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Alle Menschen werden Schwestern

Alle Menschen werden Schwestern

Titel: Alle Menschen werden Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F. Pusch
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kritischen Notfälle gibt es noch das Gleichnis vom verlorenen Sohn, diesem Racker. Es ist die Liebesgeschichte zwischen Vater und Sohn, Mann und Mann, wie bei der Fuji-Reklame. Ein Gleichnis von einer verlorenen Tochter, der eine rührend gerührte Mutter alle Schandtaten vergibt, kennen wir nicht.
    Der Mann befindet sich also in einer positiven Double-Bind-Situation, in einer no-lose-situation. Was auch immer er tut, er gewinnt. Es ist das exakte Gegenstück zur Situation der Frau, wie die feministische Forschung sie analysiert hat: Was auch immer die Frau tut, sie verliert: Wenn sie sich »wie eine Frau« benimmt, gilt sie als dumm und kann übervorteilt werden. Benimmt sie sich »wie ein Mann«, ist sie — selbstredend — keine richtige Frau und ist deshalb zu verachten. Musterbeispiele sind die Artikel zum zehnjährigen Dienstjubiläum von Margaret Thatcher. Im Spiegel beißender Spott, was immer sie tut, ob sie nach Katastrophen unverzüglich zur Stelle ist oder weiterhin Politik macht, obwohl ihre politische Bilanz doch schon »eindrucksvoll genug« ist:

    Der Londoner >Independent< warf die Frage auf: >Ist die Premierministerin übergeschnappt?<
    [...] Keine Katastrophe ohne Maggie. Die Satire-Zeitschrift >Private Eye< druckte eine >Thatchcard<, auf der potentielle Unglücksopfer es sich strikt verbeten [sic], von Frau Thatcher am Krankenbett heimgesucht zu werden.
    [...] Dabei hätte sie Anlaß genug, sich und dem Land eine Verschnaufpause zu gönnen: Ihre politische Bilanz ist eindrucksvoll genug.
    [...] Die Lady aus Downing Street macht keine halben Sachen, sie beendet ihre politischen Schlachten nicht mit Kompromissen, Frau Thatcher kämpft bis zum totalen Sieg. 148

    Für Bild der Frau sind dieselben Fakten zwar Anlaß zur Bewunderung (immerhin) — aber erst nachdem die nagenden Sorgen bezüglich Thatchers stets schwer gefährdeter Weiblichkeit zerstreut worden sind:

    Die Lady greift durch, aber wie.
    [...] Englands Stadien werden endlich sicher, weil sich eine Frau über alle Sports- und Politmänner hinwegsetzt und handelt. Blitzschnell und gründlich.
    [...] Der Thatcher stellen sich keine Bürokraten in den Weg, da gibt es kein »Aber« und kein »Das geht nicht«. Sie befiehlt, und basta. Trotzdem ist sie Frau geblieben, weich, mitfühlend.
    Trug letzte Woche schwarz im Unterhaus, aus Trauer um die Toten. Frau Thatcher kann auf diese Mischung aus Härte und Herz stolz sein, denn mit ihr hat sie England nach vorn gebracht. 3 Prozent Wachstum — mehr als Amerika. Sie drückte die Inflationsrate von 27 auf vier Prozent — das ist absoluter Rekord. 149

    Für eine Frau ist es ein Makel, in der Politik Erfolg zu haben. Es schadet ihrer Weiblichkeit — mit anderen Worten, solcher Erfolg gebührt eigentlich nur Männern. Deshalb genügt es in solchen Fällen nicht, den Erfolg zu loben. Der sich automatisch ergebende Schandfleck auf der Weiblichkeit muß immer sogleich mitbedacht und fachmännisch entsorgt werden.

2.5 »Lobe den Herrn« in den Frauenzeitschriften >Bild der Frau<, >Frau im Spiegel<, >Brigitte< und >Journal für die Frau<

    In den Frauenzeitschriften ist das Bild des Mannes weniger phallisch aufgereckt und aufgeblasen. Der Mann bleibt mehr auf dem Teppich; gelegentlich wird er sogar kritisiert und ironisiert.
    Große Stories über Männer bringen Bild der Frau (Dustin Hoffman und Christian Wolff ), Journal für die Frau (Amadeus August) und Frau im Spiegel (Edward G. Robinson und Paganini). Die Stories in Bild der Frau tragen die Titel »Dustin Hoffman: >Am liebsten möchte ich sterben<« (von Dagmar Rathke-Schmidt) und »Christian Wolff: >Am liebsten putze und koche ich<« (von Gabriela Schäffling).
    Hoffman wird als Superstar/Held und Schmerzensmann zugleich dargestellt, der ohne seine Frau verloren wäre: »Innig kuschelt sich Dustin an Lisa. Sie ist die Starke in unserer Ehe.« 150 Und Gabriela Schäffling übt sogar eine Art feministischer Kritik an Christian Wolff. Sie gibt getreulich seine »emanzipierten« Sprüche wieder und stellt dann lakonisch fest: »Viel reden läßt er seine Frau, eine Journalistin, aber nicht.« 151
    In Journal für die Frau macht sich Andrea Riepe sogar über einen Mann lustig:

    Die Abenteuer des schönen August [= Amadeus August] Amadeus August könnte direkt aus einer Anzeige für Herrenparfüm gesprungen sein, für einen Duft mit Ledernote, das sich die Mordskerle angeblich vor Safaris mit flacher Hand ins Gesicht klopfen. Sonnengebleicht ist

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