Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Badewanne, war der Schaum im Nacken. Wenn es da so knisterte beim Anlehnen. Dagegen gab es ein gutes Mittel: Hände einseifen und die Wassertropfen von den Fingern auf die Schauminseln regnen lassen. Da sackten die Blasen in sich zusammen.
Ba-ba-ba-bamm!
Humphrey Bogart hätte man sein müssen: Dann wären einem die Weiber nur so nachgelaufen, und man hätte sie abwimmeln müssen. Aber ständig mit ’ner scharf geladenenen Pistole herumtigern? Und in jeder Bude befürchten müssen, daß irgendein Trollo mit gezückter Waffe hinter der Tür lauert?
Die Gewonk steigerte sich in Englisch auf hundertachtzig, weil keiner seine Hausaufgaben gemacht hatte. Egal, wen sie aufrief: Alle mußten passen. Der einzige, der etwas vorzuweisen hatte, war Hermann. Ich selbst hätte leider auch nichts zu bieten gehabt, wenn ich drangenommen worden wäre.
Wurde ich aber nicht.
Die Gewonk vibrierte. »Wenn hier noch irgendeiner sitzt, der seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, dann soll er aufzeigen! Jetzt!«
Hermann stieß mich mit dem Knie an und flüsterte mir zu: »Du mußt gestehen!«
Währenddessen ließ die Gewonk ihren Adlerblick über die Klasse schweifen.
Der Harms meldete sich: Es tue ihm sehr leid, aber er müsse zugeben, daß auch er vergessen habe, sein Hausaufgabenheft mitzunehmen ...
Der Arsch. Der war fein raus.
»Sonst noch jemand?« keifte die Gewonk, und alles schwieg.
Wenn ich mich jetzt gemeldet hätte, wäre ich bestimmt nicht mehr so gnädig abgefertigt worden wie der Harms, und alle hätten gedacht: Martin Schlosser, der Feigling! Traut sich erst im allerletzten Moment damit raus, daß er zu faul gewesen ist, seine Hausaufgaben zu machen!
»Gib’s zu«, flüsterte Hermann. »Gib’s zu, du Idiot ... noch hast du ’ne Chance ...«
Aber mit jeder Sekunde, die verstrich, vergrößerte sich auch die Chance, ungeschoren davonzukommen. Wenn Hermanns Armbanduhr richtig ging, dauerte die Englischstunde bloß noch sechs Minuten.
Die Gewonk knallte ihr Buch aufs Pult und blickte stumm und forschend um sich.
»Melde dich«, flüsterte Hermann. »Die dreht dir sonst den Hals um, wenn sie dich erwischt ...«
Aufgerufen wurde dann aber der Holzmüller. Der hatte leider auch nichts vorzuweisen, und die Gewonk rastete aus und schrie, sie sei es leid, sich von Pappnasen wie uns an der Nase herumführen zu lassen.
Ein Riesendonnerwetter prasselte auf den Holzmüller hinab, und als es vorbei war, blieben immer noch vier Minuten übrig. Eine verdammt lange Zeit. Die Gewonk blickte jetzt um sich wie Frau Mahlzahn in der Drachenschule. Der nächste, den sie aufrief, war der Bohnekamp, aber der hatte seine Hausaufgaben nun zufällig gemacht, der alte Schisser, und das war sein Glück.
Drei Minuten noch.
Sie habe die Nase voll für heute, sagte die Gewonk. Eine widerspenstigere Klasse als unsere sei ihr noch nicht untergekommen. »Albers!«
Der Albers legte der Gewonk sein Hausaufgabenheft vor, und sie fand darin nichts zu beanstanden.
Noch neunzig Sekunden.
»O Herr, laß diesen Kelch an mir vorübergehen«, murmelte Ralle.
Noch achtzig.
Der Bohnekamp gnitterte vergnügt in sich hinein und verbarg sein Gesicht hinter den haarigen Krallen, die ihm genetisch vererbt worden waren, von den Torfstechern im Stammbaum seiner Familie.
Mir wäre wohler ums Herz gewesen, wenn ich rechtzeitig zugegeben hätte, daß auch ich gefaulenzt hatte, aber jetzt wuchs meine Hoffnung aufs Davonkommen von Sekunde zu Sekunde, und dann traf der Blitzstrahl Michaela Vogt: Die hatte ihre Hausaufgaben ebenfalls nicht gemacht.
Da schnappte die Gewonk über, und Michaela kriegte schwer einen aufs Dach von ihr, bis das Gekreisch im Pausenklingeln unterging.
In der Pause sah ich mich nach Michaela um, aber die hatte sich wer weiß wohin verkrümelt. Und ich hätte sie so gern getröstet!
She must be hurt very badly
Tell me what’s making you sadly …
Bei mir hätte sie sich ausweinen können, aber an Michaela war einfach nicht ranzukommen.
In Erdkunde konnte ich ihr wieder in den Nacken sehen, zwei Reihen vor mir, wo sie den Unterrichtsstoff still und ungerührt aufnahm. Wie die Schwarzen in südafrikanischen Goldminen schuften müßten: Nach ein paar Jahren seien die Arbeiter da so kaputt, daß man sie rausschmeiße. Das einzige, worum es den Unternehmern in Südafrika gehe, sei die Profitmaximierung.
Die gehörten ins Gefängnis, sagte Hermann. Wenn in Südafrika eine Revolution ausbrechen sollte, wäre er dafür. Er wolle
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