Alle Rache Will Ewigkeit
Studienanfänger. Alle waren ja immer nur für sehr begrenzte Zeit da, deshalb dieser Begriff.« Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Das war nicht abwertend gemeint. Es lag in der Natur der Sache. Sie waren immer nur bis zum Examen in Oxford. Keine war für längere Zeit Teil unseres Lebens.«
»Also welche sind Sie denn?«, fragte Catherine freimütig wie immer.
Corinna stöhnte auf. »Was soll ich sagen? Ich habe versucht, mein Bestes zu geben. Aber das mit den guten Manieren hat bei Catherine nicht so recht geklappt.«
Die Frau lachte. »Ich bin Charlie. Charlie Flint. Ich habe dir immer ›Winnie the Pooh‹ vorgelesen, Wheelie. Den Esel mochtest du am liebsten.«
Catherine kicherte. »Das hat sich nicht geändert. Der einzig wirklich Nette von der ganzen Bande.« Dann streckte sie die Hand aus. »Schön, dich wiederzutreffen, Charlie.«
Sie gaben sich die Hand. Charlie musterte die beiden Mädchen. »Dich hätte ich nicht wiedererkannt, Wheelie. Aber Magdas Namen hätte ich wohl bei einer Gegenüberstellung nennen können.«
Magda quittierte diese Bemerkung, indem sie die Augenbrauen hochzog, dann wendete sie sich wieder Corinna zu. »Wo ist Dad?«
Corinna durchschritt die Küche und öffnete den Backofen, dem nach Hühnchen, Schinken und Blätterteig duftende Wolken entstiegen. »Er hat Tag der offenen Tür an der Schule. Er musste hin, um Eltern von zukünftigen Schülern herumzuführen.« Magda schien darüber verärgert zu sein, sagte jedoch nichts. »Er wird gegen drei zurück sein, hat er versprochen.«
Corinna bedachte die Pastete mit einem prüfenden Blick und schob sie wieder in den Ofen. Dann stellte sie einen Topf mit Kartoffeln zum Kochen auf den Herd.
»Ist ja auch nicht so wichtig«, kommentierte Catherine und setzte sich an den Tisch. Sie grinste Charlie vergnügt an. »Mum, weiß Charlie eigentlich, dass wir etwas zu feiern haben, oder müssen wir ihr die ganze komplizierte Erklärung auftischen?«
»Catherine, um Himmels willen«, schimpfte Corinna erbost.
»Wenn du auf das Gerichtsurteil anspielst, darüber weiß ich Bescheid«, antwortete Charlie. »Aber vielleicht sollte ich jetzt gehen. Das geht mich ja auch nichts an.«
Magda entdeckte einen Anflug von Verärgerung auf Corinnas Gesicht. Umso überraschter war sie, als sie ihre Mutter sagen hörte: »Aber Charlie, natürlich störst du nicht.«
»Es ist wohl kaum ein Geheimnis«, stellte Magda fest. »In letzter Zeit wurde sowieso mein halbes Leben in den Medien breitgetreten.«
Charlie lächelte. »Es ist nie angenehm, im Zentrum der Medienaufmerksamkeit zu stehen.«
Auf Catherines Gesicht erschien Erstaunen, und ihre Augen weiteten sich. »Jetzt weiß ich, warum du mir gleich so bekannt vorkamst«, rief sie triumphierend. »Nicht nur weil du unser Babysitter warst, sondern weil ich dich in den Nachrichten gesehen habe.« Sie wandte sich zu ihrer Schwester. »Erinnerst du dich nicht? Der Typ, der in einem Mordprozess freigesprochen wurde und dann loszog und diese anderen Frauen umbrachte.« Jetzt drehte sie sich wieder zu Charlie. »Du hast ihn freibekommen.«
Charlie verzog keine Miene. Sie blickte immer noch freundlich und interessiert drein. »Ich sehe das zwar anders, aber in den Medien hat man es tatsächlich so dargestellt.«
Wütend donnerte Corinna vor ihrer jüngeren Tochter eine Flasche Rotwein auf den Tisch. »Charlie ist ein Gast in diesem Haus, und üblicherweise beleidigen wir unsere Gäste nicht.«
»Zumindest nicht, bevor sie einen Drink bekommen haben«, ergänzte Magda, während sie sich aus ihrer Jacke schälte und dann vier Gläser auf den Tisch stellte. »Ich muss mich für meine Schwester entschuldigen. Eigentlich sollte ich immer kleine Kärtchen bei mir haben, wenn ich mit Catherine unterwegs bin, auf denen steht: ›Magda Newsam bedauert sehr, dass ihre Schwester kein Taktgefühl besitzt.‹«
»Oder wir rufen eine Catherine-Newsam-Stiftung für Taktgefühl und diplomatisches Benehmen ins Leben«, schlug Catherine vor. »Tut mir leid, Charlie. Wenn mich jemand oder etwas interessiert, dann rede ich einfach drauflos, ohne die Konsequenzen zu bedenken.«
»Lass ruhig weiter deinen Charme spielen«, riet ihr Charlie. »Das schützt dich vielleicht davor, allzu oft eins auf die Nase zu bekommen.«
Für einen winzigen Moment wirkte Catherine erschrocken, dann prustete sie los. »Haha, das ist heftig«, lachte sie anerkennend. »Wenn du die Sache anders siehst, dann erklär uns doch mal,
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