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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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der Kakerlaken durch die Zimmer kröchen. Tante Gisela hatte mir ein Autogramm des Rundfunkmoderators Wolf-Dieter Stubel geschickt, dem sie auf der Hannover-Messe begegnet sei.
    Ich hoffe, Du freust Dich darüber.
    Hätte ich bestimmt getan, wenn ich gewußt hätte, wer Wolf-Dieter Stubel war.
    Abends rief Oma Jever an, um uns mitzuteilen, daß im Garten die ersten grünen Bohnen gesprossen seien. Oma Jever hatte abermals ihr schlimmes Bein und mußte jeden Tag ’ne Spritze kriegen, aber immerhin war Pepiks Fell wieder okay.
    In meinem Fremdwörterlexikon schlug ich »Mannequin« nach.
    Gliederpuppe; Anprobier- und Vorführdame.
    Ach? Und das war alles?
    Die Amis hatten eine Neutronenbombe konstruiert, die alle Gebäude stehenließ und nur die Menschen killte, mit Todesstrahlen. Das sei ein »Symbol der Perversion menschlichen Denkens«, hatte der SPD-Bundesgeschäftsführer Egon Bahr gesagt, und jetzt stritten sich die Politiker darüber.
    Ich ging mit einem rororo-aktuell-Band über den persischen Geheimdienst SAVAK in die Badewanne und kippte einen Viertelliter Fichtennadelzusatz ins Wasser.
    In Persiens Folterknästen war es üblich, politischen Gefangenen die Fingernägel auszureißen, aber die USA lieferten den Persern Jagdbomber, Kampfhubschrauber und Überschallabfangjäger, und Alfred Dregger hatte den Schah von Persien in den höchsten Tönen gelobt und ihn zum Durchhalten aufgefordert: »Wenn Sie von den vereinigten Linken der Welt kritisiert werden, dann ist dies eine Bestätigung für Ihre Politik.«
    Ja, hatte der sie denn noch alle, dieser Speichellecker, der sich hier bei uns zuhause als guter Demokrat gerierte? Dieser Faschistenknecht? Und von dem hatte ich mir ein Autogramm geholt!
    Ein eigenes Nachrichtenmagazin hätte man haben müssen und dann mutige Reporter in den Nahen oder Mittleren Osten entsenden, die herausfinden, daß der Schah seit neuestem die Atombombe besitzt. Einen Riesenskandal auslösen, und am Ende stehen das Bundesaußenministerium, das State Department und der Schah bedröppelt da, und ich würde in die Weltgeschichte eingehen, als Verleger, der mit seinen Enthüllungen den Ausbruch des Dritten Weltkriegs verhindert hat ...
    Aber eines Tages würde ich abkratzen. So oder so. Entweder als berühmter Verleger oder als Schütze Arsch im letzten Glied.
    Fünfzehn Jahre war ich alt. Da blieben mir noch fünfundfünzig Jahre, bis ich ein siebzig Jahre alter Opi wäre. Ich kuckte mir die Kacheln an und zählte nach: Wenn jede einzelne für ein Lebensjahr stand, dann hatte ich noch Zeit von oben links bis Mitte unten, bevor ich an die Rente und ans Sterben denken müßte.
    Manche Leute wurden ja sogar hundert Jahre alt oder noch älter. Die hatten dann natürlich auch nichts mehr zu lachen. Kriegten keinen mehr hoch oder hatten Rheuma und Gicht und so weiter.
    Na, ich würde es schon schaffen, irgendwie, aber hoffentlich besser als der Typ aus dem Lied von Mike Krüger:
    Ja, das Leben verlangte Walther schon ’ne Menge ab,
    und sein Pech verfolgte ihn sogar bis ins Grab.
    Denn sein Sarg glitt den Trägern aus den Händen.
    Auf den Boden knallt er,
    Der Pfarrer rief entsetzt:
    Mein Gott, Walther.
    Wenn das Wasser abgeflossen war, mußte man den Stöpsel wieder reinstecken, damit kein Gestank aus dem Gulli quoll.
    Volker bastelte an seinem Moped und spritzte es um, von Blau auf Rallye-Schwarz und Felgen-Silber.
    »Das Ding hat mehr Fehler als ein Hund Flöhe«, sagte Papa.
    Aus Venezuela brachte Mama Souvenirs mit. Für mich einen geschnitzten Indiokopf und fürs Wohnzimmer einen runden Wandteppich in schreienden Farben sowie ein Holzrelief mit einem indianischen Bogenschützen, zum An-die-Wand-Hängen. Weil der Jäger in der Hocke saß, sagte Papa, der sehe so aus, als ob er am Kacken sei, und da hatte Mama schon bald wieder genug.
    Abends gab’s auf der Terrasse Rosé. Mama erzählte lange Geschichten über die Insekten und das sonstige Viehzeug in Venezuela. »Wir mußten immer in langen Hosen gehen, auch bei der größten Hitze!« In Mittelamerika sei’s noch viel heißer als in Südwestafrika, und die Bauern würden da noch pflügen wie in Urzeiten ...
    Wiebke war auf ihrem Sessel eingepennt, und als Mama mal ’ne Pause einlegte, fragte Papa: »Und was hast du da nun eigentlich gewollt? In diesem grauenhaften Ungezieferparadies?«
    Volker und Renate kreischten darüber vor Lachen, und Mama verdrehte die Augen, so als ob es gar nicht nötig wäre, diese Frage zu beantworten. Denn

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