Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Plätzchen. Mutter bäckt einen Kuchen. Mutter bäckt Plätzchen und Kuchen.
Im Fernsehen kam Tom Sawyer, aber erst spät, und ich mußte lange quengeln, um das sehen zu dürfen.
Tom Sawyer stahl sich immer nachts durchs Fenster übers Dach aus dem Haus raus, um sich mit Huckleberry Finn zu treffen, der in einer Tonne wohnte. Ich hätte auch gerne in einer Tonne gewohnt, aber auf der Horchheimer Höhe gab es keine Tonnen, in denen man wohnen konnte. Bei uns konnte man sich auch nicht nachts durchs Fenster nach draußen schleichen.
Plemmplemm war Tom Sawyers kleiner Bruder Sid. Und daß Tom Sawyer sein Kaugummi Becky Thatcher abgab, fand ich eklig. Die schielte fast so schlimm wie Wiebke.
Huckleberry Finn war vernünftiger als Tom Sawyer, aber dafür war Tom Sawyer mutiger. Vor dem Indianer-Joe hätte ich aber auch Angst gehabt. Der wollte Tom und Huck massakrieren, weil sie Augenzeugen gewesen waren, als er auf dem Friedhof den Doktor erstochen hatte.
Die Höhle, in der Tom Sawyer sich verlief, war millionenmal besser als unsere im Wäldchen.
Als Geschenk für Oma Jever hatte Renate schon das ganze Jahr lang Kreuzworträtsel aus dem Stern ausgeschnitten. Die klammerte sie jetzt zusammen.
Ich malte den Weihnachtsmann, mit Hirschen im Schneesturm, und obendrüber den Mond mit Zipfelmütze.
Ingo Trinklein sagte, an den Weihnachtsmann würden nur Babys glauben. Ich sollte mal überlegen, zu wievielen Familien der hinmüßte, um alle Geschenke abzugeben. Das gehe gar nicht.
Als Hausaufgabe hatten wir aufgekriegt: Am Christbaum sind Kerzen, am Christbaum sind Herzen, am Christbaum sind Sterne, am Christbaum sind Kugeln. Mama lobte mich dafür, daß ich die Hausaufgaben immer sofort nach der Schule machte. Volker hatte sich das schon lange abgewöhnt.
Nulfi petzte Frau Kahlfuß, daß Ingo und ich seinen einen Handschuh über die Mauer aufs Kasernengelände geworfen hatten, und da mußten wir zur Kaserne gehen und den Handschuh wiederholen.
Am Kasernentor stand ein Soldat. Dem sagten wir, daß wir für unsere Lehrerin einen verlorengegangenen Handschuh wiederfinden müßten. Dann kam ein anderer Soldat, dem wir die Stelle zeigen sollten, wo der Handschuh lag. Wir gingen an der Schranke vorbei in die Kaserne zur Mauer. Nulfis roter Handschuh war schon von weitem zu sehen.
In der Klasse waren Ingo und ich jetzt die einzigen, die schon mal in der Kaserne gewesen waren, und wir erzählten den anderen, daß da Panzer geschossen hätten.
Wenn ich selbst einen Handschuh verloren hatte, schickte Mama mich jedesmal gleich wieder los, den Handschuh suchen. Einmal mußte ich fast bis zur Schule zurück. Da lag der Handschuh am Straßenrand im Schneematsch.
Als ich ein anderes Mal den Handschuh nicht finden konnte, wollte Mama, daß ich nochmal losgehe und den Hausmeister frage. Bei dem würden alle Fundsachen abgegeben.
Ich trödelte, und es fing schon an, dunkel zu werden, als ich bei der Schule ankam.
Drinnen waren Kerzen an, und auf der großen Treppe stand der Schulchor und sang ein Weihnachtslied, das ich noch nie gehört hatte. Es schlafen Bächlein und Seen unterm Eise, es träumt der Wald einen tiefen Traum!
Der Hausmeister hatte einen Karton, der bis obenhin voll war mit einzelnen Handschuhen, und einer davon war meiner.
Durch die weite, weiße Welt.
Mama und Renate kannten das Lied. Es ist für uns eine Zeit angekommen, sie bringt uns eine große Freud! Mama sang mit zweiter Stimme, anders und tiefer als Renate, aber so, daß es gut dazu paßte. Vom hohen Himmel ein leuchtendes Schweigen erfüllt die Herzen mit Seligkeit!
Davon kriegte ich ’ne Gänsehaut.
Mama nähte meine Handschuhe mit einer langen Schnur zusammen, die durch die Ärmel vom Anorak gesteckt wurde. So konnten die Handschuhe nicht mehr verlorengehen, aber ich mußte aufpassen, daß keiner was von der Schnur merkte. Der einzige, der sonst noch Handschuhe mit Schnur hatte, war Dieter Aulich, und mit dem wollte keiner spielen.
Auf dem grünen Kalender an der Eßzimmerwand konnte man sehen, wieviele Tage es noch bis Weihnachten waren. Das Stövchen war innen mit was Rotem beklebt, das leuchtete, wenn das Teelicht brannte. Wenn man das Deckenlicht ausmachte, leuchtete das Rote im Stövchen noch heller.
Schwarzer Tee mit Kluntje und Sahne. Weil wir reicher geworden waren, gab es dazu dieses Jahr Spekulatiuskekse mit Mandelsplittern.
Frau Kahlfuß las uns eine Geschichte von einem Mädchen vor, das weggelaufen war, weil die Eltern so arm
Weitere Kostenlose Bücher