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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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Siegesfeier in Meppen auf seinen Schultern durch die Innenstadt zu tragen ...
    Den Kunstunterricht erteilte ein bärtiger Lehrer namens Lorber in einem Neubautrakt mit riesigen Fenstern. Wenn ich mich nicht verhört hatte, standen einem da praktische Übungen mit dem Werkstoff Ton bevor, und nach der Pause ging’s im Gänsemarsch zum Sprachlabor, wo man sich Kopfhörer aufsetzen, Knöpfe drücken und verwickelte, auf französisch gestellte Fragen beantworten sollte. Das beste an der Stunde waren die vielen Unterbrechungen. Beim Albers wackelte der Stuhl, beim Dralle überlagerte ein Fiepton die Stimme aus dem Kopfhörer, und beim Holzmüller funktionierte überhaupt nichts.
    Zu Oma Jevers 70. Geburtstag hatte Mama ein Gedicht geschrieben, das sie bei der Feier in Jever vortragen wollte.
    Mutti siebzig, Vati achtzig –
    Das ist mal ein Jubiläum!
    Ist man da Chronist, man sagt sich:
    Lüttjes’ Sippe, ja, die macht sich!
    Und kein Hauch da von Museum.
    Das war nur die erste von unglaublich vielen Strophen. Am Eßtisch tippte Mama ihr Gedicht ins Reine, und bis sie damit fertig war, durfte man sich nicht viel lauter als ein Spinnenschatten durchs Haus bewegen: »Stör mich jetzt nicht!«
    Was in Kriegs- und Nachkriegszeiten,
    Mutti, Du bewältigt hast,
    trotz der tausend Widrigkeiten
    und der Not auf allen Seiten,
    hat man später erst erfaßt ...
    Die fertigen Seiten klammerte Mama zusammen, und sie warnte mich davor, die mit Fettfingern anzufassen.
    Als Geschenk für Oma Jever hatte sie eine Kaffeemaschine gekauft. Von der Feier kamen Mama und Papa am Sonntagabend aber ohne rauschende Festlaune zurück. Beim Essen im Haus der Getreuen, sagte Mama, hätten fremde Leute einen Tischplatz im Festsaal zu besetzen versucht, und die habe Papa mit seinem finsteren Blick in die Flucht geschlagen. (»Richard, kuck mal böse!«)
    Das habe gewirkt.
    Montagmorgens ließ der Weiler die ganze Klasse über unterschiedlich hohe Kästen hoppeln, und dann wurde wieder Basketball gespielt.
    Mathe hatten wir jetzt in einem anderen Raum im ersten Stock. Da saßen der Maurer, der Bohnekamp, der Dralle, Ralle und ich an den vorderen Tischen. Worum es da ging, war für mich immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Die Zahlfaktoren der Variablen als Koeffizienten der linearen Gleichung.
    Oma Schlosser war für drei Wochen zur Kur nach Bad Boll gereist. Da hätte ich auch nicht tot überm Zaun hängen wollen. Bad Boll: Das hörte sich so an wie der Name von einem Kaff mit Gesundheitsbrunnen, Kieswegen, Sackbahnhof und grassierender Furzeritis.
    Aus der Vereinskneipe im Hindenburgstadion ertönte ein Schlager, den man nur ein einziges Mal gehört haben mußte, um ihn satt zu haben, aber man bekam ihn immer und immer wieder zu hören, ob man wollte oder nicht.
    Aber bitte mit Sahne!
    Das war ein Hit, der aus allen Ritzen quoll, und ich hätte Udo Jürgens dafür gern das Maul gestopft. Der Schrott von Tony Marshall war ja schon schlimm genug. Das Schlimmere an dem von Udo Jürgens war die sozialkritische Botschaft.
    »Mercie, Chérie«, dafür hatte ich mich noch erwärmen können. Oder für »Anuschka« und für dieses eine Lied, in dem er eine Siebzehnjährige angehimmelt hatte.
    Am Morgen ihres 48. Geburtstags redete Mama sich darüber in Rage, daß Wiebke, Volker und ich an diesem Tag zum Unterricht müßten. In ihrer gesamten Schulzeit sei das nicht vorgekommen, daß an ihrem Geburtstag Schule gewesen sei: »Heute ist doch wirklich alles verrückt.«
    In Geschichte waren wir noch längst nicht bis zum Ersten Weltkrieg vorgedrungen, aber ich sah mir in dem Buch schon mal die Fotos von weiter hinten an.
    Auf in den Kampf, mir juckt die Säbelspitze.
    Das hatten deutsche Soldaten vor der Abreise an die Westfront mit Kreide außen an einen Waggon geschrieben.
    In Chemie mußten wir beobachten, was geschah, als der tatterige Pauker ein Stück Eisenwolle mit dem Bunsenbrenner traktierte, und in der Pause verließen Ralle, der Dralle und ich das Schulgelände und gingen allemann zu Aldi, Maoam kaufen.
    Also lautet ein Beschluß:
    Daß der Mensch was lernen muß.
    Im Aldi trafen wir den Miesowski, der sitzengeblieben war. Der hatte sich einen Träger mit Bierflaschen ausgesucht, um die irgendwo auszusaufen.
    Renate schrieb auf einer Karte aus Paris, daß sie und Olaf mit der Metro zum Place Pigalle gefahren und dann bis zum Moulin Rouge gelaufen seien, an lauter Sex-Shops vorbei.
    Pigalle, Pigalle,
    das ist die große Mausefalle mitten in Paris

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