Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Tränen dieser Erde

Alle Tränen dieser Erde

Titel: Alle Tränen dieser Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
Vom Netzwerk:
Augenblicklich murmelte eine Stimme neben ihm im Verschwörerton: »… kische Annektierung des Suezzeus-Kanals auf dem Mars…« und erstarb langsam, als die Marke wieder verschwand.
    »RSV? Ich helfe Ihnen gern, Captain. Wen oder was suchen Sie?«
    »Ich möchte einen gewissen Frederick Freud sprechen, der in diesem Gebäude arbeitet«, sagte Pavment plötzlich im Amtston, da ihn der Anblick seiner eigenen Dienstmarke beruhigt hatte. »Könnten Sie mir freundlicherweise mitteilen, wo ungefähr sein Aufenthaltsort zu suchen ist?«
    »Gewiß. Ich bin selbst auf dem Weg zu Mr. Freud. Bitte, folgen Sie mir. Nichts Ernstes, hoffe ich, Captain?«
    »Sagen wir, nichts, was sich nicht der Befragung öffnen sollte.«
    Birdlip ging voraus und sagte: »Vielleicht sollte ich mich vorstellen. Ich bin January Birdlip, Seniorpartner dieser Firma. Ich bin gern bereit, Sie in jeder Beziehung zu unterstützen.«
    »Vielleicht nehmen Sie an unserer kleinen Diskussion lieber teil, Mr. Birdlip, da die – Verstöße in Ihrem Haus stattgefunden haben.«
    Sie klopften und betraten Freuds Zimmer.
    Freud blickte auf einen kleinen Bereich der City hinunter. London war stiller als jemals, bevor Tacitus’ ›ungeschlachte Krieger‹ vor zweiundzwanzig Jahrhunderten den dort landenden römischen Eindringlingen entgegengestürmt waren. Die schrumpfende Bevölkerung hatte die Straßen geleert; der Untergang von Parlamentariern, Finanziers, Industriekapitänen, Spekulatoren und Planern hatte hektargroße Flächen verlassen, aber intakt bestehen lassen, verfallend, aber nicht zerstört, gestrandet wie ein Schiff ohne Ruder, und doch nicht ohne Staunen am Ufer der Geschichte.
    Freud drehte sich um und sagte: »Heiß, nicht wahr? Ich glaube, ich gehe heim, Jan.«
    »Bevor Sie gehen, Freddie, der Herr hier ist Captain Pavment vom RSV.«
    »Das wird er auch noch sein, wenn ich fort bin, nicht?« fragte Freud mit gespieltem Erstaunen.
    »Ich komme in einer bestimmten Angelegenheit, Sir«, sagte Pavment fest, aber respektvoll. »Ich glaube, es ist besser, wenn Ihr Roman hier das Zimmer verläßt.«
    Freud machte eine kleine besiegte Geste, setzte sich auf die Schreibtischkante und sagte: »Bucket, verlaß das Zimmer.«
    »Ja, Sir.« Bucket ging.
    Pavment räusperte sich und sagte: »Vielleicht wissen Sie, warum ich hier bin, Mr. Freud.«
    »Ihr Quälgeister habt einen Spionsender eingesetzt, wie? Da haben wir nun eine friedliche Periode der Geschichte erreicht, wo der Mensch zum erstenmal damit zufrieden ist, seinen eigenen Interessen nachzugehen, ohne seine Nachbarn zu belästigen, und ihr Typen verfolgt bewußt eine gegensätzliche Politik der Einmischung. Ihr seid nichts als Konformisten!«
    »Der RSV beruht auf freiwilliger Basis.«
    »Genau das mißfällt mir an ihm. Ihr meldet euch freiwillig dazu, eure Nasen in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken. Also, sagen Sie, was Sie zu sagen haben, und bringen wir’s hinter uns.«
    Birdlip wand sich nervös an der Tür.
    »Wenn Sie möchten, daß ich gehe – «
    Die beiden Männer brachten ihn mit Handbewegungen zum Schweigen, und Pavment sagte: »Die Situation ist nicht so einfach, wie Sie meinen, Sir, das weiß der RSV recht gut. Dies ist, wie Sie sagen, eine Zeit, in der die Menschen miteinander besser auskommen als je zuvor; aber die herrschende Meinung gibt dafür als Grund entweder den Fortschritt oder die Tatsache an, daß es weniger Menschen gibt, mit denen man auskommen muß.«
    »Beides ausgezeichnete Gründe, würde ich sagen«, erklärte Birdlip.
    »Der RSV meint, daß es einen viel besseren Grund gibt. Der Mensch stößt mit dem Mitmenschen nicht mehr zusammen, weil er alle seine bösen Launen an seinen Dienstboten ausläßt – und heute gibt es für jede Person vier Romen und zahllose Roboter. Die Romen sind die Prügelknaben der Zivilisation, so wie es früher Neger, Juden, Christen oder andere Minderheiten gewesen sind.«
    »Da ich selbst als Neger spreche, bin ich ganz für den Wandel«, meinte January Birdlip.
    »Aber bedenken Sie, was folgt«, fuhr Pavment fort. »Früher wurde die Krankheit eines Menschen, weil sie sich gegen seine Mitmenschen wandte, erkannt und konnte so behandelt werden. Jetzt wendet sie sich gegen seinen Roman, und der Roman sagt nie etwas. Die Neurosen des Betreffenden verwurzeln sich in ihm und blühen auf.«
    Freud wurde rot im Gesicht und sagte: »Ach, das ergibt sich aber doch nicht zwangsläufig.«
    »Der RSV hat Hinweise darauf, daß geistige

Weitere Kostenlose Bücher