Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Fontäne Erdbeersekt aus dem Hals der hart umkämpften Flasche auf mein Kopfkissen und meinen Buckel.
Der Harms riß die Flasche herum und ließ den Rest in die entgegengesetzte Richtung sprudeln.
»Ich werd noch wahnsinnig«, rief Ralle, der auch einen Strahl abgekriegt hatte, und urplötzlich legte sich der Lärm, denn der Herbergsvater stand in der Tür, zwei Meter hoch und resolut wie ein Gorilla. Wir hätten die Wahl, sagte er. »Entweder kehrt hier jetzt augenblicklich Ruhe ein. Oder ihr lernt mich von meiner unangenehmen Seite kennen. Hab ich mich klar genug ausgedrückt?«
»Jawohl«, sagte der Holzmüller, und der Niebold lachte, aber das hätte er besser gelassen.
»Du da«, sagte der Herbergsvater und kam einen Schritt näher. »Wie heißt du?«
»Stefan«, sagte der Niebold.
»Kannst du fliegen?«
»Nein.«
»Soll ich’s dir beibringen?«
Keine Antwort.
»Na also. Hat hier sonst noch irgendwer Probleme mit der Schwerkraft? Nein? Ich kann jedem einzelnen von euch das Fliegen beibringen! Versprochen! Ihr müßt nur Bescheid sagen! Und ich garantiere euch, daß ihr nach eurer ersten Flugstunde nie wieder zu Fuß gehen könnt!«
Nach diesem Auftritt einer Respektsperson hielten sich die weiteren Umtriebe in engen Grenzen, bis der Albers einen ziehenließ: »Hey, Schlosser! Telegramm für dich! Aus Darmstadt!«
Der Holzmüller und ein paar andere tigerten irgendwann noch einmal mit Taschenlampen los und erbeuteten im Mädchentrakt einen Büstenhalter. Der wurde unter allgemeinem Gejohle aus dem Fenster geschleudert, und am nächsten Morgen mußte der Böhringer auf eine Leiter steigen und den BH aus den Ranken zupfen, in denen er sich verfangen hatte.
Die Wuttke nahm das Ding mit spitzen Fingern an sich, und dann fuhren wir nach Trier.
In dem Roman von Ludwig Thoma ging’s um einen Bauern, der nicht einsah, daß sein totes Kind außerhalb des Friedhofs beerdigt werden sollte. So wollte das der katholische Pfarrer, weil das Kind noch nicht getauft war, und der Bauer legte sich mit ihm an.
Grauenhaft, solchen Moralaposteln ausgeliefert zu sein und als alteingesessener Landwirt mit beschränktem Horizont nicht einfach wegziehen zu können aus so einem bayrischen Kuhdorf. Das hätte mir noch gefehlt, einen Erbhof am Hals zu haben, so wie der Bohnekamp, und nach dem Abi bis ans Lebensende Schweine zu züchten und jeden Sonntag zur Kirche zu gehen ...
Die Porta Nigra war ein klotziger Torbau aus der Römerzeit. Angeblich hatte sich da vor knapp eintausend Jahren ein griechischer Mönch im Nordturm einmauern lassen, nach einer Bettelreise, und bis zum letzten Stündlein sieben Jahre lang als Einsiedler in seiner Zelle gehaust. Eigentlich ja impertinent, wenn man sich das genauer überlegte – Tag und Nacht zu faulenzen, von anderen Leuten durchgefüttert zu werden und sich dann noch jahrhundertelang von der Nachwelt als besonders frommer Gottsucher verehren zu lassen.
Irgendwo im Dom lagerte eine Reliquie aus der Garderobe von Jesus Christus, der Heilige Rock, den man aber nicht zu sehen bekam, im Gegensatz zum Grabmal des Erzbischofs Richard von Greiffenklau. Der stammte wohl von Wilddieben ab, dem Namen nach zu urteilen.
Dann gab’s noch eine mordsmäßig große Basilika zu besichtigen, und anschließend durften wir zehn Kilometer bergauf zur sogenannten Mariensäule pilgern, einem Denkmal zu Ehren der Heiligen Muttergottes.
»Und ich hatte gedacht, das wär ’ne Klassenfahrt und keine Wallfahrt«, sagte Ralle.
Am Wegrand lag eine total zerfetzte Taube inmitten ihrer Gedärme und ausgerissenen Federn. Könnte ein Fuchs gewesen sein, meinte der Bohnekamp, oder ein Marder.
Um von oben die Aussicht auf Trier und das Moseltal zu genießen, hätte man auch untenbleiben und ’ne Ansichtskarte anglotzen können.
Auf der Rückfahrt erzählte Hermann einen Witz über einen Mann aus Klein-Fullen, der in Groß-Fullen ein Zugticket nach Peking lösen will. Der Bahnbeamte ist hoffnungslos überfordert und muß drei Tage und drei Nächte lang schwitzend alle möglichen Inlands- und Auslandskursbücher wälzen, bis er endlich eine Verbindung herausgefunden hat und den Fahrschein ausstellen kann. In Peking verbringt der Fullener eine schöne Zeit, und als er wieder nachhause will, geht er im Pekinger Hauptbahnhof zum Schalter und sagt: »Ich hätte gern eine Fahrkarte von Peking nach Fullen.« Und der Chinese, der da sitzt, fragt wie aus der Pistole geschossen: »Klein-Fullen odel Gloß-Fullen?«
In
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