Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Vier Stunden lang nur auf englisch denken. Das hält doch keine Sau aus. Am Ende hatte ich 960 Wörter beisammen und war schon ganz stolz und hab dann so herumgefragt, was die anderen hätten. Und was kommt als Antwort? 1300, 1400 Wörter ... einer hatte sogar 1700 Wörter. O Scheiße.
Bei uns spielen sie wieder eifrig Krieg. Düsenjäger, Hubschrauber, Panzer ... Hast Du gestern die Wahlwerbung der CDU gesehen, im Zweiten? Sowas Kindisches. Das war ja wohl der primitivste Versuch zur Willensbeeinflussung, der mir je untergekommen ist. Da ist die Persilwerbung ja noch geschickter.
Na denn, viel Spaß beim Lesen!
Und das kriegte Michael alles auf einer einzigen Postkarte unter. Briefe wären mir trotzdem lieber gewesen.
Das Übelste an Zahnarztterminen waren, in sich steigernder Intensität, das muffelige Volk im Wartezimmer, die idiotischen Illustrierten, der Moment, in dem man das Sabbertuch umgehängt bekam, der Moment, in dem man das Maul aufmachen mußte, der Anblick des gezückten Instruments, das Geräusch, das der Bohrer von sich gab, die Zahnschmerzen selbst und die erschütternde Einsicht, daß der Zahnarzt als SS-Scherge jedes Geheimnis aus einem hätte herausfoltern können. Mit einem Bohrer an der Zahnwurzel wäre ich wehrlos gewesen. Ich hätte alles und jeden verraten, um mich selbst zu retten.
Und was war nun mit Ute Hinrichs? Auf dem Schulhof ging ich ein paarmal wie zufällig an ihr vorbei, doch sie reagierte nicht darauf.
In Büchners »Woyzeck« erzählte eine Großmutter ein Märchen, wie ich noch keins gehört oder gelesen hatte:
Es war einmal ein arm Kind und hat kei Vater und kei Mutter war Alles tot und war Niemand mehr auf der Welt. Alles tot, und es ist hingangen und hat greint Tag und Nacht. Und weil auf der Erd Niemand mehr war, wollt’s in Himmel gehen, und der Mond guckt es so freundlich an und wie’s endlich zum Mond kam, war’s ein Stück faul Holz und da ist es zur Sonn gangen und wie’s zur Sonn kam, war’s ein verreckt Sonneblum und wie’s zu den Sterne kam, warens klei golde Mück, die waren angesteckt wie der Neuntöter sie auf die Schlehe steckt und wie’s wieder auf die Erd wollt, war die Erd ein umgestürzter Hafen und war ganz allein und da hat sich’s hingesetzt und geweint und da sitzt es noch und ist ganz allein.
Wie der Mond in diesem Märchen war auch Meppen. Ein Stück faul Holz.
Am Pfingstsonntag radelte ich wieder nach Rühle. Irgendwo mußte ich ja hin, und die Strecke war so schön, wenn man mal von den Leuten absah, die sich der neuesten Mode hingaben: »Jogging« (vormals Dauerlauf). Dabei trugen sie in eigens dafür geschaffene »Jogginghosen« (vormals Trainingshosen).
Die Emsländer machten jeden Quatsch mit, der ihnen von den Zeitschriften, vom Fernsehen und den Sportmodefabrikanten vorgeschrieben wurde.
Ralle las mir ein Liebesgedicht von Hermann Hesse vor. Das habe er einer Schülerin vom Marihuanum zugesandt, die er vor ein paar Tagen kennengelernt habe, in Mike’s Pub. »Und nun wollen wir mal abwarten, was die dazu sagt. Ich mache da jetzt keine langen Faxen mehr. Wenn mir eine gefällt, dann kriegt die so’n Gedicht zugeschickt, mit ein paar Zeilen von mir, und wenn ich dann nix mehr von der höre, weiß ich Bescheid! Das ist doch viel einfacher, als ewig rumzubaggern, und am Ende kommt doch wieder nichts raus bei der ganzen Baggerei ...«
Ob ich das auch mal hätte versuchen sollen? Bei Ute Hinrichs? Ich dachte gründlich darüber nach, vorm Einschlafen, aber dann rief Papa mich und Wiebke noch einmal nach unten: Wir sollten im Garten frischen Löwenzahn für die Hamster suchen.
Im Schlafanzug?
»Dasssegal jetzt«, lallte Papa, und ich merkte, daß er einen in der Krone hatte. Wiebke kam in Schlafanzug und Bademantel die Treppe runter, und dann erschien auch Mama im Flur und fragte, was hier denn los sei.
Da solle sie sich raushalten, sagte Papa, und er drückte mir und Wiebke jeweils ein Küchenmesser in die Hand und schickte uns in den Garten, Löwenzahn ausstechen.
»Aber das ist doch der reine Irrsinn, um diese Uhrzeit«, sagte Mama.
Und Papa brüllte: »Wenn du alles besser weißt, dann kannst du ja heute nacht die Hamster füttern!«
»Gott, Richard, ich wußte doch gar nicht, worum es hier geht!« rief Mama.
Aber da hatte Papa die Kelltertreppentür schon hinter sich zugeknallt, und man hörte ihn die Stufen hinunterdonnern.
»Ihr beiden geht jetzt einfach ins Bett«, sagte Mama, »und den Rest besprechen wir
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