Alle Menschen werden Schwestern
selbstredend sofort abgeschafft.
Da sich die Luxuswohnungen in einzigartiger Lage befinden, nämlich in den Eigentümerinnen/Vermieterinnen selbst, haben die Gen-Technologen von Anfang an eine groteske begriffliche Paradoxie in ihre Terminologie eingearbeitet. Die Wohnungs-Eigentümerin wird gezielt mit der Wohnung selbst verwechselt. Mann tut einfach so, als werde sie gemietet statt ihrer Eigentumswohnung, und spricht von Mietmüttern, ja sogar von Leihmüttern, was noch absurder ist — seit wann werden Wohnungen, Paläste in Luxuslage, »verliehen« oder gar deren Eigentümerinnen?
Der Technokraten-Jargon erklärt uns — immerhin potentielle Immobilien-Haiinnen — kurzerhand zur »Mietsache« oder will uns gar weismachen, daß wir als Frauen ausleihbar sind wie schmuddelige Bücher aus der Leihbücherei und Abgetragenes aus dem Leihhaus.
Der Sinn solcher Sprachpolitik liegt klar auf der Hand: Mann/Vater Staat sieht es nicht gern, daß wir auch nur einen Begriff davon bekommen, welchen Reichtum wir besitzen und verwalten. Durch die Möglichkeit der regulären Vermietung dieser unserer angeborenen »Immobilie«, genannt Uterus, wird aber deren immenser Wert plötzlich sichtbar — es wird auch klar berechenbar, welche Unsummen durch Mietverlust uns die übliche Zwangseinweisung unerwünschter Mietpersonen ( Zwangerschaft ) mittels des Paragraphen 218 Jahr um Jahr kostet und welche Unsummen dies andererseits dem Staat einbringt.
Nachdem die perfide Absicht durchschaut ist, können wir nun darangehen, unsere eigenen Begriffe zu prägen. Fürs erste schlage ich mal Kinderpalast-Vermieterin vor.
1986
Carl Maria, die Männe
Der Mann hinkt mit seiner Emanzipation der Frau hoffnungslos hinterher. Alle sind sich einig, daß etwas geschehen muß, um diese Schmach zu lindem. Aber was? Aus aktuellem Anlaß sei hier an zwei ermutigende historische Beispiele erinnert, die überraschende Lösungs-Perspektiven eröffnen...
Die Gedenkbriefmarke zum 200. Geburtstag von Carl Maria von Weber zeigt ein feingeschnittenes, sehr »weibliches« Gesicht, umrahmt von zarten Löckchen und einem weichen Halstuch. Carl Maria gehört zu den ganz seltenen Ausnahme-Komponisten, die sich von einer Frau ein Libretto schreiben ließen. Den Mißerfolg der Oper ( Euryanthe , Textbuch: Helmina von Chezy) führen die Musikhistoriker natürlich auf ebendiese »bedauerliche Fehlentscheidung« zurück. Über eine Begegnung mit Beethoven berichtet Weber: »Wir brachten den Mittag mit einander zu, sehr fröhlich und vergnügt. Dieser rauhe, zurückstoßende Mensch machte mir ordentlich die Cour, bediente mich bei Tische mit einer Sorgfalt wie seine Dame.« Und in den Briefen an seine Frau Karoline, die er liebe Weibe nennt, bezeichnet er sich selbst als Männe. Nun werden viele Männer von ihren Frauen Männe genannt, aber die Männe — das ginge den meisten denn doch zu weit. Carl Maria aber findet offenbar nichts dabei: »Meine Lebensordnung, liebe Weibe, ist freilich fast jeden Tag anders; in der Regel aber folgende. Um 8 Uhr, zuweilen wohl auch I/2 9, steht die Männe auf, trinkt ihren langweiligen Weizenbrei und geht dann zu Smart.« Oder: »Nun habe ich alle meine Leiden recht von Herzen geklagt, im Vertrauen auf Deine Vernunft, daß Du daraus nicht neuen Stoff zu Angst und Sorgen saugst, sondern höchstens die arme Männe bedauerst, die wirklich zum Leiden geboren ist.«
Carl Maria starb 1826. Genau hundert Jahre später starb Rainer Maria, auch so eine »arme, zum Leiden geborene Männe«, weich, zartbesaitet, sensitiv — kurz: vom Männlichkeitswahn ziemlich weit entfernt.
Mag sein, daß die beiden bekanntesten Maria-Männer unserer Geistesgeschichte nur zufällig auffallend »weiblich« geraten sind, aber vielleicht handelt es sich auch um eine Auswirkung des Gesetzes »Nomen est Omen«. Unser (von Männern festgelegtes) Namensrecht schreibt strikte Geschlechtertrennung vor, nicht ohne Grund. Einzige Ausnahme ist eben Maria als Zweitname für Knaben. Ich schlage vor, diese Ausnahme zur Regel zu machen und auf sämtliche weiblichen Vornamen auszudehnen — Männer hießen dann also etwa Helmut Agathe Kohl, Johannes Paula II. bzw. Rau, Ronald Nancy Reagan, Michail Natascha Gorbatschow, François Madeleine Mitterrand etc. Wie die obigen Fälle zeigen, besteht eine gewisse Hoffnung, daß damit die Emanzipation der Männer endlich ein Stück vorankäme.
1986
Amtweibling und Amtfrau
Auf meinem Schreibtisch häufen sich seit Anfang des
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