Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
und ich gab Renate Geld für den neuen Kicker mit.
Den schmiß sie mir mittags aufs Bett. »Hier, dein schwachsinniges Heft!« Da stehe nur bestußter Käse drin über Fußballer mit gebrochenen Beinen.
Offenbachs Beinbruch-Serie: Fünf Knochenbrüche in dreizehn Monaten.
Bernhard Dietz hatte bloß die Note 2 gekriegt.
Aus England hatte Papa ein Beer-Brewery-Set mitgebracht und versuchte, Bier damit zu brauen. Dabei kam eine Brühe raus, die zum Himmel stank wie faule Eier. Mama riß die Fenster auf, und Papa lief mit dem Pott in den Garten, um das Bier auf den Komposthaufen zu kippen.
Ich mußte jetzt jeden Donnerstag nach Vallendar latschen zum Katechumenunterricht in einem Gebäude hinter der evangelischen Kirche. Da mußte auch Michael Gerlach hin. Der Unterricht wurde uns von Frau Frischke erteilt. Unter deren Fuchtel saß man säuberlich gescheitelt auf dem Stuhl rum, hörte sich Vorträge über Brotvermehrung, Almosen und Nächstenliebe an und versuchte, nicht aufzufallen. Es waren auch vier pummelige Mädchen dabei. Auf den Fensterbänken standen Zimmerpflanzen mit Staub auf den Blättern.
Frau Frischkes Lieblingsausdrücke waren »zünftig« und »diesen da«. »Dann feiern wir ein zünftiges Fest, und anschließend machen wir diesen da!« Dabei tat sie dann so, als ob sie mit einem Besen den Boden fege.
Wir sollten herausfinden, was Jesus uns persönlich zu sagen habe. Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt.
Auf dem Rückweg kam man am Tor der Marienburg vorbei, wo eine Gedenktafel hing mit der Nachricht, daß Goethe da zweimal gepennt hatte.
Dann den Wilgeshohl hoch. Wir versuchten immer zu trampen, aber es klappte nur ein einziges Mal, als eine von Michaels Schwestern zufällig mit ihrem schwarzen Mini-Cooper vorbeikam.
Einmal standen wir schon zwanzig Minuten lang im Regen, und dann kreuzte ein Mädchen mit knallengen kurzen Jeans auf, stellte sich vor uns hin, hielt den Daumen raus und wurde gleich vom ersten Auto mitgenommen.
Ein anderes Mal fuhr Frau Frischke an uns vorbei und ließ uns stehen. Als ob wir Luft für die gewesen wären.
Das war ja wohl der Gipfel. Die sollte uns bloß nochmal was von christlicher Nächstenliebe vorsülzen, und daß Geben seliger sei denn Nehmen. Die hatte doch den Arsch offen.
Als Ersatz für den labberigen Schulranzen kaufte ich mir in Koblenz von meinen Ersparnissen eine Henkeltasche mit Aztekenmuster und Fransen. Mama war davon nicht begeistert.
Bis auf den Diercke paßte aber alles rein. Bücher, Hefte, Rechenschieber, Zirkelkasten, Ratzefummel und Pausenbrot.
Gut war immer, wenn einer mitten in der Stunde einen Flummi warf, der dann wie wild im Klassenzimmer rumsprang.
In Französisch war ich keine Leuchte. Je suis, tu es, il est, nous sommes, vous êtes, ils sont, da stand ich wie der Ochs vorm Berge. Ich schrieb eine Fünf und kriegte Nachhilfestunden von Renate. »Jetzt mußt du bimsen«, sagte Mama. Ich sollte mich auf den Hosenboden setzen und mein Hirnschmalz benutzen. »Du hast genug auf der Pfanne, du Faulpelz! Noch eine Fünf, und ich zieh dir das Fell über die Ohren!«
Mama war als junge Frau mal in Paris gewesen und hatte noch ihre alten Vokabelhefte aus der Zeit. Die wurden mir jetzt vorgezeigt. Ohne Fleiß kein Preis.
Renate mußte mir auf die Sprünge helfen, und dann hörte Mama mich ab. »Das war aber ’ne schwere Geburt«, sagte sie, auch wenn ich fast alle Vokabeln gewußt hatte. »Da mußt du dich nochmal hinterklemmen.« In Fleisch und Blut müsse mir das übergehen.
Übung mache den Meister.
Nach ein paar Stunden hatte ich den Bogen raus. Qu’est-ce qu’il y a au marché? Il y a des fruits. Il y a des bananes, des melons, des oranges et des citrons.
Für die nächste Arbeit kriegte ich eine Zwei, und der Schlaumeier hatte unten druntergeschrieben: »Es geht also auch so!«
Vom Roten Kreuz kam ein Herr Wunderlich in die Klasse und brachte uns was über Erste Hilfe bei. Stabile Seitenlage, Schlagadern und Mund-zu-Mund-Beatmung. Dessen Adamsapfel stand vom Hals ab wie ein Vogelhaus vom Baumstamm. Einmal hatte Herr Wunderlich Erste Hilfe geleistet, als einer Frau von einer Straßenbahn beide Beine abgefahren worden waren, und ein anderes Mal hatte er jemandem das Leben gerettet, der am Nebentisch im Restaurant mit Herzinfarkt vom Stuhl gefallen war.
Überall, wo dieser Herr Wunderlich hinkam, passierten Unfälle, und ich war froh, als er wieder weg war.
In Chemie seierte der Bobesch was über Stickstoffdioxid und
Weitere Kostenlose Bücher