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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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sie in diesem komischen Staat ja nicht eingesperrt werden wie die Käfighühner!«
    Da war was dran.
    »Und glaub bloß nicht, daß du in der DDR so ’ne freche Schülerzeitung machen dürftest wie bei uns. Da würdest du schnuppdiwupp im Kittchen sitzen!«
    Ich hatte Mama meine Artikel zu lesen gegeben. Für das Erscheinen der nächsten Schülerzeitung wurde es allmählich Zeit.
    Es sei ganz schön in Douai, schrieb Wiebke, doch in Meppen gefalle es ihr besser. Na, dann sollte sie ihren Urlaub doch abbrechen und mich von der Hamsterkacke erlösen!
    Ralle, Bohnekamp und ich hatten uns zu einem Kinobesuch verabredet. Wir wollten »Die Blechtrommel« sehen. Vorher flappten in der Werbung für einen anderen Film mehrere dilettantisch gebastelte Drachen herum, und wir lachten uns schlapp.
    Im Hauptfilm gab es eine Szene, wo der kleinwüchsige Held Oskar Matzerath einem Mädchen den Bauchnabel ausleckte, und eine andere, in der Aale aus einem Pferdekopf herauswimmelten.
    »Hab ich’s euch denn nicht gesagt, wie geil dieser Streifen ist?« rief ein Typ in der Reihe hinter uns aus. »Ich hab’s euch gesagt, oder hab ich das nicht? Hab ich’s oder hab ich’s nicht, ey? Sagt mal? Hab ich euch zuviel versprochen?«
    Was das Ganze gesollt hatte, war mir hinterher nicht so recht klar. Ich hätte gern noch ein Bier trinken gehen gewollt, aber dafür waren Bohnekamp und Ralle schon zu müde.
    Weil auf der Gymnasialstraße eine Schülerin überfahren worden war, morgens, kriegten wir in der Schule alle eingeschärft, daß wir auf den Verkehr zu achten hätten. Als Bürgermeister hätte ich die Straße vorm Kreisgymnasium für den Durchgangsverkehr ganz einfach gesperrt. Finito!
    Bei Meyer blätterte ich in dem Buch »Die zornigen alten Männer«. Kaufen oder nicht kaufen? In diesem Sammelband kritisierten betagte Antifaschisten wie Eugen Kogon, Jean Améry und Axel Eggebrecht, der in der Weimarer Republik noch an der Weltbühne mitgearbeitet hatte, die politische Entwicklung der Bundesrepublik von den Nachkriegsjahren bis heute.
    Alte feudale Machtpositionen verfestigten sich, neue wurden binnen weniger Jahre aufgebaut, Riesenvermögen kamen, weiß der Teufel, durch welche Methoden, zusammen – und das alles bewunderte die Allgemeinheit entzückt. Um die Prominenz rankte sich unendlicher Klatsch, von dem die florierende Skandalpresse lebte. Billigste Sensationen verdeckten soziale Schäden, die jedermann hätten beunruhigen müssen ...
    Vieles hatte ich mir schon selbst so gedacht, aber manches war mir auch neu, zum Beispiel die Tatsache, daß ein SS-Führer wegen der Ermordung von dreihunderttausend Juden zu fünfzehn Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, also zu etwas mehr als zwanzig Minuten Haft für jeden ermordeten Juden. Winston Churchill, hieß es weiter hinten, habe im Kalten Krieg die Meinung vertreten, daß die westlichen Alliierten im Bündnis mit der Sowjetunion »das falsche Schwein geschlachtet« hätten.
    Im ZDF lief abends ein Thriller mit dem Titel »Fleisch«. Es ging da um illegale Organtransplantationen, und die HoffnungoffnungHoffnung, daß auch eine nackte Frau mitspielte, wurde nicht enttäuscht: Gleich zu Beginn war ein Studentenpärchen beim Vögeln zu sehen, und die Frau hatte sehr schöne Brüste.
    Wenn die Fernsehintendanten wollten, daß man keine Stielaugen kriegte als Jugendlicher, dann hätten sie das Programm schärfer zensieren müssen.
    Renées Eltern besäßen drei Katzen und einen Cockerspaniel, berichtete Wiebke, als sie aus Douai zurück war. Die Stadt sei aber blöd: Die liege mitten im französischen Kohlenrevier und sei so unübersichtlich, daß man sich leicht verlaufe. Die deutschen Schüler hätten deshalb immer nur in Begleitung der Franzosen in die Stadt gehen dürfen ...
    Nach dieser Mitteillung fläzte Wiebke sich so erschöpft auf dem Wohnzimmersofa hin, als ob wir sie alle unendlich bedauern müßten, aber damit kam sie nicht durch.
    »Du darfst jetzt hochgehen und dich um Lotti und deren Nachwuchs kümmern«, sagte ich. »Die brauchen Futter und Wasser, und die Spreu müßte auch mal wieder erneuert werden ....«
    »Und sonst hast du mir nichts zu sagen, du Doofmann?«
    »Nein. Tut mir leid.«
    Wiebke hätte ja auch mal Dankeschön sagen können dafür, daß ich ihre Goldhamster die ganze Zeit über ernährt hatte. Aber nein. Ein Wort des Dankes kriegte man von diesem verstockten Weibsbild nicht zu hören.
    Karl Carstens war zum Bundespräsidenten gewählt worden. Ein

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