sicher, was ich tun soll. Soll ich mich da einmischen? Liegt mir etwas daran? Und ist die Solidarität unter Lesben nichts wert? Alle Ratschläge sind willkommen.
Ich hoffe, deine Klienten treiben dich nicht in den Suff.
Alles Liebe, Charlie
Betreff: Re: Mehr Fragen als Antworten
Datum: 23 . März 2010 , 19 : 57 : 32 WEZ
Von:
[email protected] An:
[email protected] Hi, Charlie,
wärst du ein Hund, dann bestimmt ein Lakeland Terrier, diese Hartnäckigkeit, vollkommen zuverlässig und mit einem Grinsen, bei dem ein Eisberg schmelzen würde. Was du entdeckt hast, ist faszinierend. Was immer sich dahinter verbergen mag. Jedenfalls hast du recht, es hat ganz klar mit Magda Newsam und Jay Stewart zu tun, und das Bindeglied zu dir ist das College.
Deine Corinna scheint sich ja deiner nicht gerade sehr sicher zu sein, wenn man bedenkt, wie gut sie dich früher gekannt hat. An ihrer Stelle wäre ich einfach bei dir aufgetaucht und hätte dir gesagt, dass ich dich brauche. Du hättest niemals abgelehnt. Oder?
Andererseits ist der Grund vielleicht, dass sie dich kennt und versteht, wie unmöglich es dir wäre, ihr gegenüber nein zu sagen. Sie bittet dich auf diese Weise um Hilfe, weil sie sich vorstellen kann, dass dir so eine Möglichkeit bleibt, abzulehnen.
Oder ist es ein Test? Nach dem Motto, wenn du nicht schlau genug bist, das herauszufinden, dann kannst du mir sowieso nicht helfen.
Wie verhält es sich, was meinst du?
Ich kenne dich, Charlie. Du brauchst Antworten. Du hast gleich am Anfang mit der Entscheidung, die Artikel zu prüfen, deine Alternativen abgesteckt. Ob du es zugibst oder nicht, es rührt an deine tief verwurzelte Zuneigung zu deinem alten College. Jetzt, so scheint mir, wirst du nicht ruhen können, bis du Corinna zur Rede gestellt und herausgefunden hast, was sie von dir will.
Aber betrachte es doch von der positiven Seite. Vielleicht kannst du es so drehen, dass dabei eine Reise nach Oxford für dich herausspringt, und wir können Zeit miteinander verbringen. Es wäre gut, persönlichen Kontakt außerhalb einer Tagung zu haben, meinst du nicht?
Die Klienten haben mich dazu gebracht, bei einem köstlichen Rotwein Zuflucht zu suchen. Wenn du hier wärst, würde ich die Gelegenheit ergreifen, dir die schweren Weine aus der Neuen Welt abzugewöhnen, auf die du so viel hältst. Ich bin sicher, die Reise würde dir Spaß machen.
LKx
Daran besteht kein Zweifel, dachte Charlie. Mit dem Vorschlag, nach Oxford zu fahren und Lisas Hilfe zu erbitten, hatte Lisa die Gedanken an Magda und Corinna vertrieben. Die Eventualitäten der zugleich wundervollen und entsetzlichen Vorstellung ließen Charlie erbeben. Beim Gedanken, dass Lisa und Maria sich begegnen könnten, hätte sie am liebsten weinend die Hände vors Gesicht geschlagen, so unmöglich war das alles. Sie konnte nicht glauben, dass Lisa nicht bewusst war, welche Wirkung ihre Worte haben würden; schließlich waren die geheimsten Winkel in der Psyche anderer Menschen das Arbeitsgebiet dieser Frau.
»Werd endlich erwachsen!«, murmelte Charlie. Sie zwang sich, nicht länger in kindischen Träumen zu schwelgen und sich auf den praktischen Teil der Nachricht zu konzentrieren. Lisa verstand sie gut genug, um zu wissen, dass sie genauso wenig die Zeitungsausschnitte beiseitelegen konnte, wie sie es schaffen würde, den Austausch der brisanten E-Mails abzubrechen. Jedenfalls schien Corinna eindeutig die Absenderin zu sein. Es gab wohl keine andere Möglichkeit, als sie anzurufen und die Sache zu klären.
Charlie seufzte. Endlich hatte sie etwas noch Aufwühlenderes als die Ärztekammer gefunden. Und sie fürchtete, sich damit auseinanderzusetzen werde kaum leichter sein.
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D agegen lässt sich kaum etwas sagen«, meinte Catherine Newsam, während sie ihre Schwester aus dem Gerichtssaal und einen schmalen Seitengang entlang zu dem Raum begleitete, den der Staatsanwalt für sie hatte reservieren lassen. »Der Richter hat es ganz deutlich dargelegt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie irgendjemand bezweifeln könnte, dass Barker und Sanderson die Täter sind.« Sie schob sich geschickt zwischen ihre Schwester und eine Frau, die sie auf den Plätzen für die Presse gesehen hatte. »Verschwinden Sie«, warf Catherine ihr betont freundlich über die Schulter zu, während sie Magda in den Raum mit dem Schild »Privat« folgte. Da Catherine das jüngste der Newsam-Kinder war, hatte sie sich schon