Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
starb er an einer Kugel, die ihm ein Verräter aus seiner Bande in den Rücken geschossen hatte.
Wenn man in der Hitze nicht verdampfen wollte, hielt man sich tagsüber besser im Haus auf. Und wo hätte man da draußen auch schon hingehen sollen?
Einmal fuhr ich zur »Emslandschau«. Da gab’s einen Haufen Trecker und andere Landmaschinen zu beglotzen und dazwischen ganze Kompanien übergewichtiger Emsköppe. Das Grauen schlechthin wär’s gewesen, mit so einer bollerigen Bauerntochter aus Löningen oder Sögel verheiratet zu sein und sich dann in Meppen als kinderreicher Kfz-Mechaniker durchschlagen zu müssen. Oder als Sparkassenangestellter.
Bei den Landtagswahlen scheiterte die FDP sowohl in Niedersachsen als auch in Hamburg an der Fünfprozenthürde. In Hamburg errang die SPD die absolute Mehrheit, doch in Niedersachsen lag die CDU in Führung. Überraschend gut abgeschnitten hatte die Protestpartei Grüne Liste Umweltschutz mit 3,9 % der Wählerstimmen. Die waren wohl vor allem der SPD flötengegangen.
Western sah sich Mama ja normalerweise nicht, aber in »Rache für Jesse James« spielte Henry Fonda die Hauptrolle, und dem zuliebe machte sie mal eine Ausnahme. Mama himmelte auch Cary Grant, Jack Lemmon und James Stewart an, und Papa war wahrscheinlich nur deshalb nicht eifersüchtig auf all diese Kerle, weil sie in Hollywood wohnten und nicht leibhaftig bei uns im Wohnzimmer saßen und sich von Mama anschmachten ließen, während er in der Kellerwerkstatt hämmerte und bohrte und seine Schraubensammlung sortierte.
Der Sohn von Jesse James, der von einem ungefähr sechzehn Jahre alten Jungen gespielt wurde, bekam im Saloon kein Bier serviert, sondern bloß Limonade. Den Wilden Westen hatte ich mir dann doch ein bißchen wilder vorgestellt.
Noch verhaßter als das Unkrautschöveln waren mir die ewigen Mathearbeiten, aber was sollte man machen, wenn man weder das Talent noch die leiseste Lust dazu hatte, an einem knalleheißen Junitag in einem furzigen Klassenzimmer unter Zeitdruck das Volumen eines dämlichen Zylinders zu berechnen?
Oh teachers are my lessons done?
I cannot do another one ...
Mir fiel jeder einzelne verdammte Rechenschritt so schwer wie einem Fischstäbchen die Besteigung des Mount Everest. Wenn es eine angeborene Rechtschreibschwäche gab, für die man nichts konnte, mußte es doch auch eine angeborene Rechenschwäche geben? Eine Mathe-Legasthenie?
Was Hermann an »Casablanca« am besten gefallen hatte, war der Dialog zwischen den zwei alten Leutchen, die englisch nur radebrechen konnten: »Sweetnessheart, what watch?« – »Ten watch.« – »Such much?«
»Willkommen in Los Angeles« hieß ein Spielfilm, der um elf Uhr Abends anfing. Volker befand sich irgendwo auf der Piste, Wiebke pennte, auch Mama war schlafengegangen, und Papas stolperte nur einmal kurz herein und wieder raus. Danach hatte ich das Wohnzimmer für mich allein.
In den Film spielte Geraldine Chaplin mit, und in einer Szene zog sie sich aus. »Ich bin jetzt nackt«, sagte sie, aber da stand sie im Halbdunkel herum.
In Chemie schüchterte der Albers Ralle und mich mit einem wassergefüllten Plastikbeutel ein. Wir waren ständig darauf gefaßt, unsere Hefte in Sicherheit bringen zu müssen, weil der Albers damit drohte, uns von hinten mit dem prallgefüllten Wasserbeutel zu beschmeißen.
Im Englischbuch standen Beispiele dafür, wie Heinrich Böll den Roman »Der Fänger im Roggen« von J. D. Salinger übersetzt hatte. Salinger:
Anyway, it was the Saturday of the football game with Saxon Hall.
Böll:
Also, es war an dem Samstag, an dem der Fußballmatch gegen Saxon Hall stattfand.
Der Fußballmatch? Das war ja nicht zu fassen. Wie war Böll darauf gekommen, »the football game« mit »der Fußballmatch« zu übersetzen?
»Der war besoffen«, sagte Ralle, und dafür sprach auch das nächste Beispiel. Salinger:
It was the last game of the year, and you were supposed to commit suicide or something if old Pencey didn’t win.
Böll:
Es war der letzte Match in diesem Jahr, und man erwartete von uns, daß wir mindestens Selbstmord begingen, falls unsere Schule nicht gewänne.
»Gewänne ...« Da hätte Böll auch gleich »gewönne« schreiben können. Oder »gewünne«.
In der Pause riskierte man einen Sonnenstich, wenn man nicht sofort ein schattiges Fleckchen fand. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sich der Teer auf dem Schulhof verflüssigte und man darin klebenblieb und versank und
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