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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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lasse mich in einen Sessel fallen, Cocki rutscht aus meinen Armen und kratzt an der Tür.
    Da sehe ich hinten auf dem Sofa etwas leuchten: Peterles Augen! Er liegt da, starrt mich an, zittert. Ich quäle mich noch einmal aus dem Sessel und setze mich neben ihn. Als ich ihn streichele, zittert er noch mehr. »Peterle«, höre ich mich sagen, »wie hast du denn bloß den Weg gefunden, Junge, mitten aus der Stadt bis hierher? Wie bist du bloß über die Dämme gekommen?«
    Etwas kratzt an der Tür. Weffi. Die Tür wird von außen geöffnet. Mathildes Stimme sagt: »Na, geh hier ‘rein — und du bleibst schön drin, Cocki!«
    Dann kommen, tip-tip-tip, Weffchens Krallen über das Parkett. Er sieht mich aus seinen stillen braunen Augen an und springt auf meinen Schoß. Da faucht ihn Peter an wie eine Natter, daß er verdutzt wieder herunterspringt. Peter kriecht auf meinen Schoß. Er »besitzt« mich im wahrsten Sinne des Wortes. Jetzt ist er mein Hund, durch das, was wir gemeinsam erlebten, mit mir noch inniger verbunden, und er scheint entschlossen, dieses Vorrecht so lange wie möglich zu verteidigen.
    Dann knarren schwere Tritte die Treppe hinunter: Dr. Nebel-thau. Er setzt sich vor mich in den Sessel.
    »Da rechts von Ihnen steht der Cognac«, sage ich zu ihm. Er nickt und gießt sich einen ein. Dann füllt er ein zweites Glas und bringt es mir herüber. »Sie können auch einen gebrauchen!«
    »Was ist, Doktor?«
    Er sieht an mir vorbei aus dem Fenster: »Tja — man muß sehen. Im ersten Augenblick kann man noch gar nichts sagen. Erst wenn der Schock abgeklungen ist.«
    »Lebensgefahr? «
    »Nein, das nicht, aber...«
    »Ich hätte sie vielleicht nicht herbringen dürfen?«
    »Doch, ich glaube, es war richtig. In der gewohnten Umgebung läßt der Schock am schnellsten nach. Ich habe ihr eine Spritze gegeben, sie wird bald schlafen.«
    Dann, als Dr. Nebelthau gegangen ist, sitze ich wieder an ihrem Bett. Das Morphium beginnt schon zu wirken.
    »Ich werde ein verstümmeltes Gesicht haben«, flüstert sie.
    »Unsinn! Selbst wenn eine kleine Narbe bleibt — so was bringt man heute ohne weiteres weg.«
    »Aber meine Stellung — ich werde meine Stellung nicht antreten können.«
    »Das wird uns die Versicherung ersetzen. Du lebst, und es ist nichts Ernstes. Sei dankbar.«
    Das Auge, das eine Auge ist ihr zugefallen, aber das Lid flattert, hebt sich wieder: »Was ist mit — Peterchen?«
    »Er ist hier, nach Haus gelaufen!«
    »Nach — Haus...«, ihre Stimme wird lallend: »Wie — konnte — er — denn — finden?« Sie schläft.
    Etwas streicht an meinem Bein vorbei, Cocki. Er quetscht sich unter das Bett, dreht sich ächzend um, und dann kommt seine dicke Schnauze mit den Tatzen wieder zum Vorschein. Seine Augen sehen mich vorwurfsvoll an. So, als ob ich Schuld hätte. Aber ich habe doch keine Schuld, ich habe doch alles versucht!
    Mit einemmal bin ich müde, entsetzlich müde. Es ist, als ob die Decke auf mich herunterkommt. Das Knie. — Ich schleiche in mein Zimmer, lasse mich auf die Couch fallen. Etwas kringelt sich auf meinen Füßen zusammen. Ach, Peterle! — Jemand tritt mir aufs Gesicht und wirft sich neben mir auf das Kissen: Weffi.
    Aber ich habe doch keine Schuld. »Zwanzig Meter Bremsspur — wollen Sie nicht Strafantrag stellen?« Keine Schuld. Was wird nun?
    Dann weiß ich nichts mehr.
    Als ich wieder aufwache, ist draußen schon tiefe Dämmerung. Ich liege angezogen auf der Couch? Wieso denn, was war denn? Und nun kommt es über mich, als presse sich ein schwerer Stein auf mein Herz. Nach links drehen, links — links — geht denn das Steuer nicht weiter? — Erstes Rad — zweites Rad — Riesenrad — Peter schreit auf — und da — der Anhänger — der Glassplitter in Frauchens Gesicht, ganz langsam kippt er nach vorn — das rote Blut hinterher über das gelbe kleine Gesicht. Ich presse die Hände vor die Augen und fange mich wieder. Ich nehme die Hände wieder herunter und streichele die beiden Köpfchen, den weißen Kastenbart neben mir, der durch die Dämmerung des Zimmers schimmert, und die kleine Silberlocke dort in meinen Kniekehlen. Ein leises Geräusch rechts von mir, ich drehe mich um. Da sitzt die Mama an meinem Schreibtisch und legt sich in der halben Finsternis eine Patience.
    »Mach doch das Licht an«, sage ich, »du wirst dir die Augen verderben.«
    »Sparen«, sagt sie, »immer sparen.«
    »Das hat jetzt doch keinen Zweck mehr, es ist eh schon egal.«
    Ihre Hand mit einer

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