Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
als solche Glanzparaden hätte ich nun aber endlich mal wieder den einen oder anderen Treffer der Deutschen gesehen, doch damit wollte es einfach nicht klappen. Gegen das Abwehrbollwerk der Squadra Azzurra fanden unsere Stürmer kein Rezept. In der zweiten Halbzeit schleppte sich Heinz Flohe verletzt vom Platz und dann kriegte auch noch Klaus Fischer im Zweikampf einen Ellbogenstoß ins Gesicht und mußte minutenlang an der Seitenlinie verarztet werden.
Nach dem Schlußpfiff konnte man sich damit trösten, daß Sepp Maier kein einziger Fehler unterlaufen war. Er hatte seinen Kasten bereits 360 Spielminuten lang saubergehalten. Und der sogenannte Vollblutstürmer Klaus Fischer konnte leider seit insgesamt 673 Minuten keinen Torerfolg mehr vorweisen.
Weil ich Jacko mittags nirgends finden konnte, suchte ich mit Papas Fernglas vom Elternschlafzimmerfenster im ersten Stock aus den Garten ab. Und da kam Jacko plötzlich riesengroß auf mich zugesegelt! Doch er hatte seine Kräfte überschätzt; jedenfalls schmierte er kurz vor dem Fensterbrett ab und rutschte krächzend übers Dach in die Regenrinne hinunter.
Ich schnappte mir unsere längste Leiter und befreite ihn aus seiner mißlichen Lage. Armer, kleiner, dummer Jacko!
Mama meckerte dann noch gehörig über die Kackflecken auf den Terrassenplatten unter den Schaukelstangen: »Ich hab diesen blöden Vogel nicht dazu eingeladen, sich bei uns breitzumachen, und ich sehe absolut nicht ein, weshalb ich die einzige sein soll, die dessen Mist beseitigt! Also nimm dir jetzt gefälligst mal ’n Eimer Wasser und ’n Lappen mach diesen Schiet hier weg, aber dalli!«
Als ich auch am nächsten Mittag vergeblich nach Jacko Ausschau hielt, dachte ich mir nichts dabei, aber diesmal ließ er sich auch den ganzen Nachmittag über nicht blicken, und am späten Abend war er immer noch verschollen. Nach dem Zähneputzen drehte ich eine letzte Runde durch den Garten und rief nach Jacko, mal laut und mal leise.
Ob der sich verflogen hatte? Oder einer streunenden Katze zum Opfer gefallen war? Und wenn er noch lebte, wie sollte er sattwerden? Der hatte doch nicht den geringsten Schimmer von der Würmerjagd!
»Den kannst du abschreiben«, sagte Mama. »Der sitzt jetzt irgendwo auf einem Ast im Wald und freut sich seines Lebens, weil er endlich kapiert hat, daß er in die Natur gehört und nicht auf deinen Kopp oder in diesen Käfig, den Papa ihm gezimmert hat, obwohl’s hier weißgott Wichtigeres zu tun gegeben hätte ...«
Und ich wäre trotzdem froh gewesen über Jackos Heimkehr.
Gleich nach seiner Dienstreise zog Papa sich den Panzeranzug an und eröffnete im Garten eine neue Großbaustelle. Es sollte ein Brunnen angelegt werden. Dafür hatte Papa drei Arbeiter engagiert. Mit von der Partie war auch Papas Bürokollege Horst Lohmann, dessen Frau 1977 mit Mama Urlaub in Venezuela gemacht hatte.
Die drei Arbeiter sahen so aus, als ob es ihr täglich Brot sei, die Schaufel zu schwingen. Sie hoben neben der Garage einen Graben aus, und dann pumpten sie unter Papas Kommando irgendwie mit einem Schlauch einen angeblich vierzehn Meter tiefen Schacht zum Grundwasser frei, zogen den Schlauch wieder raus und rammten in affenartiger Geschwindigkeit das zukünftige Brunnenrohr in das Loch. Danach wurde eine Leitung installiert, die zur Garage führte, und nun konnte man in der Garage den Gartenschlauch anschließen und das Grundwasser anzapfen.
Als alles vollbracht war, zahlte Papa die Arbeiter aus und ging den Rasensprenger holen. Anfangs klemmte da noch irgendwas, doch auf einmal, o Wunder, stiegen die Wasserstrahlen aus dem beweglichen Bügel des Sprengers empor und ergossen sich auf den Rasen.
»Dagegen sind die Niagarafälle ja nur Kinkerlitzchen«, sagte der Lohmann und wich ein paar Meter zurück, um nicht naßzuwerden. »Und wie wär’s jetzt mit ’ner kleinen Erfrischung, Meister?«
Er hatte eine Kühlbox mit Bierflaschen im Kofferraum und trug sie auf die Terrasse. Da saßen Papa und der Lohmann dann stundenlang und tranken Bier und sahen dem Rasensprenger zu. Ein Kubikmeter Wasser aus einer normalen Leitung koste ihn zwei Mark fünfzig, sagte Papa, und ein Kubikmeter Pumpwasser aus dem eigenen Brunnen nur sieben Pfennig.
Einmal kam auch Mama an, und da rief ihr der Lohmann zu: »Da sind Sie ja! Der weiße Schrecken der B 70!«
Sie habe ja nun wahrlich nichts dagegen, daß Papa sich hier mal mit einem seiner Mitarbeiter treffe, sagte Mama, als Papa nach oben getaumelt war,
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