, daß er gleich herauskommen sollte. Er kam natürlich gerade, als wir Mittag aßen, und wurde von Cocki mit ungeheurem Gebrüll empfangen.
»Was will der eigentlich?« fragte Frauchen, während ich die Nase möglichst tief in den Suppenteller steckte.
»Will? Ach so. Hab’ ihn zufällig getroffen. Ins Gespräch gekommen. Als ich ihm erzählte, daß ich einen Sonderbau hätte, wollte er ihn sich mal ansehen.«
»Der
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