Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
zunächst einen ausführlichen Term. Forme diesen dann in einen kürzeren um. Beachte: In einer Raute sind alle vier Seiten gleich lang.
Das half mir auch nicht viel weiter.
Die Raute soll zu einem räumlichen Modell mit der Höhe b ausgebaut werden. Wie lang muß der Draht insgesamt sein? Schreibe dazu mehrere Terme in einer Gleichungskette auf.
Gleichungskette? Da hätten sie von mir auch gleich verlangen können, in echt aus Draht ’ne Raute herzustellen. Aber halt – da standen ja auch die Lösungen, gleich untendrunter!
a) Für die Länge des Drahtes gilt: a + a + a + a = 4 · a.
b) Für die Gesamtlänge des Drahtes gilt z.B.: 4 · a + 4 · b + 4 · a = a + a + a + a + a + a + a + a + 4 · b = 8 · a + 4 · b.
Da wär ich nie drauf gekommen. Aber wenn die Lösungen im Buch standen, konnten wir den Mist ja wohl kaum als Hausaufgabe aufgekriegt haben. Sondern vermutlich den Scheiß auf der nächsten Seite:
Bestätige durch Einsetzen, daß ...
Wie bitte? Was sollte das denn nun wieder heißen? Wenn da gestanden hätte »Schlumpfe durch Schlumpfen«, dann hätte ich genausoviel gerafft.
Bestätige durch Einsetzen,
also mit anderen Worten: Schlumpfe durch Schlumpfen,
daß bei 7a + 2a = 9a die Terme links und rechts vom Gleichheitszeichen jeweils denselben Wert ergeben.
Oder die Schlumpfe denselben Schlumpf.
Wähle 1; 2; 3; 0; (– 1); (– 2) für a. Lege dazu eine Tabelle an.
Tabelle? Was für ’ne Tabelle? Und »dazu«? Zu was? Zum Wählen? Oder zum Bestätigenkack durch Einsetzenfickfack?
Wähle 3 3 3 auf dem Telefon ... Mann, Mann, Mann, was war doch Mathe für ein geisteskrankes, bekotztes Wildschweingefurze. Zu nichts, aber auch zu gar nichts nutze. Und wenn’s außer Mathepauker wirklich irgendwo auf der Welt noch einen Beruf gab, für den man sich mit Termen und Rauten und Gleichheitsketten auskennen mußte, dann würde ich den nie im Leben ergreifen.
Als Mama wieder da war, erzählte sie, daß die Wohnung in der Mühlenstraße verwaist gewesen sei gestern abend, aber dann hätten sie Oma und Opa glücklich auf dem Altstadtfest angetroffen, auf dem Kirchplatz, im dicksten Gewühle.
Um halb sieben rief Tante Dagmar an und sagte, daß ich ihr altes Fahrrad haben könne. Das werde sie mir bei ihrem nächsten Besuch mitbringen, aber da müsse ich mich noch etwas in Geduld üben. »Ich fahr erst mal nach Abano Terme und aale mich da im Fangoschlamm.«
Was daran wohl so schön war, sich im Schlamm zu winden? Aber Hauptsache, daß ich bald ein vernünftiges Fahrrad kriegte, für das ich mich nicht schämen mußte, wenn ich damit auf dem Schulhof eintraf.
Zu ihrem 46. Geburtstag schenkte ich Mama einen Gutschein für dreimal Staubsaugen im Wohnzimmer.
Am Dienstag stellte sich heraus, daß der Religionsunterricht nur für Katholiken war, und ich durfte nachhause fahren. Nun hatte ich noch zwei Stunden weniger Schule und zusammengerechnet sogar vier weniger als Wiebke. Mama kam das spanisch vor.
Nachdem ich ihr oft genug in den Ohren gelegen hatte, rief sie beim SV Meppen an und fragte nach den Trainingszeiten für Jugendspieler. Die Jugend, hieß es, trainiere dienstags und donnerstags am Nachmittag, und ich stieg in meine Fußballschuhe. Die Leutchen würden sich noch wundern beim SV Meppen: Ich würde als deren erster Nationalspieler in die Fußballgeschichte eingehen, und wenn alles nach Plan lief, würde ich den Verein von der Amateurliga in die Bundesliga führen und dann irgendwann zu Borussia Mönchengladbach wechseln, meinem Traumverein, mit dem ich zehnmal nacheinander Deutscher Meister und auch zehnmal Sieger im Europapokal der Landesmeister werden wollte. Im Verbund mit Kalle Del’Haye, Rainer Bonhof und Jupp Heynckes würde ich auch die Nationalmannschaft neuen Erfolgen entgegenführen, wenn ich mich beim SV Meppen bewährt hatte.
»Das ist genau das richtige für deine überschüssigen Kräfte«, sagte Mama, als sie mich dem Trainer vorgestellt hatte. Uli Möller hieß der. Er ließ sich von mir ein paar Schüsse zeigen und teilte mich dann der C-Jugend zu.
Zu meinem Entsetzen zitierte mich der Schlüter in Franz nach vorne, und ich sollte so tun, als ob ich ein Kunde auf einem französischen Wochenmarkt wäre und dem Schlüter was abkaufen wollte. Pommes de terre et legumes. Des petits pois, des carottes et des tomates. Als ich das vollbracht hatte, im Schweiße meines Angesichts, sollte ich auch noch Wurst kaufen. Wie hieß noch mal das Wort für Wurst? Fleisch war viande und
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