Alle Rache Will Ewigkeit
schließlich nicht, dass man in dir eine lustige Witwe sieht«, hatte Jay gesagt. »Obwohl wir nichts Schlimmes getan haben, gibt es viele Leute, die uns nur allzu freudig das Gegenteil unterstellen würden.«
Sie hatte recht. Nichts, was sie getan hatten, war unrecht gewesen. Ganz im Gegenteil. Je mehr Beweise Magda im Gericht gehört hatte, desto besser verstand sie, wie recht Jay gehabt hatte. Wenn sie nicht getan hätten, was getan werden musste, wäre der Gerechtigkeit nie Genüge getan worden. Aber jetzt würden Paul und Joanna verdienterweise ins Gefängnis kommen. Und sie war stolz auf die Rolle, die sie in diesem Prozess gespielt hatte.
Magda klammerte sich an dieses Gefühl des Stolzes. Sie hatte nicht viele klar definierte Gefühle in Bezug auf Philips Tod. Es war ein entsetzlicher Schlag gewesen, das war nicht zu leugnen. Seinen Mann am Tag der Hochzeit durch einen plötzlichen gewaltsamen Tod zu verlieren konnte niemals etwas anderes als ein vernichtender Schicksalsschlag sein. Selbst wenn man schon wochenlang versucht hatte, die Zweifel an dieser Heirat nicht hochkommen zu lassen. Aber wenn nicht alles so gekommen wäre, wie es kam, hätten sie und Jay sich vielleicht nie wiedergefunden. Und das war eine Vorstellung, die Magda mit Schrecken erfüllte. Sie hasste sich für den Gedanken, aber im tiefsten Inneren wusste sie, dass Philip zu verlieren und Jay zu gewinnen ein Tausch war, für den sie sich sofort wieder entscheiden würde. Es überhaupt zu erlauben, dass ihr ein solcher Gedanke in den Sinn kam, beschämte und erschreckte sie gleichermaßen. Dass sie solche Vorstellungen zuließ, rief ihr katholisches Schuldbewusstsein auf den Plan. Von Kindesbeinen an hatte dieses Wertesystem sie geprägt und gab ihr das Gefühl, ihr jetziges Glück sei nicht nur unverdient, sondern könne ihr bald entrissen werden.
In jeder Hand einen Becher mit Milchkaffee, stieß Catherine mit der Schulter die Tür auf und rettete Magda aus diesen düsteren Überlegungen. »Das ging aber schnell«, meinte Magda.
Catherine grinste. »Ich hab dir ja gesagt, es würde sich lohnen, dem Mädchen am Kaffeestand gleich am ersten Tag ein Trinkgeld zu geben. Ich muss mich nicht mal mehr anstellen.« Sie reichte Magda den Kaffee, ließ sich auf einen Sessel nieder und zog ein Bein unter sich. »Ich wette, du bist erleichtert, dass es bald vorbei ist.«
»Ja«, seufzte Magda. »Ich hoffe nur, ich werde dann das Gefühl haben, dass es wirklich abgeschlossen ist.« Sie zuckte mit den Schultern. »Damit ich einen Schlussstrich ziehen und weiterleben kann.«
»Darum geht es mit Jay, nicht wahr?«, fragte Catherine. Magda erwartete einen feindseligen Unterton, konnte aber keinen entdecken und schloss, dass ihre Schwester nur neugierig war.
»Jay kommt mir vor wie ein anderes Universum«, sagte Magda. »Ohne jede Verbindung zu meinem Leben mit Philip.«
»Aber sie ist doch damit verbunden«, sagte Catherine. »Ich meine, da hast du sie doch wiedergetroffen. Am Tag der Hochzeit.«
Diese Worte ließen einen Schock wie von einem elektrischen Schlag durch Magdas Brust fahren. »Nein«, sagte sie. »Es war danach. Erinnerst du dich? Wir haben uns bei einer Dinnerparty getroffen.«
Catherine schaute verwirrt drein. »Aber sie war doch dort. Im St. Scholastika College. Am Tag deiner Hochzeit. Ich habe sie gesehen.«
Magda stieß ein kurzes Lachen aus, das ihr unnatürlich vorkam. »Na ja, sie war da, das stimmt. Sie sprach auf einer Tagung im College. Aber sie war nicht auf der Hochzeit. Ich habe sie nicht gesehen. Noch lange Zeit danach wusste ich nicht einmal, dass sie da gewesen war. Niemand hat es erwähnt.«
Catherine zog die Stirn kraus. »Ach so. Okay. Ich wusste, dass ihr später erst zusammengekommen seid, aber ich hatte einfach angenommen, dass du sie getroffen hattest. Als ich sie sah, kam sie aus Magnusson Hall heraus. Da wir die Toiletten dort und Mummys Büro genutzt haben, dachte ich, du müsstest sie gesehen haben oder so.« Sie warf Magda ein zögerndes Lächeln zu. Ihre große Schwester hatte sie immer beschützt, aber wenn sie meinte, Catherine könne eine kalte Dusche vertragen, hatte Magda sich nie zurückgehalten.
Aber Magda hatte nicht die Absicht, aus dieser Sache ein großes Thema zu machen. »Diese verdammten Geisteswissenschaftler, immer ziehen sie voreilige Schlüsse«, scherzte sie. Hier bewegte sie sich auf vertrautem Gebiet; die Naturwissenschaftler der Familie nörgelten oft, dass die anderen sich
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