Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
'Alle meine Kinder'

'Alle meine Kinder'

Titel: 'Alle meine Kinder' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fay Greene
Vom Netzwerk:
exklusiven Sponsoring der League haben sie Einzelvereinbarungen mit verschiedenen Mannschaften geschlossen. [...] AstaZeneca hat 2001 eine halbe Milliarde Dollar dafür aufgewendet, Kunden davon zu überzeugen, von Prilosec zu Naxium zu wechseln. […] Hierbei handelt es sich […] um Beispiele für pharmazeutisches Marketing, das unser gesamtes Dasein durchdringt. Niemand weiß, wie es in Wirklichkeit aussieht, weil Arzneimittelkonzerne Informationen über Marketingausgaben noch strikter unter Verschluss halten als die für Forschung und Entwicklung. Und damit haben sie vermutlich auch recht. Diese Ausgaben sind so gewaltig, dass sie einfach nicht zu rechtfertigen sind.« 92
    Die Namen der Generika und Markenmedikamente gegen HIV/Aids - Norvir, Saquinavir, Invirase, Crixivan, Epivir - sind merkwürdige Wortgefüge und bezeichnen merkwürdige Zusammensetzungen. Sie scheinen rein zweckmäßigen Erwägungen zu gehorchen und klingen wie Begriffe aus der Kunstsprache Esperanto. Aber sie sind in den Vereinigten Staaten und rund um die Welt zu festen Begriffen geworden. Sie bezeichnen mehr als einen Quell der Jugend, sie stehen für einen Quell des Lebens. Die geheimnisvolle pharmazeutische Nomenklatur bezieht sich auf eine mikroskopische Welt; und der Wirtschaftszweig, der auf diesen lebenserhaltenden Molekülen aufbaut, ist inzwischen einer der einträglichsten auf der Welt und wird in einigen Jahren sogar die Erdölindustrie hinter sich lassen.
    »Managergehälter und Provisionen erreichen in der Arzneimittelbranche erstaunliche Dimensionen«, schreiben Alexander Irvin, Joyce Millen und Dorothy Fallows in Global AIDS: Myths and Facts. »Das Panos-Institut berichtet, dass allein 2001 die fünf höchstbezahlten Führungskräfte von Pharmaunternehmen mehr als 183 Millionen Dollar an Sondervergütungen erhielten, nicht eingerechnet nicht ausgeübte Optionen, ›beträchtlich mehr als das gesamte Gesundheitsbudget vieler verarmter Länder‹.« 93
    Dem Jahresbericht über Managergehälter und -vergütungen des Gewerkschaftsverbandes AFL-CIO zufolge nahmen im vergangenen Jahr zwanzig Führungskräfte von Pharmaunternehmen jeweils Sondervergütungen in einer Höhe von über einer Million Dollar mit nach Hause. Der Geschäftsführer von Bristol-Myers Squibb erhielt 2005 über acht Millionen Dollar, die Chefs von Eli Lilly & Company und Abbott Laboratories jeweils mehr als elf Millionen Dollar und der Chef von Pfizer 16 419 270 Dollar.
     
    Die verschiedenen Dreifachkombinationstherapien heilten Aids nicht; ihre Zusammenstellung war kompliziert, und die einzelnen Medikamente mussten strikt nach Anweisung eingenommen werden; sie konnten unangenehme Nebenwirkungen hervorrufen, und es konnte zu negativen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen; aber sie hoben das Todesurteil auf. Sie versprachen eine unbestimmte Anzahl aktiver Lebensjahre. Sie halfen HIV-positiven Müttern, HIV-negative Kinder auf die Welt zu bringen, und sie halfen HIV-positiven Kindern genauso aufzuwachsen wie ihre nicht infizierten Altersgenossen. Den Glücklichen - die fast ausschließlich in westlichen Ländern leben -, die Zugriff auf diese Medikamente hatten, brachten sie Atem und Gewicht und Kraft und Hoffnung zurück.
    Daher sank die Zahl der Aids-Toten in den Vereinigten Staaten und Westeuropa, während gleichzeitig die Zahl der Aids-Toten in Afrika astronomische Höhen erreichte. 94
    Mit der sinkenden Sterblichkeit in der nördlichen Hemisphäre ließ auch die öffentliche Auseinandersetzung mit HIV/ Aids nach.
    Eine Untersuchung zur Berichterstattung über die Aids-Epidemie in den amerikanischen Medien aus dem Jahr 2004 zeigt, dass die Zahl der Berichte über Aids 1987 ihren Höhepunkt erreichte, in den frühen 1990er-Jahren abnahm und - von den Meldungen über den Gesundheitszustand des HIV-positiven Handballstars Magic Johnson 1991 einmal abgesehen - noch weiter sank. Die Einführung der Dreifachkombinationstherapie weckte 1996 und 1997 ein gewisses Interesse, aber im Großen und Ganzen rutschten die Meldungen in den Zeitungen auf die hinteren Seiten und in die Rubrik Nachrufe.
    Am 6. Januar 1993 starb Rudolf Nurejew. Sein Arzt erklärte, der berühmte russische Balletttänzer sei an »Herzkomplikationen infolge einer grausamen Krankheit« gestorben. 95 Im Februar starb Tennisass Arthur Ashe, nicht einmal ein Jahr nachdem er bekannt gegeben hatte, dass er mit dem Virus infiziert sei. Im März 1994 gewann der Schauspieler Tom Hanks einen Oscar

Weitere Kostenlose Bücher