Alle Rache Will Ewigkeit

erwiderte Eric eifrig. »Ich klettere unheimlich gern, aber es ist besonders aufregend, wenn man unter so schlechten Bedingungen da raus muss und weiß, dass das Leben eines Menschen davon abhängen könnte, wie gut man seine Arbeit macht. Ich will nicht eingebildet klingen, aber wir retten ja wirklich Leben da draußen, und das ist ein einzigartiger Kick.«
    Calum räusperte sich. »Man erinnert sich immer daran, wenn der Berg ein Leben nimmt«, sagte er, und seine Stimme klang wie ein leises tiefes Grollen.
    »Ja. Natürlich. Es nimmt nicht immer ein gutes Ende. Aber an dem Tag damals haben wir doch jemanden in Sicherheit gebracht. Und das Mädchen, das umgekommen ist«, Eric zuckte mit den Schultern, »na ja, die war schon tot, bevor wir überhaupt gerufen wurden. Da hätten wir nichts dran ändern können. Diese Berge, die soll man schon ernst nehmen, wissen Sie.«
    »Wann haben Sie den Notruf bekommen? Erinnern Sie sich daran?«
    Eric blickte Calum an, der nickte. »Ich bin Lehrer«, sagte er. Charlie versuchte zu begreifen, was das damit zu tun hatte. »Es war, nachdem es geklingelt hatte. Also um vier. So spät im Winter ist es nie leicht. Man weiß, es wird schon dunkel sein, bevor man auf dem Berg ankommt.«
    »Erinnern Sie sich, woher der Anruf kam? Hier vom Hotel aus? Oder vom Rettungsdienst?«
    »Ich hab den Anruf nicht entgegengenommen. Ich bin nur angepiepst worden.«
    Eric rutschte aufgeregt auf seinem Stuhl herum. »Ich hab den Anruf auch nicht bekommen. Es war Gordon Macdonald. Er hatte damals Dienst für das Team.«
    »Ist er noch da? Könnte ich vielleicht mit ihm sprechen?«
    »Er ist tot«, sagte Calum. »Autounfall auf der A 82 . Frontal in einen Lkw mit ’ner Ladung für ’n Supermarkt. Grausam.«
    »Oh, tut mir leid, das zu hören«, sagte Charlie.
    »Aber ich erinnere mich, dass Gordon später an dem Abend über den Anruf gesprochen hat, als wir alle in der Bar saßen. Er sagte, es wäre komisch gewesen. Wenn wir einen Notruf bekommen, gibt es eigentlich nur drei Möglichkeiten.« Eric zählte sie an den Fingern ab. »Erstens: Der Rettungsdienst bekommt einen Anruf vom Handy eines Bergsteigers. Zweitens: Einer von den anderen Leuten der Klettergruppe macht sich Sorgen, wenn jemand nicht am verabredeten Ort eintrifft. Drittens: Das Hotel, die Pension oder die Kneipe, wo sie eine Kletterroute und eine geschätzte Zeit der Rückkehr hinterlassen haben. Aber er sagte, mit dem Anruf hätte etwas nicht gestimmt. Es war eine Frau. Sie sagte, sie riefe vom Hotel hier an.« Er machte eine Handbewegung, die das Lokal einbezog. »Aber wir kennen alle, die hier arbeiten, und es war niemand, den Gordon kannte. Sie sagte, sie hätte einen Anruf bekommen, dass zwei ihrer Gäste in Schwierigkeiten seien oben auf dem In-Pinn, das ist der praktisch unbesteigbare Gipfel des Sgurr Dearg«, fügte er erklärend hinzu.
    »Das weiß sie doch«, sagte Calum. »Gordon war unsicher wegen des Anrufs. Deshalb rief er zurück. Aber niemand meldete sich, der uns angerufen hatte. Allerdings stimmte es, dass sie zwei Gäste hatten, die sich am Morgen zum In-Pinn aufgemacht hatten. Also dachte Gordon, wir sollten doch mal nachschauen.«
    Eric nahm jetzt den Faden auf. »Es war eine scheußliche Nacht. Richtig kalt, hin und wieder schneite es. Von Nordosten wehte ein schneidend scharfer Wind. Keine Nacht, in der wir den Helikopter rufen konnten. Aber wir kennen das Gelände und kamen deshalb gut voran. Es ist nicht einfach, in der Dunkelheit und im Schnee nach zwei Bergsteigern an einem Berghang zu suchen. Aber die Route nach oben ist am Berg ziemlich offensichtlich, also schätzten wir, dass wir uns in Rufweite befanden, wenn sie noch auf dem Berg waren. Sie würden sich wundern, wie oft wir gerufen werden wegen Leuten, die in irgendeiner Kneipe sitzen und ihr Malzbier trinken. Die haben sich dann nicht die Mühe gemacht, an den Ort zurückzukehren, den sie angegeben hatten.«
    »Wir haben das Mädchen sechzig Meter unterhalb des Gipfel des Sgurr Dearg gefunden. Sie war in keinem guten Zustand.«
    »Das stimmt. Schock, Unterkühlung setzte bereits ein, und sie zog ein Bein hinter sich her wie ein unbrauchbares Stück Fleisch«, sagte Eric. »Wir haben sie ganz schnell in eine Aludecke gewickelt, weil wir natürlich herausfinden mussten, wo ihre Partnerin war. Wir waren wegen zwei Frauen losgegangen, hatten aber nur eine gefunden. Sie war in einem verdammt schlimmen Zustand, aber sie sagte uns gleich etwas. Dass sie das