Alle Singen Im Chor
nicht zu leugnen.
«Was, zum Teufel! Willst du damit sagen, dass Jukka tatsächlich ermordet worden ist?» Es war ihm am Gesicht abzulesen, wie sehr ihn meine Worte erschreckt hatten.
«So sieht es jetzt langsam aus.»
«Von was für einer Mordwaffe redest du?»
«Von einer Axt, die unter der Sauna versteckt war. Die Laboruntersuchungen haben ergeben, dass es sich um die Tatwaffe handelt.»
«Ach, die Axt.» Ein zaghaftes Lächeln schlich sich in seine Mundwinkel. «Mit der hab ich am Samstagabend mindestens einen halben Kubikmeter Holz gehackt. Die Peltonens besitzen nur eine einzige brauchbare Axt. Typisch für sie – Rindenschäler haben sie mindestens vier verschiedene. Das kann dir jeder bestätigen – das mit dem Holzhacken meine ich, nicht das mit den Rindenschälern. Und wenn du noch einen Beweis brauchst, ich hab mir dabei Blasen geholt, hier, guck sie dir an!» Antti legte die Hände umgedreht auf den Tisch, und ich konnte nicht umhin, die langen, schmalen Finger zu betrachten. Und die Blasen auf der Handfläche.
«Ganz schön verweichlicht, wenn man von so einem bisschen Holzhacken Blasen kriegt. Natürlich sind meine Fingerabdrücke auf der Axt.»
«Später am Abend hast du sie dann nochmal verwendet, zum Töten.»
«Verdammt nochmal, was soll das denn heißen?»
«Du hast kaltblütig einen Fisch ermordet …» Anttis angespannte Gesichtszüge lockerten sich, er fing an zu lachen. Es schien ihm gut zu tun. Ich hätte beinahe mitgelacht, riss mich aber zusammen.
«Schon recht, den hab ich ermordet. Es half ja nichts, dabei hätte ich den armen Fisch lieber wieder ins Wasser gelassen.
Offensichtlich ist die Axt dann auf dem Steg liegen geblieben, und … O du verdammte Scheiße!»
«Hast du eigentlich deine Katze wieder gefunden?»
«Einstein? Ja, der lag schlafend auf dem Saunadach, als ich kam. Da liegt er nachmittags gern in der Sonne, wenn wir in Vuosaari sind. Einstein ist unter der Sauna geboren, er ist ein Junges von Peltonens Katze, die inzwischen schon nicht mehr lebt.»
Antti taute sichtlich auf, als er von seiner Katze sprach, aber ich musste wieder zum Thema kommen.
«Wie hoch waren deine Schulden bei Jukka?»
«Schulden bei Jukka? Was redest du denn jetzt schon wieder für einen Quatsch? Ich hab keine Schulden bei Jukka! Wieso?»
«Wer war denn bei ihm verschuldet?»
«Tuulia bestimmt, aber das kann keine große Summe sein. Jyri hat immer finanzielle Probleme, anders kenne ich ihn gar nicht. Jukka hat ihm ziemlich viel geliehen, glaub ich. Jyri kann überhaupt nicht mit Geld umgehen. Er spendiert schönen Mädchen Champagner in den besten Restaurants, so in dem Stil. Jukka hat sich ihm gegenüber immer wie ein großer Bruder gefühlt und wollte ihm bestimmt helfen.»
«Okay. Wir werden das nachprüfen. Du hast gestern die Beziehung zwischen Jukka und Piia erwähnt. Wie war die?»
Antti schaute verlegen.
«Wenn ich das wüsste … Im Allgemeinen war es Jukkas Frauen genau anzusehen, welche Funktion sie für ihn hatten. Er hat nur zwei ernst zu nehmende Freundinnen gehabt, Jaana und vorher in der Schule eine, die hieß Minna. Die anderen …» Antti breitete die Arme aus. «Piia war irgendwie ein besonderer Fall. Mit mir hat Jukka nicht viel über sie gesprochen, wahrscheinlich weil er wusste, wie ich darüber dachte. Vielleicht war er zum ersten Mal in seinem Leben wirklich verliebt. Das werden wir wohl nie erfahren.»
«Wohl nicht. Ist dir noch irgendetwas eingefallen, was Licht auf diesen Fall werfen könnte?»
«Nein. Die ganze Geschichte ist völlig absurd. Ich hab Angst. Die ganze Nacht hab ich über meine alten Bekannten nachgedacht, über Piia und Tuulia zum Beispiel, und mich gefragt, ob einer von ihnen meinen besten Kumpel umgebracht haben könnte. Und heute kommst du an und erzählst mir, dass Jukka tatsächlich ermordet worden ist. Ist dir überhaupt klar, was jetzt passiert? Wir werden uns alle gegeneinander stellen, um unsere eigene Haut zu retten. Ich hab jetzt schon das Gefühl, dass ich dir schleunigst einen Mörder präsentieren muss, bevor du mich verhaftest.
Und dann der IOL …», fuhr Antti nach kurzem Schweigen fort. «Unser Chorleiter, Toivonen, heißt bei uns nur Herr Hoffnungslos. Er hat mich heute angerufen und seinem Spitznamen alle Ehre gemacht. Mirja hatte ihm schon berichtet, was passiert ist. Der beste Bass ist tot, ein gut bezahlter Auftritt fällt ins Wasser, der Chor macht negative Schlagzeilen, und obendrein ist wahrscheinlich eine der
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