Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
zugekickt von Erhard Schmitz und Boris Kowalewski, die auch beide Sechsen geschrieben hatten. Denen waren ihre Noten vollkommen schnurz.
Eine Lehrerin, die ich nicht kannte, kam zu mir, um mich zu trösten, und der schüttete ich mein Herz aus.
»Und jetzt fürchtest du dich davor, was deine Eltern sagen werden?«
Sagen ist gut.
»Was werden die dir denn tun?«
Mich verprügeln natürlich.
»Na, na, na, so schlimm wird’s schon nicht werden«, sagte die Lehrerin, aber da war ich mir nicht so sicher.
Ich mußte Mamas Unterschrift fälschen. Dann brauchte ich das mit der Sechs niemandem auf die Nase zu binden. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Wir saßen beim Nachtisch, als das Telefon klingelte. Mama ging ran, und als sie wiederkam, sagte sie, das sei eine Frau Rademacher gewesen, Lehrerin am Eichendorff, und die habe ihr nahegelegt, nicht zu hart mit mir ins Gericht zu gehen wegen der Sechs in Biologie.
Mir blieb der Pudding im Halse stecken. Hätte ich der alten Kuh doch bloß nichts gesagt! Was mischte die sich denn hier ein? Und woher hatte die unsere Telefonnummer?
»Nun sitz nicht da wie so ’n Ölgötze!« sagte Mama. »Du bist doch sonst nicht auf den Mund gefallen!« Weshalb ich denn die Sechs mit keiner Silbe erwähnt hätte bis jetzt?
Ich sagte, ich hätte noch bis nach dem Essen warten wollen.
Weil Oma und Opa da waren und ich nicht gut vor deren Augen vertrimmt werden konnte, kam ich glimpflich davon. Papa hüllte sich in Schweigen, und Opa, der früher selbst Lehrer gewesen war, sagte, bei einem guten Schüler sei eine Sechs kein Grund zur Aufregung. Sowas komme in den besten Familien vor. Das sei Künstlerpech.
Knutschen können hätte ich Opa dafür. Aber als rauskam, daß ich meine Armbanduhr verbaselt hatte, war auch Opa böse auf mich, und von Papa kriegte ich vor versammelter Mannschaft eine gepflastert.
»Und jetzt geh die Uhr suchen!« rief Mama.
»Hab ich schon.«
»Dann such nochmal!«
Mantel, Fuß und Rumpf der Muschel. Wer von Tuten und Blasen keine Ahnung habe, gehöre hinter sein Biologiebuch statt ins Wambachtal, sagte Mama, und ich hatte nicht viel zu lachen, bis ich im Eichendorff auf dem Korridor vorm Musikzimmer ein Zweimarkstück fand.
Am Kiosk beim Busbahnhof hatte ich die Qual der Wahl. Ich entschied mich für Nappos und Salinos und nahm einen Bus später, um Michael Gerlach nichts abgeben zu müssen.
Am Busbahnhof war auch das Verkehrsamt. Was die da wohl zu arbeiten hatten. Verkehr war doch von ganz alleine.
Die Rückfahrt verbrachte ich damit, mir die Lakritze aus dem Gebiß zu knibbeln.
Weil er den Schweinefraß in der BWB-Kantine nicht mochte, fuhr Papa mittags immer nachhause, aber erst so spät, daß man nach Schulschluß noch Zeit hatte, in Koblenz rumzuspazieren.
Vorm Kaufhof pries ein schnauzbärtiger Marktschreier einen Zick-Zack-Zylles an oder Teflonpfannen.
Auf dem Bürgersteig nicht auf die Ritzen treten und in den Eingängen von Kaufhäusern nicht einatmen, weil in den Warmluftschleiern Schnupfenbazillen zirkulierten.
In der Spielzeugabteilung vom Kaufhof besah ich mir die Matchbox-Autos. Alle unerschwinglich, aber schnittiger als unsere alten Schrottkarren, und ich schob mir, ohne lange zu überlegen, das erstbeste Auto samt Verpackung unter den Parka, so wie seinerzeit Ingo Trinklein, klemmte es mit dem Arm fest und ging zitternd zur Rolltreppe.
Keiner hielt mich auf. So leicht konnte man die Eierköpfe da überlisten! Mit dem Auspacken wartete ich aber noch, bis ich außer Sichtweite war.
Eine weiße Luxuslimousine. Die Verpackung schmiß ich weg, und nach dem Mittagessen verzog ich mich in den Hobbyraum. Der Schlitten fuhr wie eine Eins und schnurgeradeaus, nicht wie die anderen Dinger, die Linksdrall oder Rechtsdrall hatten.
Klein, aber mein.
Damit Mama nichts merkte, wühlte ich das Auto in der Spielzeugkiste unter. Jetzt wollte ich auch die übrigen Spielzeugabteilungen abklappern.
Fuchs, du hast die Gans gestohlen!
Ich versorgte mich bei Quelle und in der Kaufhalle auf die bewährte Tour: Verpackung in die Hand nehmen, kucken, ob jemand kuckt, Auto unter den Parka schieben und ab. In der Kaufhalle ließ ich gleich drei Autos mitgehen, einen Oldtimer mit hohen Heckflossen, einen Sportwagen mit dunkelblauer Windschutzscheibe und einen goldenen Mercedes, bei dem man alle vier Türen, die Kofferraumklappe und die Motorhaube aufmachen konnte.
Im Hobbyraum ließ ich die Autos auf der freigeräumten Strecke zwischen Wand
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