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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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zu halten, aber sie war wie aus Eisen und ihre Schnauze eine grimmige Nadel. Ihr Gefolge, bestehend aus fünfzehn Parterreakrobaten, bildete eine richtige Schlachtordnung in Form eines altgermanischen Stoßkeils und brach so in den Ring der großen Hunde ein. Die wollten die Eindringlinge zunächst mit warnendem Knurren und ein paar rüden Bissen abtun. Aber da hatten sie nicht mit Ratzi und seiner Bande gerechnet. Harras und der Dobermann, die sich am herrischsten gebärdeten, hatten plötzlich überall nadelscharfe Zähne an Bauch und Pfoten, und Peter gar hing an der Lefze von Harras, festgebissen wie eine Schlange. Der schüttelte ihn mit einem Ruck ab, aber im nächsten Augenblick saß ihm Ratzi am Hinterbein, und die weißen Spitze zwickten ihn in die Weichen und schrien ihm die Ohren voll. Das Ganze war ein wilder Knäuel. Die Schlachtordnung der Großen geriet ins Wanken, und sogar die Tigerdogge des Fleischers rückte brummend zur Seite, als Ratzi sie in den Schwanz zwickte. Nach fünf Minuten hatte sich die Gemeinde neu gruppiert. Die Großen saßen an beiden Flügeln, dumm und bedeppert dreinschauend und sich verschiedene Körperteile leckend, und in der Mitte, maßlos aufgebläht von Triumph, saßen Ratzi, Peter und die Parterreakrobaten. Cocki beschnüffelte sie ziemlich verblüfft alle der Reihe nach. Ratzi knurrte, aber Peter leckte Cocki die Schnauze und sah dann Ratzi an: »Der gehört zu mir!« Ratzi wedelte darauf einmal mit dem Riesenschwanz und rückte etwas zur Seite. Peter auch. Der Dicke machte eine höfliche Verbeugung, wobei er die Zunge im Rachen rollte, nahm aber den Platz nicht an. Das war unter seiner Würde. Statt dessen watschelte er um den Pfarrhof herum an den Hintereingang und maß den Zaun mit prüfendem Blick: Vielleicht ging es hier, wenn man auf den kleinen Vorsprung kroch und dann oben zwischen die Pfosten sprang?
    Ich drehte mich um und wanderte langsam heim. Auch mal ganz schön, so ohne Hunde zu gehen. Jetzt erst, da ich nicht nach den geliebten Strolchen zu spähen brauchte, drang die ganze gewaltige Schönheit dieses Landes auf mich ein. Der Berg hatte sich einen dicken Wolkenhut aufgesetzt, die Zacken des Dreitausenders flammten wie Kristall, und die Schlucht wirkte wie der Eingang zur Unterwelt. Da lag ja auch mein Häuschen, unsere kleine schwarze Zauberschachtel. Die Mama legte gerade ein paar abgezogene knallrote Betten aus dem Fenster und unterhielt sich mit Frauchen, die vor dem Haus am Vogelhäuschen bastelte. Ein Krähenschwarm pumpte mit schwerem Flügelschlag darüber weg gegen den Wald.

4

    Am nächsten Morgen stand eine klare Helle im Raum. Ich ging ans Fenster — Schnee! Die ganze Landschaft verzaubert. Die kleine Tanne in der Ecke hatte schon dicke Patzen auf ihren Zweigen. Der Rasen war verschwunden, der zottige Wald ein Wunder aus Rauhreif, und noch immer fielen die Flocken.
    Als ich mit den Hunden hinausging, waren sie außer sich vor Freude. Schnee hatten sie schon immer als etwas ganz besonders Ulkiges und speziell für sie Ausgedachtes empfunden. Weffi kam von meinen Schuhen überhaupt nicht los. Er umkreiste mich wie eine Hornisse und hatte mir schon zweimal die Senkel aufgezogen. Zwischendurch verschlang er jedesmal mit einem albernen Haps einen ganzen Haufen Schnee.
    »Laß das!« sagte ich immer, denn erfahrungsgemäß ging es ihm auf die Blase und im weiteren Verlauf der Entwicklung auf den Teppich. Der Dicke wälzte sich. Die Tatzen hoch in der Luft, rutschte er wollüstig geschlossenen Auges einen Abhang hinunter. Peter sauste. Er schrumpfte in Sekundenschnelle zu einem schwarzen Punkt zusammen, fuhr dann in ein Tannendickicht, daß eine ganze Wolke von Schnee aufstieg, riß blindwütig einen Zweig ab und kam damit angerast. Plötzlich war noch jemand bei uns: Tommy. Er hatte sich unter dem Gartenzaun durchgequetscht und fragte ganz ergeben und bescheiden, die Ohren steif nach hinten gelegt, ob er mitmachen dürfe. Peter inspizierte ihn. Er ließ es geschehen, das linke Vorderbein höflich erhoben. Peter drehte ab und sauste wieder davon: »Na, meinetwegen!« Tommy fegte hinter ihm her. Sie hatten Freundschaft geschlossen und sausten nun Seite an Seite dahin wie zwei Rennpferde, so eng, daß sich ihre Flanken im Sprung berührten.
    Wir machten einen weiten Spaziergang. Es ging sich so schön in dem sanften Niedergleiten der Flocken. Da war ja schon das Sägewerk und auf der anderen Seite die Holzhütte des Bahnhofs. Im Eingang zum Sägewerk

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