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Alle muessen sterben

Alle muessen sterben

Titel: Alle muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. C. Schiller
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mitten ins Gesicht.
    Zorn zuckte zurück, stolperte über einen Teppich, verlor dabei das Gleichgewicht und schlug rücklings auf dem Parkett auf. Er war paralysiert und nicht fähig, sich den Schleim aus dem Gesicht zu wischen. Er schrie vor Ekel und Entsetzen, während der alte Zoltan Zorn kreischte und mit seinem linken Arm im Takt auf seinen Rollstuhl trommelte.
    „Du Schwein! Du verdammtes Schwein! Ich bringe dich um!“, heulte Zorn und kroch auf allen Vieren auf seinen Vater zu, doch Xenia trat ihm energisch in den Weg.
    „Reiß dich zusammen! Du benimmst dich wie ein Waschlappen!“, zischte sie und hielt ihm mit angeekeltem Blick ein blütenweißes Taschentuch entgegen. „Wisch dir das Gesicht ab. Du siehst ja genauso ekelhaft aus wie dein Vater.“ Wieder heulte Zorn vor Wut und Schmach auf und schob sich langsam an dem großen Esstisch in die Höhe.
    „Du sollst mich vor meinem Vater nicht duzen!“, kreischte er mit überkippender Stimme und begann hektisch den Schleim aus seinem Gesicht zu wischen. „Eines Tages schiebe ich den Alten in den Kamin und lasse ihn verbrennen“, flüsterte er in das Taschentuch und wischte, bis seine Wangen ganz rot waren. Als er zufällig durch die hohen Terrassentüren hinaus in den Park sah, entdeckte er das Waldmädchen in der schäbigen grünen Regenjacke, das ihn zwischen seinen strähnigen roten Haaren, die ihm tropfnass ins Gesicht hingen, unentwegt anstarrte und mit einem Handy filmte.
    „Verschwinde!“, brüllte Zorn wie von Sinnen, stolperte auf die Terrassentür zu und riss diese auf. „Mach, dass du wegkommst, sonst bringe ich dich um!“, schrie er, doch das Waldmädchen war längst wie ein geisterhafte Erscheinung im Regen verschwunden.
    „Ich bringe dich um!“, schrie er ins Leere hinaus, rannte an den Rand der Terrasse vor und dachte dabei nur an seinen Vater. Unten auf der Straße, die am See entlang in die Wälder führte, sah er einen verbeulten Geländewagen mit einer orangen Zeichnung auf der Fahrertür. Der Geländewagen fuhr sehr langsam, so als wäre der Fahrer fremd und müsse sich in dieser Gegend erst zurechtfinden.
    Der ständige Regen hatte die Steine auf der Terrasse mit einer grünschwarzen, glitschigen Moosschicht überzogen und als sich Zorn abrupt umdrehte, rutschte er aus und fiel auf die Knie. Der grünschwarze Schleim setzte sich im Stoff seines grauen Anzugs fest und wirkte auf Zorn wie die Pest, die jetzt auch ihn befallen hatte. Schluchzend raufte er sich die grauen Haare, verwünschte seine eigene Feigheit, die es ihm unmöglich machte, sich aus dem Schatten seines Vaters zu lösen. Mit geballten Fäusten drohte er dem grauen, verregneten Himmel, dessen dunkle Wolken das Panorama mit dem See und den Bergen verdeckte, so als wäre dieser Himmel schuld an der schwarzen Hölle, in der Edgar Zorn lebenslänglich gefangen war.

43. Der Fremde im Waldhaus

    Der Mann, der aus dem verdreckten Auto stieg und den schlammigen Waldweg entlanglief, konnte es gar nicht erwarten, sie in die Arme zu schließen. Sie wollte aufstehen, ihm entgegengehen, ihm ihre Schätze zeigen und ihn an ihr Prinzessinnenbett führen, doch das andere Mädchen hielt sie zurück.
    „Das ist nicht dein Liebhaber. Das ist jemand, der dich jetzt holen wird.“
    Aber er ist doch zu mir zurückgekommen, weil er mich liebt!
    „Das ist nur dumm gedacht! Du machst einen großen Fehler, wenn er dich hier entdeckt!“
    Da war etwas Wahres dran, denn Chloe erinnerte sich nur zu gut an die Situation, als der Korridor zu brennen begonnen hatte. Vielleicht hatte das andere Mädchen ja doch recht und er wollte sie bloß holen.
    Deshalb packte Chloe auch Rufus an seinem zotteligen Nacken und schlich mit ihm geduckt an der rückwärtigen Mauer des Forsthauses entlang, von wo aus man einen ungehinderten Blick in die ausgebrannten Räume hatte.
    Sicher, es stimmte schon, das war nicht ihr Liebhaber, denn der Mann hielt eine Pistole in der Hand und bewegte sich unglaublich vorsichtig, elegant, so als wäre er auf der Jagd nach ihr. Ja, der Mann würde sie unnachgiebig durch den Wald jagen. Das war schlimm, denn er würde niemals aufgeben, bis er sie gefasst hatte. Der Gesichtsausdruck des Mannes war angespannt und im Regen glänzten seine schwarzen Haare wie die chinesischen Lackkästchen, in denen Mutter immer ihre Kämme aufbewahrt hatte. Aber die Kästchen waren verbrannt und mit ihnen auch die Kämme. Vorsichtig trat der Mann über die Schwelle, die in ihr eigenes Reich

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