Alle Rache Will Ewigkeit
Hopton umgehend in eine geschlossene Anstalt einzuweisen, doch sein Anwalt machte ein Mordsgezeter und brachte die Verletzung der Menschenrechte ins Spiel. Sein Mandant sei freigesprochen worden und unschuldig. Das Gericht wolle sich nur absichern. Niemand will sich solchen Ärger aufhalsen«, sagte Charlie. »Also kam er frei und konnte vier Frauen umbringen.«
»Die Medien brauchen immer einen Sündenbock«, konstatierte Magda. »Ist das der Grund, weshalb sie so über dich herfielen?«
»Teilweise. Eigentlich ging es erst richtig los, als die Familie eines der Opfer beschloss, dass jemand für ihren Verlust bezahlen sollte. Im wahrsten Sinne des Wortes bezahlen. Sie verklagten mich, weil ich angeblich meine Sorgfaltspflicht vernachlässigt hätte. Angehörige der anderen Opfer sprangen auf den Zug auf, und dann hatte einer die tolle Idee, bei der Ärztekammer eine Beschwerde über mich einzureichen.«
»Aber du hast doch lediglich eine Beurteilung eines damals unschuldigen Mannes abgegeben«, warf Catherine ein.
»Das sehen diese Leute offenbar anders.« Charlie leerte ihr Glas und griff nach der Flasche. »Der Mord in Leicestershire wurde nie aufgeklärt, und die Polizei ließ der Presse gegenüber durchblicken, man sei froh, dass nun endlich der richtige Mann auf der Anklagebank sitze. Mein Gutachten war die Grundlage für seinen Freispruch gewesen. Deshalb gab es all diese Schmierereien über mich.«
»Und wie geht es jetzt weiter?«, fragte Corinna.
»Ich muss bis zur Gerichtsverhandlung warten. Bei der Ärztekammer wird es eine Anhörung geben. Bis dahin darf ich nicht praktizieren. Die Universität hat mich bei vollen Bezügen suspendiert. Hier und da halte ich Unterricht, damit ich wenigstens aus dem Haus komme. Arme Maria, sie ist einer der bodenständigsten Menschen, die ich kenne, und jetzt muss sie zusehen, wie sie mit meinen Ängsten und meiner Paranoia fertig wird.«
»Bist du deshalb in Oxford? Um Vorlesungen zu halten?«, bohrte Catherine neugierig nach.
»Ich wünschte, es wäre so. Allerdings besuche ich nur eine Kollegin, und weil ich ganz in der Nähe war, beschloss ich, kurz bei Corinna hereinzuschauen.« Charlie prostete ihrer Gastgeberin zu. Dann wandte sie sich an Magda. »Ich konnte nicht wissen, dass ich so einen ungünstigen Moment erwischen würde. Ich habe die Berichterstattung in den Medien verfolgt, aber ich brachte das nicht mit dir in Verbindung.« Sie hob die Hände zu einer entschuldigenden Geste. »Dein Mädchenname tauchte nicht auf, und außerdem bist du für mich immer noch die kleine Maggot.«
Magda errötete leicht. »Das ist komisch. Seit Jahren hat mich niemand mehr Maggot genannt, aber du bist jetzt schon die zweite Person, die den alten Spitznamen wieder ausgegraben hat.«
»Tatsächlich?« Charlie war erfreut, dass der Themenwechsel geklappt hatte. »Eine deiner Spielkameradinnen – oder war es eine weitere Aufpasserin?«
Magda blickte zu ihrer Mutter, riss sich zusammen und presste hervor: »Es war eine unserer Aufpasserinnen, zumindest bis meine Mutter sie aus dem Haus geworfen hat.«
Corinna verdrehte entnervt die Augen. »Jetzt übertreibst du aber. Ich nehme mal an, du sprichst von Jay Stewart. Und damit das klar ist, Magda, ich habe Jay nicht aus dem Haus geworfen.«
»Du hast ihr gesagt, dass sie hier nicht mehr willkommen sei, weil du keine Lesbe in der Nähe deiner Kinder dulden könntest.« Die Stimmung war nun völlig umgeschlagen. All die Emotionen, die Magda in den vergangenen Monaten unterdrückt hatte, brachen nun hervor.
»Das habe ich nie gesagt«, stellte Corinna unterkühlt fest.
»Aber warum sonst hättest du sie hinauswerfen sollen? Die einzige Veränderung in ihrem Leben war der College-Tratsch, der sie geoutet hatte. Soll es etwa purer Zufall sein, dass du genau in dieser Woche den Entschluss gefasst hast, sie nicht mehr im Haus zu dulden?« Mutter und Tochter blitzten sich erbost an, doch Corinna schwieg.
Catherine wandte sich an Charlie und sagte kopfschüttelnd: »Und da behaupten sie von mir, dass ich mich danebenbenehme. Ich wette, du bist froh über deinen Spontanbesuch hier.«
Magda ließ sich jetzt durch nichts mehr ablenken. »Ich warte, Mum. Wenn der Grund nicht war, dass sie lesbisch ist, warum hast du Jay dann aus unserem Haus verbannt?«
»Was auch immer du denken magst, Magda, ich habe nichts gegen Lesben. Ich habe immer gewusst, dass Charlie lesbisch ist, und das hat unsere Freundschaft nie beeinträchtigt. Und
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