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Alle Tränen dieser Erde

Alle Tränen dieser Erde

Titel: Alle Tränen dieser Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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»Bitte, trag sie sofort zu Mr. Jan hinein.«
    »Ich trage sie sofort zu Mr. Jan hinein«, sagte Pig Iron ohne eine Andeutung von Trotz; er war nur mit den alten ›Multi-Syllog‹-Sprechplatten ausgestattet.
    Als Pig Iron mit dem Tablett um die Ecke bog, hörte Hippo eine dünne Stimme, an Lautstärke rasch zunehmend, sagen: »… Annektierung des Suezzeus-Kanals auf dem Mars 2162 ist eine der farbigsten…« Er klopfte an Mr. Freuds Tür und steckte den Metallschädel hinein.
    Freud war über eine riesige Kritikerliste gebeugt, während Bucket neben ihm Haltung angenommen hatte.
    »Streich den Merkur-›Merkur‹ – seit 72 haben die kein Buch mehr von uns besprochen«, sagte er, als er aufsah.
    »Mr. Jan erwartet Gavotte von Rootes zu einer Heimkehr-Einrichtungs-Besprechung, Sir, und nimmt an, daß Sie sich anschließen werden. Serviert werden Gin-Corallinas«, sagte Hippo.
    Freuds Miene verfinsterte sich.
    »Sag ihm, ich sei beschäftigt. Das war seine Idee. Soll er mit Gavotte selbst fertig werden.«
    »Ja, Sir.«
    »Und daß das höflich klingt, du rüder Roman.«
    »Ja, Sir.«
    »Okay, verschwinde. Ich habe zu tun.«
    »Ja, Sir.«
    Hippo zog sich durch den Korridor zurück, und eine kaum vernehmbare Stimme steigerte sich zu einem Brüllen.
    »… ische Annektion des Suezzeus-Kanals auf dem Mars 2162…«
    Inzwischen wandte sich Freud zornig Bucket zu.
    »Hörst du das, du Blechgespenst? Ein Mann kommt von einem der Konzerne, die euch bauen, und er wird an euch herumfummeln. Und er wird in jedem von euch ein kleines Gerät einbauen. Und weißt du, was dieses kleine Gerät macht?«
    »Ja, Sir, das Gerät – «
    »Du hältst den Mund und hörst zu, während ich es dir sage. Du sagst nicht mir etwas, Bucket, sondern ich sage es dir. Das kleine Gerät wird es euch Plastikplazenta-Apparaturen erlauben, heimzugehen, wenn ihr nicht arbeitet! Ist das nicht wunderbar? Mit anderen Worten, ihr werdet den Menschen ein bißchen ähnlicher, und so werden diese scheußlichen kleinen Verbesserungen eine nach der anderen angebracht, bis ihr endlich genau wie Menschen sein werdet…O Gott, die Menschen sind verrückt, wir sind alle verrückt… Sag etwas, Bucket.«
    »Ich bin nicht menschlich, Sir. Ich bin ein Vielzweck-Roman, ein Roman, hergestellt von de Havilland, einer Tochter der Rootes-Gruppe im Besitz der Chrysler Corporation. Ich bin von der Governor-Klasse, Serie II MK II, Chassis Nr. A 4437.«
    »Dank für die freundlichen Worte.« Freud stand auf und begann hin- und herzugehen. Er starrte die leidenschaftslose Maschine scharf an. Er ballte die Fäuste, und unwillkürlich schob sich seine Zunge zwischen die Zähne.
    »Du kannst dich nicht fortpflanzen, Bucket, oder?«
    »Nein, Sir.«
    »Warum kannst du das nicht?« – »Ich habe keinen Fortpflanzungsmechanismus, Sir.«
    »Noch kannst du kopulieren, Bucket… Gib Antwort, Bucket.«
    »Sie haben mir keine Frage gestellt, Sir.«
    »Du wandernder Blechhaufen, ich sagte, du könntest nicht kopulieren. Gib mir recht.«
    »Ich gebe Ihnen recht, Sir.«
    »Gut. Dann bist du nichts anderes als ein tickender Uhrwerkklumpen, nicht wahr, Bucket? Kannst du dich ticken hören, Bucket?«
    »Meine akustischen Schaltungen nehmen das Funktionieren meiner eigenen Relais sowie das Funktionieren Ihres Herzens und Ihrer Atmungsorgane wahr, Sir.«
    Freud blieb hinter seinem Diener stehen. Sein Gesicht war rot; sein Mund hatte sich über das halbe Gesicht ausgedehnt.
    »Ich sehe, ich muß dir wieder zeigen, wer hier Herr ist, Bucket. Hol mir die Peitsche!«
    Ohne Zögern ging Bucket mit schlaffen Knien zu einem Wandschrank. Er öffnete ihn, tastete darin herum und zog eine lange Afrikaner-Ochsenpeitsche heraus, die Freud vor einigen Jahren von einer Weltreise mitgebracht hatte. Er reichte sie seinem Herrn.
    Freud griff danach und schlug sofort damit zu. Er erwischte den Roman an den Füßen, so daß dieser taumelte. Erfreut sagte Freud: »Wie war das, hm?«
    »Danke, Sir.«
    »Ich werde dir ›Danke‹ geben. Bück dich über meinen Schreibtisch!«
    Als der Roman sich über die Kritikerliste beugte, legte Freud los und hieb die lederne Peitschenschnur in regelmäßigen Fünfzehnsekunden-Abständen mit nachtönender Präzision über Buckets Rücken.
    »Ah, das mußt du fühlen, was du mir sonst auch vormachst. Sag mir, daß du es fühlst!«
    »Ich fühle es, Sir.«
    »Ja, nun, du brauchst nicht zu glauben, daß du eine Heimkehr-Einrichtung bekommst und heimgehen darfst… Du bist kein

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