Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Altman.
Am Pokertisch alles auf eine Karte zu setzen, das wäre auch nicht nach Papas Geschmack gewesen. Der Anblick einer nachlässig ausgekratzten Nachtischpuddingschüssel genügte schon, um Papa wütend zu machen.
Komischerweise gefiel ihm dann am Samstag aber Peter Ustinov als fetter Kaiser Nero, der die Stadt Rom in Brand stecken ließ, um sich an diesem Schauspiel zu weiden. Da gnickerte Papa die ganze Zeit vor sich hin.
Als man am Ende des Films den über Kopf gekreuzigten Petrus sah, sagte Mama, daß es nun aber auch bald mal genug sei.
Nach einer Kollision auf dem Nürburgring war Volkers Idol Niki Lauda halbtot aus seinem brennenden Ferrari gezogen worden.
»Formel Eins«, sagte Mama, »wenn ich das schon höre! Wer sich in so ’ne Höllenmaschine setzt, der braucht sich nicht zu wundern, wenn er irgendwann hopsgeht!« Autorennfahrer waren in Mamas Augen so ziemlich das Letzte. Darunter rangierten bloß noch Zuhälter, Mörder und andere Asoziale. »Und was hat dieser Idiot nun von seinem Geschwindigkeitsrausch? Könnt ihr mir das mal erklären?«
Auf der Fahrt von Vallendar nach Meppen hatte Mama aber selber öfter als nötig auf das Gaspedal gedrückt.
Erst jetzt kam so nach und nach raus, welche Folgen die Explosion einer Chemiefabrik in Seveso bei Mailand zeitigte. Die ganze Gegend verseucht, mit Dioxin, das giftiger als Zyankali war. Notgeschlachtete Tiere, Kinder mit verätzter Haut, und die Behörden hatten abzuwiegeln versucht, statt den Leuten zu helfen.
Aus Dänemark schrieb Onkel Dietrich mir auf einer Postkarte, daß er bei einer ihm von seiner Frau verordneten »Hauruck-Schlankheitskur« innerhalb von drei Wochen sieben Kilo abgenommen und dabei auch einige Nerven gelassen habe.
Am letzten Sommerferientag kurvte ich mit dem Rad durch den Waldverschnitt bei der E-Stelle, obwohl ich wußte, daß es da genauso unbelebt war wie zuhause, aber ich wollte noch einmal raus, bevor das ganze Elend von neuem anfing.
Wiebke würde auf die Kardinal-von-Galen-Schule kommen, in die Orientierungsstufe, Volker zu den Maristen und ich auf meiner Penne in die Neunte. Was einem da wohl in Physik, Chemie und Mathe alles drohte. Die Karnickel hatten’s gut: Die konnten sich bei dem geringsten Anzeichen einer Gefahr in ihren Bauten verkriechen. Oder die Vögel, die nicht säten und nicht ernteten, und der himmlische Vater ernährte sie doch.
Neuntes Schuljahr, das hieß, daß ich vor dem Aufbruch in die Freiheit noch fünf Jahre totzuschlagen hatte.
Südafrika wurde von neuen Rassenunruhen erschüttert, und der Fernsehabend endete damit, daß sich John Wayne und Lee Marvin auf einer Insel im Südpazifik gegenseitig die Fresse polierten.
Morgens hätte ich mir fast in die Hose gepißt, weil Wiebke so lange auf dem oberen Lokus hockte, und beim Frühstück kriegte ich Krach mit Mama wegen einer Haarsträhne an meinem Hinterkopf, die sich aber auch mit Gewalt nicht runterbürsten ließ.
Ins Klassenzimmer, das das alte war, kam ich zu spät, um mir einen Stuhl neben Hermann sichern zu können. Den einzigen noch freien Platz fand ich am oberen rechten Ende der in U-Form aufgestellten Tische vor, neben einem Sitzenbleiber aus Rühle, der Ralle hieß. Klassenlehrer war der Schlüter, nach wie vor, und der malte den Stundenplan an die Tafel. Montag: Sport, Sport, Franz, Deutsch, Englisch. Dienstag: Reli, Deutsch, Mathe, Geschi, Franz, Franz. Mittwoch: Chemie, Chemie, Mathe. Donnerstag: Deutsch, Geschi, Physik, Physik, Englisch, Reli. Freitag: erste frei und dann Mathe, Englisch, Franz und Deutsch. Und samstags zwei Stunden Kunst und noch eine in Franz.
»Und was ist mit Erdkunde?« fragte der Bohnekamp.
Erdkunde fiel aus.
Vorne in dem neuen Geschichtsbuch prangte ein Bild von Ludwig XIV. Das war ein Fettsack mit Perücke und hochhackigen Schnallenschuhen und ’nem Umhang, der wie zwei dicke Bettdecken aussah. Und Hosen hatte der Lackel an, wie ’ne Ballerina im neunten Monat. Der Sonnenkönig! Selten so gelacht. Als dessen Untertan hätte ich mich auf dem kürzesten Seeweg nach Lummerland ausgeschifft.
Im Englischbuch hatte ein Abschnitt die Überschrift »Stop to think«, was Hermann witzig fand, weil er dachte, das heiße »Hör auf zu denken«. Wir sollten aber alle mitdenken und auch den Zweck der Massenkommunikationsmittel hinterfragen.
TV, like radio and newspapers, is a means of informing and entertaining people. In fact, it is the greatest mass medium of communication ever invented ...
Am
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