Alle lieben Peter
nicht schmutzig machst, Josef«, sagte sie. »Ich habe dir die andere Hose erst gestern wieder mit Fleckwasser sauber gemacht. Ja, Peterle, da bist du ja, mein Liebling.« Und damit wurde sie in den Sog der allgemeinen Begrüßung gerissen.
Ich war mit Josef allein. »Na, na, Josef«, sagte ich, »gestern schon die Hose sauber gemacht — ziemlich verdächtiger Tonfall!«
Er sah mich schief von unten an, nahm die Mütze ab und kratzte sich den Kopf: »Ja — ich weiß noch nicht so richtig. Andererseits — so ‘n oller Junggeselle ist auch nix Gescheites. Was meinen Sie?«
»Ich meine gar nichts, mein Lieber, ich erkläre mich neutral. Einerseits sind Sie Leidensgefährte oder wenigstens im Begriff, es zu werden, andererseits schätze ich die gute Mathilde sehr.«
Er sah mich an und nickte: »Mm — mm — sie schätzt Sie auch, und ich bin ja nun ‘n Laie auf dem Gebiet, ich meine so mit Ehe und so. Warum lappt sie mich eigentlich immer so an und behandelt mich wie ‘nen kleinen Jungen? Gehört das dazu?«
»Nicht unbedingt, Josef. Aber ich werde sie fragen.«
Er erblich: »Aber sagen Sie bitte nicht etwa, daß ich...«
»Aber Josef! Erstens habe ich’s ja mit angehört, und zweitens: wenn Sie jetzt schon solche Angst haben, was für eine Angst werden Sie erst nachher haben, wenn’s kein Zurück mehr gibt? Kaufen Sie sich gleich zur Hochzeit ‘n bißchen billiges Geschirr und werfen Sie das gelegentlich gegen die Wand oder auf den Fußboden. Das verschafft Respekt.«
Drinnen hatte man sich inzwischen beruhigt. Es roch nach Kaffee, Paul schleppte Stühle von unten nach oben, Mathilde schnitt in der Küche Kuchen, wurde aber dann von der Mama hinausbefördert: »Das wäre ja noch schöner, Mathilde, hier sind Sie jetzt Gast!«
Auf diese Weise waren Mathilde und ich plötzlich in der Bibliothek allein. Sie beschäftigte sich angelegentlich mit den dreien, die ihr nicht von der Seite wichen. Weffi sprang auf ihren Schoß, der Dicke hatte die Tatzen auf ihre Knie gelegt und hechelte sie albern an, und Peterle saß neben ihren Knien und machte Männchen. Sie streichelte seinen Kopf: »Ach, mein kleiner Affe, ich habe ja gehört — mit der Kiste — na, furchtbar! Wie lange ist er denn schon wieder hier?«
»Na, so drei Wochen werden’s wohl sein. — Ich habe Sie fast nicht wiedererkannt, Mathilde!«
Sie lächelte verschämt und warf mir von unten einen neckischen Blick zu: »So?«
»Ja, Mathilde, und ich muß sagen, ich fühle mich etwas enttäuscht und gekränkt! Ich hatte gedacht, Sie würden mir nachtrauern. Aber kaum sind ein paar Monate vergangen — nehmen Sie sich statt meiner gleich zwei Männer! Den Professor fürs Ideale und den Josef — scheint ja ziemlich ernst zu sein!«
Sie sah schnell auf: »Ja — glauben Sie? Hat er was zu Ihnen gesagt?«
»Und ob ich glaube, Mathilde! Wissen Sie, schon damals, als wir das Haus aufgeben mußten, habe ich mir das gewünscht!«
Sie sah mich verblüfft an: »Schon damals?«
Ich nickte: »Nur — seien Sie do ‘n bißchen nett zu ihm!«
»Das bin ich doch! Oder nicht?«
»Sie könnten netter sein. Es wirkt nicht gut, wenn Frauen ihre Männer in Gegenwart anderer ermahnen und von Flecken in Hosen großes Gedöhns machen.«
»Hat er Ihnen das etwa gesagt?«
»Nein, Mathilde, das war nicht nötig, ich habe ja schließlich einige Praxis.«
Ihr Blick wurde neugierig, während sie wiederum verschämt lächelte: »Ach ja — richtig! Ja, was würden Sie als Mann denn nun erwarten, das man zu Ihnen sagt?«
»Na — Schnuckiputzi, zum Beispiel!«
Sie starrte mich mit aufgerissenen Augen an: »Schnuckiputzi!«
»Ja, Schnuckiputzi. Denke ich mir sehr nett. Es würde mir gefallen, außerdem verpflichtet es zu nichts.«
»Aber ich kann ihm doch nicht so meine — meine...«
»...Liebe zeigen? Warum nicht?«
»Aber das geht doch nicht, dann gewöhnt er sich doch dran, und dann glaubt er, er kann...«
Ich nahm ihre Hand und kam mir ungefähr zweihundert Jahre alt vor: »Mathilde! An Liebe gewöhnen sich nur schlechte Männer, und das ist Josef nicht. Gute Männer können von dem Artikel nicht genug bekommen. Und außerdem will ich Ihnen mal was sagen: Ich persönlich mach’ mir nix aus den sogenannten herben Frauen. Wenn ich die Wahl hätte zwischen solch einer Frau, die mir sozusagen erst auf dem Sterbebett gesteht, daß sie mich wirklich geliebt hat, mich aber während des ganzen sonstigen Lebens piesackte, und einer anderen Frau, die das ganze
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