Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Menschen werden Schwestern

Alle Menschen werden Schwestern

Titel: Alle Menschen werden Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F. Pusch
Vom Netzwerk:
Männlichkeitssteuer, so meint er, müsse etwa 20 Prozent des Nettolohns betragen und solle zur Finanzierung von Frauenhäusern, Frauen-Nachttaxis, Frauenforschung, Vaterschaftsurlaub etc. etc. verwendet werden.

    Donna Wetta — wohin doch das logische Denken den Mann führen kann! Geradewegs ins feministische Inferno. Vielleicht überläßt er es deshalb lieber den Frauen.

    1987

Der Wähler und seine Zweitstimme

    Mehr als 50 Prozent der wahlberechtigten Deutschen sind Frauen. Anders ausgedrückt: Mehr als die Hälfte der sogenannten »Wähler« waren in Wirklichkeit Wählerzwwerz. Die deutschen Frauen haben die Wahl entschieden — aber hatten wir überhaupt die Wahl? Ich habe Grün gewählt — aus einem schlichten, aber für mich entscheidenden Grund: Die Grünen sind die einzige Partei, deren sogenannte Kandidaten überwiegend Kandidatinnen waren. Nur der »Frauenanteil« (hat frau schon jemals das Wort Männeranteil gehört?!) der grünen Fraktion im neuen Bundestag entspricht etwa dem »Frauenanteil« in der Bevölkerung.
    Ich wiederhole: Die Wähler waren überwiegend Frauen, die zur Wahl stehenden Kandidaten dagegen zu etwa 90 Prozent Männer. Beide Gruppen, die mehrheitlich weiblichen »Wähler« wie die überwältigend männlichen Kandidaten bzw. Politiker, werden aber mit ein und derselben grammatischen Form bezeichnet — eben der männlichen Form. Wir Frauen sehen da ein gewisses Sprach-problem und bemühen uns seit etwa einem Jahrzehnt, dies Problem zu lösen. Die meisten Männer sehen da aber kein Problem. Für sie ist es auch keins. Wenn die paar Kandidatzwraew als Kandidaten verunkenntlicht werden, die wahlentscheidende Wählerin dafür aber konstant als »der Wähler« angeherrscht wird, kann dies den Herren nur recht sein.
    Männer haben diese unsere Sprache gemacht, und sie haben sie für sich gemacht. Die Hecken sind »mannshoch«, Arbeit wird in »Mannmonaten« gemessen, die Person im Auto vor mir ist grundsätzlich der Vordermann, und die Person neben mir mein »Nebenmann« — Nebenfrau bedeutet nämlich »Konkubine/Mätresse« — die Frau eben, die sich der Mann, neben seiner angetrauten Ehegattin, noch nebenbei hält. Manchmal wird die »Nebenfrau« auch Zweitfrau genannt. Ein Anrecht auf den Zweitwagen hat die Zweitfrau aber nicht, den bekommt vielmehr die Ehegattin.
    Damit sind wir nun bei einem »echten« Sprachproblem der soeben überstandenen Bundestagswahl angelangt, einem Problem, das unsere Politiker bei jeder Wahl aufs neue quält: Die sogenannte »Zweitstimme«, bei der doch jedermann nur an den zweitrangigen Zweitwagen oder die zweitrangige Zweitfrau denkt — sie ist in Wirklichkeit die entscheidende Stimme.
    Und so ist denn alles schön männlich-unlogisch, dreifach unlogisch:

    Erstens: Die Zweitstimme müßte Erststimme heißen, denn sie ist wahlentscheidend.
    Zweitens: Der Wähler müßte die Wählerin heißen, den sie ist wahlentscheidend.
    Drittens: Das zweite Sprachproblem müßte ernstgenommen werden, denn es ist — im Gegensatz zu dem vergleichsweise lächerlichen Problem mit der irreführenden Bezeichnung Zweitstimme — grundlegend. Wie sagte doch der wackere grüne Friedensforscher Mechtersheimer: »Von den fünf ersten grünen Kandidatinnen auf der Landesliste Baden-Württemberg war eine ein Mann.« Genau! Weiter so!

    1987

Witwenkontrolle

    Eine sehr praktische Erfindung, diese Witwenkontrolle. Sie sorgt automatisch dafür, daß keine Witwen mehr entstehen. Ich wähle einfach aus meinem Menü die Witwenkontrolle, click, und schon bin ich den Ärger mit den Witwen endgültig los.
    Früher, als ich meine Briefe und sonstigen Texte noch mit der Hand schrieb, und auch später, mit der Schreibmaschine, brauchte ich keine Witwenkontrolle. Schon um Porto zu sparen, fing ich wegen »Herzlicher Grüße« doch nicht extra eine neue Seite an, sondern quetschte die Grüße nebst meinem >Friedrich Wilhelm< [wieso eigentlich nicht >Luise<, immerhin auch eine Königin, oder wenigstens >Friederike Wilhelmine    Meinem Computer aber bzw. meiner Pute fehlte da bislang jegliches Formgefühl. Stur befolgte sie die Anweisungen, 30, 40, 50 Zeilen pro Seite, je nachdem. In jedem längeren Text produzierte sie daher laufend Witwen: armselig

Weitere Kostenlose Bücher