Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Tausendundeiner Nacht schadlos halten müßten. Um den Schah und dessen Familie besser zu schützen, hätten Adenauers Hausjuristen sogar mal eine Strafgesetzbuchnovelle auf den Weg gebracht, die sogenannte Lex Soraya.
Gustav wollte noch in eine Kneipe gehen.
»Um diese Uhrzeit?« fragte Oma. »Du bist ja verrückt! Es ist doch schon fast halb elf!«
Aber davon ließ sich Gustav nicht beirren, und als er verschwunden war, zählte Oma die Kneipen auf, die er zu frequentieren pflegte: »Das Chausseehaus, die Braupfanne und der Schwarze Adler am Alten Markt, das sind so die Lokalitäten, in denen Gustav sich mit seinen Kumpanen trifft und sein Geld auf den Kopp haut. Und der Schwarze Bär, nicht zu vergessen! Das ist so ’ne Saufkneipe am Kirchplatz ...«
Die kenne sie, sagte Tante Dagmar. »Black Teddy.«
»Ist ja ganz egal, wie das nun heißt! Mich ärgert das jedenfalls, dieses unvernünftige Biergesaufe. Und ’n nettes Mädchen, das ihn mal auf andere Gedanken bringt, das lernt er da ja nun ganz bestimmt nicht bei kennen!«
Tante Dagmar schlief bei Oma, und ich konnte das Gästezimmer im Keller beziehen.
Die obere Wohnung stand leer. Die Familie, die da gewohnt hatte, war nach Norwegen ausgewandert.
Morgens mußte ich dringend püschern, doch das Bad war besetzt. Da rasierte sich Gustav elektrisch, und er sang dabei gemütlich vor sich hin: »Kommt und besucht mal Barbapapa ... Barbapapa, Barbamama, Barbabella, Barbaletta, Barbarix, Barbawum, Barbabo, Barbakus, Barbalala ... kommt und besucht mal Barbapapa ...«
Um zwölfe reisten Gustav und Tante Dagmar ab. »Und nun sind wir zwei Hübschen hier alleine«, sagte Oma.
Ich ging zu dem Kiosk in der Mühlenstraße, um mir Zigaretten zu kaufen. Da war noch ein Mann vor mir an der Reihe, und der war unzufrieden. »Gibt’s hier keine Bildung mehr?«
Was der wollte, kapierte ich nicht, bis ich dahinterkam, daß er die ausverkaufte Bild -Zeitung vermißte.
Nach dem Mittagessen – Seelachs mit Pellkartoffeln und Möhren und zum Nachtisch Schokopudding – legte Oma sich schlafen, und ich schrieb Michael einen Brief, in der Veranda, an Opas Schreibtisch. Da stand ein Briefbeschwerer herum, neben lauter anderen Sachen, die Opa gehört hatten.
Beim Malefiz ließ ich Oma gewinnen. Das war ich ihr schuldig, fand ich, und als sie mit ihrem Figürchen oben angelangt war, rief sie laut: »Hurra, hurra! Gewonnen!« Und sie warf die Arme nach oben, selig wie Gerd Müller nach einem Volltreffer per Fallrückzieher.
Lustig fand ich, was Oma über die Pestalozzi-Schule in der Anton-Günther-Straße erzählte. Weil das nur so ’ne Art Hilfschule gewesen war, hätten die Leute ihre Kinder da früher nicht hinschicken wollen. Selbst eine ihrerseits geistig ein bißchen zurückgebliebene Frau in Moorwarfen habe mal gesagt, ihr Sohn solle nicht »up de Klampozzi-School gauhn«.
Im Dritten lief abends bis in die Puppen ein Film von Hans-Jürgen Syberberg, über Hitler, und ich ratzte dabei ein. Zwischendurch kam ich einmal kurz wieder zu mir und erblickte den österreichischen Knallkopf André Heller, der irgendwas darüber erzählte, daß das Weltall ein Tropfen sei und jeder Tropfen ein Weltall.
Am Freitagvormittag mußte Oma zur Fußpflege, und ich sah mich noch einmal in Gustavs Zimmer um. Im Regal stand ein klobiges Wörterbuch namens Mackensen. Das hatte Gustav irgendwo billiger bekommen, weil in dem Exemplar die Seiten 1 bis 20 vorne überkopf und auch noch an der falschen Stelle eingebunden worden waren.
Nachmittags gingen wir zum Friedhof. Da ruhten sie nun, Opas Gebeine.
Wenn ich einmal soll scheiden ...
Auf dem Rückweg zeigte Oma auf ein Haus in der St.-Annen-Straße: Das sei früher ein Bordell gewesen. Da habe immer so eine dickbusiges Weib im Erdgeschoßfenster gelegen und auf Kundschaft gewartet. Die alte Henny. Stadtbekannt.
Dann wollte Oma noch Plockwurst einkaufen und Schinkenspeck.
Abends kam Derrick . Diese alberne Krimiserie gehörte für Oma zu den integralen Bestandteilen ihres Lebens, so wie Kreuzworträtsel, Teegebäck und Hörzu .
Im Wald lag ein toter Mann. Horst Tappert alias Kommissar Derrick entdeckte am Tatort Schleifspuren und Fußabdrücke. Alles deutete auf Mord hin, und die Hinterbliebenen hatten irgendwelche Geheimnisse zu verbergen.
Der Mann war mit einem Pflanzenschutzmittel vergiftet worden.
Den Einkaufszettel, den Oma mir nach dem Frühstück hinlegte, las ich extra falsch vor: »Ein Viertelpfund Nasenfett?«
»Blödsinn!
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