Alle muessen sterben
Deshalb brauche ich nicht mehr als drei Personen in meinem Team“, antwortete Braun.
„Gut so, das gefällt mir.“ Elena Kafka nickte anerkennend und sah sich neugierig um. „Eine interessante Umgebung, ich muss schon sagen. Ein wenig exzentrisch zwar, aber das passt zur Mordkommission.“
Das ehemalige Foyer der Eventhalle hatte man für die Mordkommission zu einem modernen Empfangsbereich mit Sicherheits-Check und Kameras umgestaltet, der hintere Teil der Halle diente nach wie vor als Lager für Bühnenbilder und Requisiten.
„Wir haben uns mittlerweile daran gewöhnt“, sagte Braun einsilbig und stieß mit seinem Springerstiefel die Tür zum ehemaligen Zuschauerraum auf, in dem die Mordkommission ihr überdimensionales Büro hatte. Die vielen Schreibtische der Polizisten wirkten klein und verloren angesichts der Höhe des Raums. Hoch oben rotierten silberne Turbinen in den Wänden, die kühle Luft in das Innere der Halle pumpten und ihr ein futuristisches Flair gaben. Am hinteren Ende befand sich die ehemalige Bühne, die nach Brauns telefonischer Anweisung aus Gmunden bereits zum Einsatzraum für das Team „Flammenkiller“ umfunktioniert worden war.
„Das ist Chiara Mayer“, stellte Braun eine blonde junge Frau vor, die ihre langen Haare zu zwei Zöpfen geflochten hatte und deren Name überhaupt nicht zu ihrem nordischen Aussehen passte. Jahrelang hatte Chiara in der Abteilung für vermisste Personen gearbeitet und dabei ihre fast unbegrenzten Internetkenntnisse erfolgreich eingesetzt. Das war auch ein Grund, warum Braun sie in sein Team geholt hatte. Chiara hatte außerdem ein Auge auf Gruber geworfen und freute sich natürlich darauf, mit ihm zu arbeiten.
Dann winkte Braun einen kleinen, vierschrötigen Mann zu sich, der in einem schmuddeligen Jeansoutfit an einem Schreibtisch saß und eine schwarze Strickmütze aufhatte, unter der halblange, graue Haare hervorlugten.
„Bruno Berger kommt von der Drogenfahndung. Tim Kreuzer wurde ja einmal mit Kokain erwischt, aber das Verfahren ist eingestellt worden. Trotzdem dürfen wir die Möglichkeit, dass es sich um einen Mord im Drogenmilieu handelt, nicht gänzlich außer Acht lassen. Berger hat die besten Verbindungen zu einschlägigen Kreisen in der Stadt und mehrere V-Männer, die ihn mit Informationen versorgen. Das kann auch für unseren Fall sehr nützlich sein.“
Berger hob nachlässig die Hand und formte mit zwei Fingern ein Victory-Zeichen. Er war die Coolness in Person.
„Meinen Partner, Dominik Gruber, kennen Sie ja schon“, sagte Braun und wies auf Gruber, der schweigend neben ihnen stand. „Das ist mein Team. Jeder ein Experte auf seinem Gebiet.“
Elena Kafka hielt sich nicht mit Small Talk auf, sondern fragte ganz direkt in die Runde:
„Ich nehme an, jeder von Ihnen hat sich mit dem Fall des Flammenkillers vertraut gemacht. Was ist Ihre spontane Meinung dazu?“
Braun verzog das Gesicht, denn er wusste, wohin diese Diskussion führen würde. Jeder hatte natürlich seine Meinung zu dem Mord, aber es nützte nichts, wenn man mit den abstrusesten Theorien daherkam, nur um sich wichtig zu machen. Da war Braun Pragmatiker und verließ sich, wenn überhaupt, nur auf sein Bauchgefühl. Er hielt nichts von diesem gruppendynamischen Scheiß, sondern war für eine klare Linie. Aber Elena Kafka war nun einmal seine Chefin und hatte diese Diskussionskultur sicher aus Amerika übernommen.
Wie Braun befürchtet hatte, plapperten alle durcheinander, selbst Gruber kam mit einer Theorie an, schließlich wurde es Braun zu bunt und er schlug mit der Faust auf seinen Schreibtisch.
„Ruhe! Wir haben einen Verdächtigen ohne Alibi und mit einem Motiv! Was uns fehlt, sind die Beweise! Also denkt nicht an Scheißhypothesen, sondern lieber darüber nach, wie wir diese Beweise finden.“
Braun rechnete es Elena Kafka hoch an, dass sie sich zurückhielt und keinen Kommentar abgab. Sie wusste natürlich, dass sie ihm als Teamleiter nicht in den Rücken fallen durfte. Das hätte seine Position empfindlich geschwächt.
„Tim Kreuzer kannte seinen Mörder.“ Gruber trommelte mit den Fingerspitzen auf eine Schreibtischplatte, wirkte fahrig und nervös.
„Wie kommst du darauf?“, fragte Braun.
„Ich habe mir das Boot in der Werft angesehen. Ziemlich schwierig, jemanden an Bord zu bekommen, der sich wehrt. Das Segelboot ist lang und sehr schmal. Man hat keinen sicheren Stand darauf, schon gar nicht, wenn man jemanden über das Deck schleppt und am
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