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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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dieses eine Mal. Meinen Stammplatz würde mich das schon nicht kosten. Außerdem hatte ich mir gerade Badewasser einlaufen lassen.
    Nach allem, was die Polizei ermittelt hatte, war Jürgen Ponto von einer gewissen Susanne Albrecht erschossen worden. Deren Vater war mit Ponto befreundet gewesen, und sie sei da mit einem Blumenstrauß und irgendwelchen Komplizen an der Haustür aufgekreuzt, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen.
    Abartig sei das, sagte Mama. Mit Blumen zu so einem Überfall zu erscheinen, und dabei zu wissen, daß die Leute einem die Tür öffneten, weil sie dächten, daß da jemand Nettes aus der Bekanntschaft geklingelt habe. Die arme Familie! »Und was soll denn dieser Irrwitz überhaupt? Ist die Dresdner Bank was Schlechtes? Den Kapitalismus kriegen diese Heinis ja doch nicht kaputt, und wenn sie noch so viele Leute umlegen! Jetzt hocken sie in ihrem Versteck und högen sich, aber irgendwann werden sie ja doch alle erwischt, diese Traumtänzer, und was haben sie dann davon, wenn sie lebenslänglich im Zuchthaus sitzen? Nüschte.«
    Französisch hatten wir jetzt bei einer bebrillten Tante namens Wuttke und Sozialkunde bei Hilbrich, einem Typen mit Halbglatze. Da ging es um das Thema Vorurteile. »Trau keinem über 30«, schrieb er an die Tafel. Was wir davon hielten?
    Den Hilbrich schätzte ich auf Mitte dreißig.
    Gegenüber wem man alles Vorurteile haben könne, fragte er, und so nach und nach kamen die Antworten: Ausländer, Farbige, Unternehmer, Gewerkschafter, Katholiken, Protestanten, Juden, Jäger, Schlachter, Rentner, Viehzüchter, Mercedesfahrer ...
    Von den Mädchen besaßen manche schon einen echten Balkon, und den konnten sie auch nicht verstecken, sondern allenfalls mit Büstenhaltern bändigen, aber was sollte man als Junge tun, wenn man mit einem Steifen nach vorn an die Tafel gerufen wurde?
    Die Ständer bildeten sich von ganz allein und völlig unabhängig vom Unterrichtsstoff. Der Kollektorstromkreis, die Exponentialfunktionen, der Ost-West-Konflikt, die Erdzeitalter, die Kontinentaldrift, Schildvulkane, Schichtvulkane, vollkommen egal, auf einmal hatte man ’ne Latte, und man wußte nicht woher und schon gar nicht wohin damit.
    In der großen Pause zielten Hermann und ich mit Steinen nach einer Bierbüchse, die im Dortmund-Ems-Kanal schwamm.
    »Mit wem würdest du lieber im Tretboot von hier aus bis Grönland klabastern«, fragte ich Hermann, »mit der Gewonk oder mit Zia-ul Haq?«
    »Geht’s vielleicht mit beiden?«
    Das Training ließ ich auch am Dienstag wieder ausfallen. Irgendwie war mir nicht mehr danach, da herumzustratzen.
    Tante Dagmar rief an, um mir mitzuteilen, daß der NDR am Abend eine Reportage über Pädagogikstudenten aus Hannover senden werde, die ein Praktikum auf einem Bauernhof gemacht hätten, und da könne ich auch meine Kusine Franziska hören.
    Die kam in der Sendung tatsächlich zu Wort. Von ihrer Gastfamilie sei sie sehr herzlich aufgenommen worden und auch schon mit zum Stammtisch gegangen, erzählte sie, und es sei ihr aufgefallen, daß auch Frauen in der Landwirtschaft schwere körperliche Arbeit verrichten müßten. Selbst von den Kindern werde erwartet, daß sie in der Erntezeit im Betrieb helfen. »Kinder haben, wenn sie Sommerferien haben, keine richtigen Ferien ...«
    Gut, daß ich kein Bauernsohn war.
    Irritiert hätten sie »die komischen Ernährungsgewohnheiten« ihrer Gastgeber. »Die trinken keine Frischmilch, kaufen H-Milch, essen keinen Joghurt, keinen Käse, trinken viel Sprudel und essen gekaufte Marmelade. Das hat mich gewundert, ich hab mir vorgestellt, daß die Landbevölkerung sich von dem ernährt, was sie selber produziert.« Auf die Dauer, sagte Franziska, würde sie das kulturelle Angebot der Großstadt vermissen.
    Zum Schluß durfte sie sich ein Lied wünschen, und sie wählte eins von Simon & Garfunkel aus.
    The autumn winds blow chilly and cold ...
    Das entsprach meiner Stimmung, obwohl wir’s erst Anfang August hatten. In diesem Sommer würde ich mit Michaela Vogt auf keinen grünen Zweig mehr kommen.
    Hermann, der jetzt auch immer den Spiegel las, hatte sich zur Abwechslung eine Ausgabe der Tageszeitung Die Welt gekauft, ein Springerblatt. Er wolle doch mal sehen, was der Klassenfeind so schreibe, sagte er, und das war allerhand:
    Ich bin’s, die Susanne! Dieser lieblich-familiäre Lockruf der Einlaß begehrenden Mörderin wird noch lange in unserem Bewußtsein nachklingen. Er bezeichnet eine äußerste Grenze

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