Alle Menschen werden Schwestern
Mathematikerinnen und Rechenkünstler kann mann eben leider genausogut sagen Mathematiker und Rechenkünstlerinnen. Allerdings gilt solche Umkehrbarkeit nicht durchweg. Die meisten männlichen Berufsbezeichnungen, und um die geht es hier hauptsächlich, besitzen inzwischen eine wertneutrale und geläufige weibliche Variante. Für die (aus historischen Gründen) ebenfalls überwiegend männlichen Spottnamen bestimmter Berufsgruppen findet sich hingegen meist nicht so leicht ein überzeugendes weibliches Pendant. Nehmen wir das obige Beispiel Sängerinnen und Brüllaffen/Schreihälse. Das klingt elegant und eingängig. Aber Sänger und Brülläffinnen/Schreihälsinnen ?? Gar nicht zu reden von so aberwitzigen Konstruktionen wie Ärzte und Herrgöttinnen in Weiß oder Polizisten und Bullinnen !
(Seit meine Freundin Beate diesen Text gelesen hat, spricht sie nur noch von Bullen und Bulletten ...)
1986
Verwitwetes Brautpaar mit Geschwistern im Gestüt
Das englische Königspaar besteht aus einer Königin und einem Prinzgemahl. Weit und breit ist da kein König zu sehen, genausowenig wie beim holländischen und beim dänischen Königspaar. Warum heißen dann diese eigentümlichen Königspaare ohne König nicht wenigstens Königinnenpaar oder Königinpaar ? Wenn ich so was frage, bekomme ich in der Regel zu hören: »Weil ein Königinnenpaar aus zwei Königinnen besteht, und solche Paare gibt’s nicht.« Seltsam! Wieso gehören denn zu einem Königinnenpaar unbedingt zwei Königinnen, zu einem Königspaar aber niemals zwei Könige, sondern höchstens einer und manchmal gar keiner??
Und woraus besteht ein Brautpaar? Etwa aus zwei Bräuten? Anscheinend haben wir da ein ganz normales deutsches Wort, das einen Mann, hier: den stolzen Bräutigam, einfach unterbuttert. Er kommt in dem Wort Brautpaar genausowenig vor wie die obengenannten Königinnen in dem Wort Königspaar.
Die englische Königin betreibt bekanntlich einen »könig«lichen Sport. Und woher kommen all die edlen Rösser? Weder aus einem Geroß oder Gepferd noch aus einem Gehengst oder Gewallach, sondern aus einem — Gestüt.
Verweilen wir noch ein wenig bei der Hocharistokratie. Fürst Rainier von Monaco ist Witwer. Wäre er nicht grade Fürst, bekäme er vielleicht eine Witwerrente — niemals eine Witwenrente. Aber er ist nicht verwitwert, sondern — verwitwet, genau wie Witwe Bolte.
Damit ist die winzige Liste »männermordender« Wörter der deutschen Sprache, die ich aus Protest gegen die Unmenge der »frauenmordenden« Wörter zusammengestellt habe, schon fast erschöpft. Repetieren wir noch mal kurz, bevor wir uns dem Höhepunkt nähern:
Das Brautpaar zählt den Bräutigam als Braut. Das Gestüt zählt den Hengst als Stute. Verwitwet ist nicht nur die Witwe, sondern auch der Witwer.
Und nun die kostbare Reliquie aus matriarchaler Vorzeit: Das Wort Geschwister, abgeleitet von Schwester. Für diese feministische Ungeheuerlichkeit in unserem Wortschatz gibt es nur eine Erklärung: Die Brüder müssen gepennt haben.
1986
Mietmütter
Auf chinesisch heißt die Gebärmutter Kinderpalast. Diese Bezeichnung ist deshalb so viel treffender als unsere, weil sie deutlich macht, daß es sich bei dem, was unsere Medizinmänner auch kalt Uterus nennen, eigentlich um eine Luxuswohnung handelt. Eigentümerinnen solcher Wohnungen sind ausschließlich Frauen, und neuerdings können sie ihre Paläste auch vermieten. Die Miete ist angemessen: Für acht bis neun Monate werden etwa
40.000 DM gezahlt, das macht eine Monatsmiete von 4.500 bis 5.000 DM. Da die Mieterinnen in der Regel zahlungsunfähig sind, wird die Miete von deren Eltern gezahlt.
Die Palast-Eigentümerinnen lassen natürlich am liebsten ihre eigenen Wunschkinder in dem Palast wohnen und verlangen dann selbstverständlich auch keine Miete. Problematisch wird es erst dann, wenn sie niemand in ihrem Palast haben wollen und mann ihnen trotzdem eine Mietperson aufdrängt, etwa durch Vergewal- , tigung in der Ehe. Einfacher Hinauswurf der unerwünschten Mietperson ist staatlich strikt untersagt im Paragraphen 218 StGB.
Die Frau muß die Mietperson die ganzen 9 Monate in ihrem Palast beherbergen und hochpäppeln und bekommt dafür weder Kost noch Logis bezahlt. Auf diese Weise spart Vater Staat jährlich Milliarden. Müßte er für jede-n derart zwangseingewiesene-n künftige-n Steuer- und Rentenzahlerln die auf dem freien Wohnungsmarkt üblichen 40.000 Emmchen berappen, würde der Paragraph 218
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