Alle Rache Will Ewigkeit
leicht Theorien einfallen lassen könnten ohne die Unannehmlichkeit, sie empirisch beweisen zu müssen.
»Das ist nicht fair«, schmollte Catherine. »Ich versuche, unvoreingenommen zu sein. Zum Beispiel hätte ich mir alle möglichen merkwürdigen Gründe ausdenken können, warum du im Zeugenstand nicht ganz die Wahrheit gesagt hast.«
So. Jetzt war es ausgesprochen. Was Magda seit Monaten schon befürchtet hatte. Der Milchkaffee in ihrem Mund schmeckte plötzlich widerlich und sauer. Ist schon gut, sagte sie sich. Das hier war ja nicht irgendein hartgesottener Polizist oder Journalist. Es war Catherine, jemand, der nur das Beste von ihr denken wollte. Magda runzelte die Stirn und hoffte, dass ihr Gesichtsausdruck nicht so unecht aussah, wie er sich anfühlte. »Was redest du da? Natürlich habe ich die Wahrheit gesagt.«
Catherine verzog das Gesicht. Sie war nie gut darin gewesen, ihre Gefühle zu verbergen, und Magda sah den Verlauf der Emotionen auf ihrem Gesicht. Endlich fand sie die richtigen Worte. »Ich sage ja nicht, dass du richtiggehend gelogen hast. Nur dass du etwas gesagt hast, das nicht ganz so gewesen sein kann.«
Es war Zeit, zur Attacke überzugehen. »Von was sprichst du, um Himmels willen?« Ihre Heftigkeit rief die Reaktion hervor, auf die sie es angelegt hatte. Catherine war verlegen und beklommen. Aber nicht so sehr, dass sie ganz aufgab. »Na ja, du sagtest, du hättest Barker und Sanderson gesehen, als sie die Hochzeitsparty verließen und um das andere Ende des Armstrong-Gebäudes herum verschwanden.«
»Das stimmt. Ich sagte das, weil ich das gesehen habe. Sie verdrückten sich heimlich in Richtung Bootssteg. Es bestand kein Grund für sie, in diese Richtung zu gehen. Man kann dort nur zum Bootssteg oder wieder zur Loge des Portiers hinaufgehen. Und er hat sie nicht gesehen.« Magda starrte zu Boden. »Da haben sie ihn umgebracht.«
»Aber du sagtest, du hättest sie vom Fenster in Mummys Büro gesehen. Als du nach oben gegangen bist, um dich für die Reise umzuziehen.«
»Das stimmt. Das Büro geht auf den Rasen vor Magnusson Hall hinaus, wo das Festzelt und die Tanzfläche waren. Das weißt du doch.«
Catherine schüttelte den Kopf. »Aber du warst nicht dort, Magda. Nicht zu der Zeit, die du angegeben hast.«
Magda wurde kalt, trotz der stickigen Wärme im Raum. »Wovon redest du, Wheelie?«
Catherines Mund zuckte unbehaglich. »Ich ging dir nach ins obere Stockwerk. Ich wollte dir Glück wünschen. Dich umarmen. Wie auch immer.« Sie hob eine Schulter. »Was Schwestern eben so machen. Aber du warst nicht da. Die Tür war nicht abgeschlossen, aber du warst nicht da.«
Magda zwang sich zu einem Lachen und versuchte, warm und sorglos zu klingen. »Dann war ich in dem Moment eben in der Dusche. Ich duschte mich schnell, Wheelie. Ich war ganz verschwitzt und klebrig vom Tanzen. Und in dem Zustand wollte ich nicht die frischen Kleider anziehen. Da musst du reingekommen sein.« Sie beugte sich vor und streichelte Catherines Schulter. »Dummchen. Hast du dir deshalb Sorgen gemacht?«
»Nein, keine Sorgen. Ich habe mich nur gewundert.« Catherine schien immer noch beunruhigt. »Aber Magda … ich glaube, das kann nicht sein, dass du in der Dusche warst. Weil … weißt du noch, als ich dich nicht finden konnte, kam ich über das mittlere Treppenhaus in Magnusson Hall wieder herunter. Und als ich im Erdgeschoss ankam, trafen wir uns in der Mitte des Korridors. So, als seiest du gerade zum Eingang hereingekommen. Und du hattest schon deine Reisekleider an. Erinnerst du dich?«
Genau das hatte sie befürchtet. Eine Zeugin, die die Version der Ereignisse, auf die sie und Jay sich festgelegt hatten, in Frage stellen konnte. Aber es war nur Catherine, sagte sich Magda. Catherine, die ein berechtigtes Interesse daran hatte, an ihre Schwester zu glauben, die immer ihre Heldin gewesen war. Magda schüttelte nachsichtig den Kopf. »Na ja, natürlich. Du glaubst doch nicht, dass ich im Waschraum der Studenten war, oder? Ich hatte die Schlüssel für den Waschraum vom Common Room der Dozenten im Erdgeschoss von Magnusson Hall. Wie gesagt, ich hatte gerade geduscht.«
Catherines Gesicht erhellte sich erleichtert. Dann verdüsterte es sich wieder. »Wann hast du sie dann gesehen? Wenn du im Waschraum im Erdgeschoss warst, konntest du sie von dort nicht sehen.«
Magda stieß einen entnervten Seufzer aus. »Du hast dich vertan, Wheelie. Du hättest Rechtsanwältin werden sollen oder so was. Ich
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