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Alle Rache Will Ewigkeit

Alle Rache Will Ewigkeit

Titel: Alle Rache Will Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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wie es wirklich war.«
    »Eventuell möchte Charlie aber gar nicht darüber reden«, wandte Corinna in strengem Ton ein.
    »Bitte Charlie!«, bettelte Catherine. »Wir sind alle so gestresst von diesem furchtbaren Prozess, da wäre ein bisschen Abwechslung hochwillkommen.«
    »Und es gibt nichts Besseres als die Probleme anderer Leute, um sich von den eigenen abzulenken«, bemerkte Charlie trocken. »So interessant ist es auch wieder nicht.«
    Während des gesamten Gesprächs hatte Magda Charlie wie gebannt angestarrt. Hatte das mit ihrer neu entdeckten Sexualität zu tun, oder warum glaubte sie plötzlich, überall Lesben zu sehen? »Wheelie hat recht«, warf sie jetzt ein. »Es wäre schön, mal etwas zu hören, bei dem es nicht um meine Probleme geht.«
    Charlie atmete geräuschvoll aus. »Also gut, aber ich brauche einen Drink.« Während Magda einschenkte, ordnete Charlie ihre Gedanken. »Ich bin Psychiaterin. Mein Spezialgebiet ist die Behandlung und das Studium psychopathischer Persönlichkeiten.«
    »Was heißt das eigentlich im Klartext?«, fragte Catherine. »So etwas liest man immer wieder in den Zeitungen. Aber man kann sich trotzdem nicht genau vorstellen, worum es da eigentlich geht.«
    »Psychopathen sind Menschen, denen die Fähigkeit abgeht, Empathie oder Reue zu empfinden. Was ihre Taten für andere Menschen bedeuten, ist ihnen völlig gleichgültig. Sie lügen und versuchen, ihr Umfeld zu manipulieren, damit alles nach ihren Vorstellungen läuft. Die Schlaueren können sich so verstellen, dass sie völlig normal erscheinen.«
    Catherine stöhnte. »Klingt wie die meisten Männer, die ich kenne.«
    »Na, dann hast du bis jetzt nicht sehr viel Glück gehabt. Nach unseren Erkenntnissen machen sie nur ein Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Die meisten Leute, mit denen ich arbeite, haben gravierende Straftaten begangen, aber manchmal habe ich es auch mit Menschen zu tun, die anders geartete psychische Probleme haben. Ihre psychische Störung ist nur ein Seitenaspekt der eigentlichen Behandlung. Aber ich muss stets in Betracht ziehen, was mit diesen Menschen passieren könnte, wenn sie auf die Gesellschaft losgelassen werden. Bei manchen steht zu befürchten, dass sie schwere Gewaltverbrechen verüben würden. Aufgrund meiner langjährigen Berufserfahrung wurde ich oft als Kriminalprofilerin und Gerichtsgutachterin herangezogen.«
    Charlie verzog das Gesicht. »Es lief relativ gut für mich. Ganz wie das von St.-Scholastika-Absolventinnen erwartet wird.«
    »Das will ich doch stark hoffen«, warf Corinna ein. »Schließlich warst du eine meiner besten Studentinnen.«
    Charlie lachte. »Was ein Wunder ist, wenn man bedenkt, wie oft ich geschwänzt habe, um irgendwelchen anderen Dingen nachzugehen.«
    »Beim Studium geht es nicht nur um die Arbeit.«
    »Damals hättest du das nicht gesagt«, stellte Charlie fest. »Jedenfalls … Die Staatsanwaltschaft zog mich zu einer Mordermittlung in der Nähe von Leicester heran. Der Verdächtige saß bereits auf der Anklagebank und sollte von mir psychologisch begutachtet werden. Mein Gutachten sollte die Anklage stützen. Ein reiner Routinejob für mich. Ich setzte also einen Gesprächstermin mit dem Verdächtigen an, einem Mann namens Bill Hopton. Letztendlich wurden daraus vier Termine, die dazu führten, dass ich ernste Bedenken in diesem Fall anmeldete. Ich bat um eine Unterredung mit dem Staatsanwalt.« Sie seufzte und nahm einen Schluck Wein.
    »Ich teilte ihm mit, dass ich Bill Hopton als psychopathische Persönlichkeit einstufte, die zu sadistischen Sexualstraftaten fähig wäre. Es war durchaus wahrscheinlich, dass dieser Mann in Zukunft sexuelle Übergriffe oder Vergewaltigungen bis hin zum Mord begehen würde. Ich war allerdings genauso überzeugt, dass er diesen Mord nicht begangen hatte. Diese Tat passte einfach nicht zu seinem Persönlichkeitsbild.«
    »Ich wette, damit hast du dich sehr beliebt gemacht«, sagte Catherine.
    »So ungefähr. Der Anwalt wollte mich dazu bringen, meine Meinung zu ändern. Ich war allerdings nicht bereit, meine professionelle Beurteilung umzuwerfen, nur damit sie zu deren Hypothesen passte. Also zog man mich schlicht und ergreifend von dem Fall ab. Damit wäre die Angelegenheit eigentlich beendet gewesen, wenn nicht die Verteidigung Wind von der Sache bekommen hätte. Nun wollte man mich als Zeugin der Verteidigung haben. Ich lehnte ab mit der Begründung, dass es einen Interessenkonflikt gäbe. Die Staatsanwaltschaft

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