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'Alle meine Kinder'

'Alle meine Kinder'

Titel: 'Alle meine Kinder' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fay Greene
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US-Regierung unter den Präsidenten Reagan, Bush und Clinton jedoch hinter den privaten Arzneimittelherstellern.
    Die Kläger brachten vor, dass Burroughs Wellcome nicht der alleinige Entwickler von AZT sei: Wissenschaftler am National Cancer Institute (NCI) unter Ägide der National Institutes of Health (NIH) hatten die der Erprobung von HIV-Medikamenten zugrunde liegenden Verfahren entwickelt, das einzige Labor zur Verfügung gestellt, das zu dieser Zeit willens und in der Lage war, Substanzen zur Hemmung der HIV-Aktivität zu untersuchen, und die Wirksamkeit von AZT dokumentiert. Tatsächlich gehörte Robert Gallo, ein namhafter Forscher am NCI, zu den Entdeckern von HIV.
    Die NIH unterstützten den Vortrag der Kläger, AZT sei im Vertrauen auf eine öffentlich finanzierte Forschung entwickelt worden, aber das amerikanische Justizministerium stellte sich auf die Seite von Glaxo Wellcome. Die Bundesgerichte bestätigten das alleinige Patent von Glaxo Wellcome. Der Fall wanderte fünf Jahre durch die Bundesgerichte. 1996 wurde die Berufung vom Obersten Bundesgericht abgewiesen; und Glaxos alleiniges Eigentum an AZT blieb bis 2005 gewährleistet, wodurch auch der Luxusgüterpreis gesichert war.
    »Der Großteil der Forschung, die die antiretrovirale Wirksamkeit [von AZT] aufzeigte, wurde von den NIH durchgeführt«, berichtete die britische medizinische Fachzeitschrift Lancet im Jahr 2000. »Trotzdem brachte Glaxo Wellcome […] das Medikament im Jahr 1987 als eines der teuersten Mittel, die jemals verkauft wurden, auf den Markt. Dreizehn Jahre später ist es für die meisten Menschen mit Aids nach wie vor unerschwinglich. Sie werden weitere fünf Jahre warten müssen, bis das Patent ausläuft.« 82
    1991 wurde in den Vereinigten Staaten ein zweites Medikament gegen HIV zugelassen: Didanosin (ddI), das Bristol-Myers Squibb unter dem Markennamen Videx auf den Markt brachte.
    1992 wurde Zalcitabin (ddC) von der Food and Drug Administration (FDA) zugelassen und von Roche unter dem Namen Hivid vertrieben.
    1994 wurde Stavudin (d4T) zugelassen, von Bristol-Myers Squibb als Zerit vermarktet.
    Roxane Laboratories brachte unter dem Markennamen Viramun Nevirapin auf den Markt; Abbot Laboratories boten Ritonavir unter dem Namen Norvir an; Roche führte Saquinavir unter dem Namen Invirase ein; Merck vertrieb Indinavir als Crixivan. Glaxo Wellcome führte Lamivudin (3TC) unter dem Namen Epivir ein.
    Es handelte sich um eine Reihe herausragender Produkte und Innovationen. Die verschiedenen Klassen von Medikamenten (es gibt Protease-Hemmer und Nicht-Nukleosid-Reverse-Transkriptase-Hemmer) unterbrachen die Replikation des Virus in verschiedenen Phasen, nachdem es in das System der Wirtszelle eingedrungen war. Noch war kein Heilmittel gegen HIV/Aids gefunden, aber diese bemerkenswerten Mittel verzögerten den Verlauf von HIV und gaben allerorten Anlass zur Hoffnung, dass Leben erhalten werden konnte, während die Suche nach dem Heilmittel weiterging.
    1995 wurden von der FDA neue Medikamente (Protease-Hemmer) zugelassen. Die Kombination aus einem Protease-Hemmer und zwei Transkriptase-Hemmern erwies sich als noch wirksamer gegen HIV. Vorgestellt auf der 11. Internationalen Aids-Konferenz in Vancouver im Jahr 1996, stellte diese Therapie - bekannt unter den Bezeichnungen hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART), oder Dreifachkombinationstherapie - eine Revolution in der Behandlung von Aids-Patienten dar. Die drei miteinander kombinierten Mittel (im Besitz von drei verschiedenen Arzneimittelkonzernen) verringerten die Viruslast eines Patienten bis unter die Nachweisgrenze. Aids wurde von einer in nahezu allen Fällen tödlichen Krankheit zu einer chronischen Krankheit, mit der man umgehen konnte.
    Innerhalb von zwei Jahren nach der Einführung der Dreifachkombinationstherapie sank die Zahl der aidsbedingten Todesfälle in den Vereinigten Staaten um 47 Prozent. 83 1998 lebten 16 000 Amerikaner, die ohne die neue Therapie wahrscheinlich ein Jahr zuvor gestorben wären. Im Jahr 2000 war in Europa und den Vereinigten Staaten die Sterblichkeitsrate bei Aids um über 70 Prozent gesunken.
    »Es ermöglicht vielen, die schwerkrank waren und an der Schwelle zum Tod standen, die Rückkehr in ein halbwegs gesundes und produktives Leben«, erklärte Richard Klein, HIV/ Aids-Koordinator der FDA im Sommer 1999. 84
    HAART bewirkte bei in der Endphase erkrankten Aids-Patienten eine derart rasche und verblüffende Besserung, dass man begann, vom

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