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Alle Singen Im Chor

Alle Singen Im Chor

Titel: Alle Singen Im Chor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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sogar nur einen Jungennamen überlegt. Meine Mutter war fest davon überzeugt gewesen, dass sie einen Markku unter dem Herzen trug, weil ich so energisch gestrampelt hatte. Später hatte ich dann versucht, ihnen den Sohn zu ersetzen, weil auch meine kleinen Geschwister Mädchen waren. Ich hatte mir sogar den Traumberuf jedes kleinen Jungen ausgesucht.
    Erst vor ein paar Jahren war mir allmählich aufgegangen, dass meine Eltern nicht für die Unstimmigkeiten in meinem Leben verantwortlich waren. Ich hatte sogar einige Annäherungsversuche unternommen, aber es war zu spät. Zwischen uns herrschte ein höflicher Status quo, an dem sich wahrscheinlich nichts mehr ändern würde. Nur manchmal, wenn ich meine Mutter und meine jüngeren Schwestern fröhlich miteinander schwatzen hörte, fühlte ich mich wie ein Kind, das ohne eigene Schuld von einem schönen Spiel ausgeschlossen wird.
     

 
     
     
     
Zwölf
     
     
    Strahlt einstmals neuer Frühling und neues Morgenrot
     
    Ich verfrachtete meine Eltern in den Flughafenbus, der um Viertel nach fünf abfuhr, und kroch für ein paar Stunden wieder ins Bett. Ich schlief unruhig. Im Traum saß ich am Meer und versuchte, meine Mutter herauszuangeln, die zusammengeschlagen und bis zur Unkenntlichkeit entstellt worden war. Als es mir endlich gelang, sie aus dem Wasser zu ziehen, hatte sie sich in Tuulia verwandelt, die ich verzweifelt küsste, um sie zum Leben zu erwecken.
    Ich fuhr mit dem Rad nach Pasila. Als ich am Vergnügungspark Linnanmäki vorbeifuhr, löste sich der Nebel allmählich auf, und das Riesenrad kam zum Vorschein. Hoffentlich war diese Morgendämmerung ein gutes Omen. An der Ampel musste ich bremsen, dabei sprang die Kette ab. Beim Reparieren brachte ich es fertig, meine besten Jeans mit Fahrradöl zu verzieren. Ich kam erst um zehn nach acht im Präsidium an, nachdem die Kette unterwegs noch einmal abgesprungen war. Im Vorbeigehen warf ich einen Blick in Kinnunens Zimmer, aber es stand leer. War er immer noch im Saufurlaub? Auf meinem Schreibtisch lag bereits ein Zettel mit der Bitte, Heikki Peltonen anzurufen, und ein zweiter mit der Aufforderung, mich beim Chef zu melden.
    Ich rief zuerst Peltonen an, der Jukkas Autoschlüssel vermisste. Er vermutete die Zweit- und Drittschlüssel noch bei uns.
    «Ich habe die ganze Zeit nur einen Satz Schlüssel gesehen, die, die im Zündschloss steckten. Ersatzschlüssel haben wir weder in Vuosaari noch in Jukkas Wohnung gefunden.»
    «Seltsam. Ich bin sicher, es existieren mindestens zwei Ersatzschlüssel. Wir wollen den Wagen verkaufen, sobald die Nachlassaufstellung abgeschlossen ist, aber nun müssen wir neue Schlösser einbauen lassen.»
    Ich musste an die Nachricht von ÄM denken, der sich das Auto ausborgen wollte. Hatte er die verschwundenen Schlüssel? Was hatte ÄM mit dem Wagen gemacht? Drogen transportiert? Warum ausgerechnet in Jukkas Wagen? Ich versuchte Peltonen davon zu überzeugen, dass wir mit den Ermittlungen vorankamen, sagte ihm aber noch nicht, dass die Wahrheit über seinen Sohn, die sich allmählich herausschälte, alles andere als angenehm war.
    Tapsa hatte seine Tonbänder noch nicht bekommen. Widerstrebend machte ich mich auf den Weg zum Chef, um ihm über meine aktuellen Fälle Bericht zu erstatten. Er blies mir Zigarrenqualm in die Augen und hörte sich mit ungläubigem Gesicht meine Theorien von Jukkas Verstrickung in Sex-, Schnaps- und Drogengeschäfte an.
    «Aha. Wie viel davon ist denn beweisbar, und wie viel ist Phantasie – oder sollte ich von weiblicher Intuition sprechen?» Ich berichtete ihm von Koivus Exkursen, von Arhela und von den Schnapsflaschen. Die Analyse des Inhalts sollte ich im Lauf des Tages bekommen.
    «Der Mörder wäre also doch jemand von außen?»
    «Nicht unbedingt. Zumindest glaube ich, dass ein Teil meiner Verdächtigen in diese Schnapsgeschichte verwickelt ist.»
    «Die Theorien sind prächtig, aber wir brauchen Ergebnisse!» Wieder schwebte eine Rauchwolke auf meine Augen zu. «Ich gebe dir bis Freitag Zeit. Bis dahin solltest du den Mörder gefasst haben. Ich hab alle Hände voll zu tun, die Boulevardzeitungen zum Stillschweigen zu bewegen.»
    «Bin ich denn weiterhin hauptverantwortlich mit dem Fall beschäftigt? Was ist mit Kinnunen?» Der Chef sah plötzlich verlegen aus.
    «Na, Kalevi ist natürlich …», fing er an zu stammeln, riss sich dann aber zusammen. «Kinnunen trägt natürlich letztlich die Verantwortung für alles, was in seiner Abteilung

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