Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
wieder zum Sandkasten, um mir auch die neue Pistole zu holen. Ich war noch mit beiden Händen am Buddeln, als auf der Straßenseite gegenüber ein Fenster aufging und Paul Dickel rüberschrie: »Martin, was machst du da?«
Ich hatte nicht gewußt, daß der da wohnte, mit freier Sicht auf den Sandkasten.
»Ich such nach der verlorenen Pistole«, rief ich.
»Dann ist gut«, rief Paul Dickel und machte das Fenster wieder zu. Ich setzte mich im Sandkasten anders hin, mit dem Rükken zu dem Haus, in dem Paul Dickel wohnte, zog die neue Pistole aus dem Sand und lief nachhause.
Ich dachte, ich hätte die Pistolen gut genug versteckt, aber Mama fand alle beide, und ich sollte sagen, woher ich die hatte. »Keine faulen Ausreden! Und lüg mich nicht an, sonst passiert was!«
Als ich mit dem Namen von Ingo Trinklein rausgerückt hatte, war Mama schon zufrieden.
Mama telefonierte mit Ingos Eltern, und dann kamen die Trinkleins alle zu uns ins Wohnzimmer. Mama hatte denen nur gesagt, daß ich alles zugegeben hätte, und nicht, daß ich die Pistolen aus dem Sandkasten genommen hatte.
Wir saßen im Wohnzimmer. Ingo hatte mir eine Tafel Schokolade mitgebracht. Ich war von Mama gekämmt worden.
Unsere Eltern schüttelten sich die Hände. Mama hatte Kaffee gekocht.
»Stell dir doch mal vor«, sagte Ingos Vater zu mir, »jetzt würde jemand kommen und dir deine Lederhose wegnehmen, das würde dir doch auch nicht gefallen.«
Ich sollte was dazu sagen, und ich sagte, daß ich meine Lederhose nicht leiden mochte. Die könnte mir ruhig jemand wegnehmen, das wär mir ganz egal.
Mit Bengeln wie Ingo Trinklein und Konsorten solle ich mich gar nicht mehr abgeben, sagte Mama, als wir wieder alleine waren. Das sei ein falscher Fuffziger.
Ich kriegte eine Woche Hausarrest, genau wie Ingo. Weil wir dann nicht wieder weggekonnt hätten, gingen wir nach der letzten Stunde nicht nachhause.
Ein Gartenzaun hatte ein Loch, wo wir durchpaßten. In dem Garten war ein Schuppen mit einem Spalt über der Tür. Ich machte Räuberleiter, und Ingo faßte in den Spalt und zog eine Säge aus dem Schuppen, die an jedem Ende einen Griff hatte. Mit der Säge gingen wir zu einem Apfelbaum, den wir umsägen wollten. Das war schwer, aber die Rinde hatten wir nach einer Weile eingeritzt.
Mama sagte ich, wir hätten nachsitzen müssen.
Am nächsten Tag liefen wir nach der Schule wieder zu dem Garten und sägten weiter und waren schon fast bei der Mitte vom Stamm angekommen, als ein Mann in dem Haus, zu dem der Garten gehörte, uns durchs Fenster anschrie, ob wir sie noch alle hätten.
Die Säge ließen wir im Apfelbaum stecken.
Mama sagte, ich sei ein Filou. Sie hatte Frau Kahlfuß angerufen und wußte, daß ich mir das mit dem Nachsitzen nur ausgedacht hatte, und sie hatte auch schon mit den Eltern von Ingo Trinklein telefoniert.
Als Papa eine Dienstreise nach Amerika machen mußte, durfte ich dann aber mit zum Bahnhof. Wiebke hatte ihren fusseligen weißen Poncho an und winkte Papa noch nach, als der Zug schon lange verschwunden war.
Renate sang Lieder aus der Mundorgel. Die Gedanken sind frei, kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen. Da müsse man »erschissen« singen, sagte Renate, sonst würde sich das nicht reimen.
Sabinchen war ein Frauenzimmer. Ich hätte kein Zimmer für Frauen sein wollen. So ’n Zimmer mit Strumpfhosen überm Stuhl, und dann sitzen da Frauen mit Lockenwicklern.
Mama konnte ein plattdeutsches Lied, in dem ein tanzendes Tier vorkam: Und he danzt ganz alleen op de achtersten Been. Ich wollte wissen, was op de achtersten Been sei, aber Mama sagte, das könne man nicht übersetzen. Da kriegte ich die Wut, weil op de achtersten Been doch irgendwas heißen mußte. Ich schmiß mich auf den Boden und schrie und durfte deshalb Pat und Patachon nicht sehen.
Frau Kahlfuß erzählte uns, wie der liebe Gott das Paradies gemacht hatte. Weil Adam und Eva einen Apfel von dem verbotenen Baum gegessen hatten, schickte der liebe Gott die beiden weg aus dem Paradies. Daran war die Schlange schuld, die Eva den Apfel gegeben hatte.
Frau Kahlfuß las uns auch aus der Fibel vor. Hu – was ist das? O weh – eine Laus! Eine Li-, eine La-, eine Lause-Laus! Holt die Laus! Haltet die Laus! Hoho – da saust die Laus los! Oma, Mama, Hans, Lotte, Rolf, Fifi, Stuhl, Dose, Deckel, Tasse, alle, alle sausen. Wo ist die Laus?
Im Traum fand ich eine Abkürzung nach Jever. Man mußte im Wäldchen durch eine Hecke, und dann war man im Garten
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