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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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Dohle kein Interesse.
    »Halt das blöde Vieh mal eben fest, aber brich ihm nicht das Genick«, sagte Papa. Dann überreichte er mir die zitternde Dohle und ging ins Haus.
    Sonderbar, so einen Vogel in den Händen zu halten. Der erwartete von uns gewiß nichts Gutes, doch er unternahm auch keine Fluchtversuche, sondern hielt, so gut er konnte, einfach still, wobei er unausgesetzt die Lage peilte.
    Nach ’ner ganzen Weile kehrte Papa mit einer weißen Plastikspritze zurück, die er in der Küche mit flüssigem Eigelb gefüllt hatte. Doch die Dohle mißtraute dem Braten. Sie drehte den Kopf zur Seite und machte den Schnabel nicht auf.
    Gab es nicht in »Robinson Crusoe« eine Stelle, wo ein wildes Tier durch Hunger zahm geworden war? Unsere Dohle wehrte sich massiv, als ich versuchte, ihr den Schnabel mit den Fingern so weit aufzuhebeln, daß Papa ihr das Eigelb in den Schlund praktizieren konnte.
    Wiebke stand händeringend und mit besorgter Miene dabei und trat von einem Fuß auf den anderen. »Seid ihr sicher, daß es dem Vögelchen guttut, was ihr da macht?«
    Immerhin sträubte sich die Dohle nur gegen die Prozedur der Zwangsernährung und nicht gegen das Eigelb an und für sich. Sie hätte es uns ja auch vor die Füße spucken können, aber das tat sie denn doch nicht.
    Papa füllte die Spritze mehrmals wieder auf, und jedesmal begann der Kampf von neuem.
    Über Nacht schloß Papa die Dohle in der Waschküche ein.
    Im Stern fing ein neuer Fortsetzungsroman an, der im wilhelminischen Kaiserreich spielte. »Aus großer Zeit« von Walter Kempowski.
    Robert William Kempowski: Morgens fährt er mit einer Droschke ins Kontor, langsam und nach allen Seiten grüßend, mal nach links und mal nach rechts. Die Stephanstraße fährt er entlang – die schöne warme Luft –, am Haus von Konsul Viehbrock vorbei. Geheimrat Öhlschläger hat sich Ecke Graf-Schack-Straße einen richtigen Palast gebaut, mit Turm und mit verzinktem Ritter auf dem Dach ...
    Na, das war ja nun wohl nicht so ganz das Richtige für Leser unter hundert. Von Konsuln und Geheimräten wollte ich jedenfalls nix wissen.
    Als Nachfolger der Skandalnudel Maihofer war ein gewisser Gerhart Baum vereidigt worden. »Und was glaubst du, was wir von dem zu erwarten haben?«
    »Bestimmt keine Streicheleinheiten«, meinte Hermann.
    Der Name hörte sich aber durchaus vertrauenswürdig an. Auf alle Fälle besser als Herbert Czaja oder Carl-Dieter Spranger. So hießen die übelsten Giftnickel der Unionsfraktion.
    Gegen das Gefüttertwerden setzte sich die Dohle immer noch zur Wehr, aber schon nicht mehr ganz so heftig wie am Anfang. Wir trichterten ihr jetzt auch Leitungswasser ein, und zwischendurch bekam sie ein bißchen Hackfleisch.
    Nach der mittäglichen Fütterung sperrte Papa die Dohle in einer provisorisch hergerichtete Munitionskiste von der E-Stelle ein, mit Hobelspänen als Sitzunterlage und einer vergitterten Vorderfront.
    »Dann mach’s dir mal gemütlich, Jacko«, sagte Papa. Die Kiste stellte er auf die Terrassenmauer, so daß sich die Dohle beim Verdauen den Garten ankucken konnte. Was die sich wohl dachte bei alledem?
    Volker behauptete, das Vieh verbreite einen unwahrscheinlichen Gestank.
    Von einem der Mädchen, die sie zur Feier ihres zwölften Geburtstags eingeladen hatte, kriegte Wiebke ein Goldhamsterweibchen namens Freddy geschenkt. Das war ein bissiges und dazu auch noch abstoßend fettes Biest, aber Wiebke hatte sich natürlich auf den ersten Blick drin verliebt, und zwar so heiß und innig, daß man unwillkürlich denken mußte: Gleich und gleich gesellt sich gern.
    Nach langem Nachdenken war Jacko offensichtlich zu dem Schluß gekommen, daß wir es gut mit ihm meinten. Als ich ihn aus seiner Kiste holte und er die eigelbgefüllte Spritze erblickte, riß er den Schnabel auf, und als die Spritze leer war, riß er den Schnabel abermals auf, und das konnte ja nur bedeuten, daß er einen zweiten Gang serviert bekommen wollte.
    Den dritten organisierte er sich selbst, nachdem ich ihn auf einen Birnbaumzweig gesetzt hatte. Da pickte Jacko sich die kleinen Ameisen vom Baumstamm. Fressen und Gefressenwerden. Natur, Natur!
    Im Keller zimmerte Papa einen großen Käfig für Jacko, aus Holz, mit einer soliden Sitzstange. Unten kam Mulch rein.
    Unser 0:0 gegen Tunesien reichte zwar für die Teilnahme an der zweiten Finalrunde, aber eine weltmeisterliche Leistung hätte anders ausgesehen. Tunesien, das war doch nur ein Punktelieferant! Ein

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