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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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zuhören müssen, wie der Schlund der Müllkutsche den Müll herunterschluckt ...
    Ob diese Müllwagen innen wohl jemals saubergemacht wurden?
    Die ganze Woche über hatte ich mich auf den Western gefreut, der am Silvesterabend um acht Uhr im Zweiten anfing, mit einem Massenaufgebot von Leinwandgöttern: John Wayne, James Stewart, Henry Fonda, Richard Widmark, Gregory Peck und Karl Malden, die sollten da alle mitspielen, unter der Regie von drei Regisseuren, Henry Hathaway, John Ford und George Marshall, aber nach zweieinhalb Stunden war ich doch reichlich k.o. von dem Kram. So als ob ich mich an einem Eintopf übergegessen hätte.
    Weniger wäre mehr gewesen. Aber immer noch besser, als wenn wir die Unterhaltungssendung im Ersten gekuckt hätten, mit Dieter Thomas Heck, Gisela Schlüter, Ivan Rebroff, Heidi Kabel, Heino, Tony Marshall und noch anderen Zombies.
    Um elf servierte Mama Glühwein und streckte ihre Strumpfhosenbeine auf dem Wohnzimmersofa aus.
    Prösterchen.
    Und pusten, damit man sich nicht die Lippen verbrannte.
    »Im Sommer können wir zwei Alten uns dann ja vielleicht mal wieder ’n Urlaub gönnen«, sagte Mama, aber Papa hatte andere Pläne: Er wollte Oma Schlosser zu uns holen und im Erdgeschoß ein eigenes Badezimmer für sie einbauen.
    »Aber die ist doch primstens aufgehoben in Sennestadt!« sagte Mama.
    In Bielefeld-Sennestadt hatte Oma ein Zimmer in einem Altersheim namens Plettenberg-Stift.
    Papa brummelte nur irgendwas und ging dann runter in den Keller.
    Das fehle ihr noch, sagte Mama. Hier mit ihrer hinfälligen Schwiegermutter unter einem Dach zu hausen. »Wo die’s doch in ihrem Altersheim viel besser hat! Und die ganze Arbeit jeden Tag, na, ratet mal, an wem die hängenbleiben würde!«
    Im übrigen sei Oma Schlosser auch nicht immer leicht genießbar. Die habe ihre eigenen Ordnungsvorstellungen. »Aber ich kann mich nicht in allem nach einer Achtzigjährigen richten, die mir in meinen Haushalt hineinregiert! Und dazu noch dieser Dünkel, gegenüber allen, die ’s vielleicht nicht ganz so weit gebracht haben im Leben! Alle Tage könnte ich das nicht ertragen. Da kann Papa sagen, was er will!«
    Papa kam erst um drei Minuten vor zwölf wieder hoch.
    »Ach Gott«, rief Mama, »wir haben ja noch gar nicht den Sekt aufgemacht! Nun aber dalli!«
    Die Jahreszahlen wirkten von Jahr zu Jahr absurder. 1979 hatte ich so gerade noch akzeptieren können, mit Mühe, aber 1980? Wie konnte man denn im Jahr 1980 leben, wenn man sich nicht in den Kulissen eines Science-Fiction-Films befand?
    Mein Gefühl sagte mir, daß die Zeit irgendwo zwischen 1973 und 1976 stehengeblieben war. Alle höheren Jahreszahlen wirkten unecht. Dem Kalender nach mochten sie stimmen, aber ich kam mir wie ein Betrüger vor, wenn ich »1980« auf mein Briefpapier schrieb. Selbst »1977« hätte noch stark übertrieben ausgesehen.
    Die bekotzteste Fernsehsendung des Jahres flimmerte immer gleich am 1. Januar über die Bildschirme. Das Internationale Neujahrs-Skispringen: Wer wollte das bloß sehen? Und was waren das für arme Irre, die da an der Piste standen, um persönlich dabeizusein, wenn diese ekelig angezogenen und bebrillten Skispringer durch die Lüfte sausten?
    Wegen der Sache mit Oma Schlosser stritt Mama sich mit Papa aufs neue, und noch bevor ich genau begriffen hatte, was los war, sah ich Mama abermals ihren Koffer packen.
    Diesmal wollte sie nach Wiesbaden fahren und Wiebke mitnehmen.
    »Schlosser, hier ist deines Bleibens nicht länger«, sagte ich mir, als Mama mit Wiebke verschwunden war und Papa im Keller die Kreissäge aufjaulen ließ. Ich schnappte mir ’ne Tasche, schmiß ein paar Klamotten zusammen, zog meinen Parka an und stapfte los, zur Auffahrt der B 70 hinterm Hinderburgstadion, um nach Jever zu trampen, einfach so, und ich hatte Glück: Es hielt sofort ein VW-Käfer an, mit einem katholischen Theologen am Steuer, der nach Papenburg wollte.
    Der Theologe löcherte mich mit Glaubensfragen und legte mir sein Konzept von der Hölle dar. Die Hölle sehe nicht so aus, wie Klein-Erna sich die vorstelle. »Unter der Hölle verstehe ich mehr so ein schwer zu beschreibendes, innerlich schmerzhaftes Fernsein von Gott.«
    »Und wer soll das verdient haben?«
    »Alle Sünder«, sagte der Theologe.
    »Und für welche Sünden?«
    »Das können ganz verschiedene Sünden sein, aber ich würde mal sagen, daß die schlimmste aller Sünden die Abkehr von Gott ist ...«
    »Und dafür soll man dann im Jenseits bis in

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