Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Eltern starben im Abstand von sieben Monaten – der Vater bei der Empfängnis, die Mutter bei der Geburt.
Na ja. Vielleicht bin ich zu blöd dafür. Das Dumme ist, daß der Roman der dritte einer Trilogie ist. So kapiert man natürlich noch weniger.
Genug, sonst werde ich noch selbst zum Mahood!
Weil ich nichts Besseres mit mir anzufangen wußte, ging ich in den Kinofilm »Amityville Horror«. Handlung: Eine Familie zieht in ein Spukhaus ein, und der Daddy verliert den Verstand. Nachts, mit erleuchteten Fenstern, sah die Hausfassade wie die bösartige Fresse einer Bestie aus, aber der Film war Schrott. So mit elf oder zwölf Jahren hätte ich mich vielleicht noch gefürchtet, aber mit siebzehndreiviertel?
Frustig. Ob das im ganzen Erwachsenenleben so war, daß einem nichts mehr imponieren konnte?
Mama fuhr nach Jever, um bei Oma mal nach dem Rechten zu sehen. Die solle nicht denken, daß wir sie abgeschrieben hätten.
Und es fiel wieder Schnee, und ich war am Schneeschaufeln, und dann war ich am Schiffen, und als ich aus dem Klofenster blickte, sah ich Udo und Angela anrücken. Ob die mich wieder abholen wollten? Oder hatten sie womöglich vor, sich in meiner Bude breitzumachen?
Avanti, avanti! Dreckige Socken unters Sofa kicken, leere Bierflaschen verstecken, Bettdecke und Kopfkissen ordentlicher hinlegen ... irgendwas übersehen? Auwei, hinter der Zimmertür, was baumelte denn da für ein langer Spinnenfaden von der Decke?
Ich schaffte es dann sogar noch, Angela zu Ehren die Dylan-LP aufzulegen, bevor es an der Tür klopfte.
My love she’s like some raven
At my window with a broken wing ...
Gekommen waren die beiden, um mich nach meinen Osterferienplänen zu fragen. »Also, die Sache ist die, daß wir nach Florenz fahren wollen«, sagte Udo, »und wenn du noch nix anderes vorhast hast, könntest du doch mitkommen ...«
Die Planung der Reise befand sich nach Angelas Ausführungen noch im Keimstadium. »Zehn Tage oder so, hatten wir gedacht, und dann in ’ner Jugendherberge schlafen. Oder auf ’m Zeltplatz.«
Ja, klar! Warum nicht? Das wäre doch mal was radikal anderes als das übliche Entenfüttern im jeverschen Schloßgarten!
Udo und Angela wollten in die großen Museen gehen. Kunstschätze, die gebe es da ohne Ende, und die Architektur und alles und überhaupt: Italien! Die ganze Lebensart und vor allem das Sonnenlicht, das sei absolut nicht zu vergleichen mit dem norddeutschen Grau-in-Grau ...
»Hört sich gut an«, sagte ich, »aber da müßt’ ich natürlich erstmal meine Eltern fragen, ob die mir was dazuschießen.«
(Dazuschießen! Haha! Als ob ich irgendwelche finanziellen Rücklagen besessen hätte!)
»Wir wollen halt keinen Pärchenurlaub machen«, sagte Angela, »weil, wir sind ja auch kein Pärchen, und wenn du noch jemanden weißt, der mitfahren will, dann sind wir offen dafür ...«
Martin Schlosser in Florenz! Mit Angela und Udo! Ich konnte abends kaum einschlafen bei dem Gedanken daran. In Italien, hey, da würde ein neues Leben beginnen. Und was für eins!
Mama schimpfte über den Matsch auf den Straßen, aber sie brachte auch eine erfreuliche Nachricht aus Jever mit: Gustav hatte sein Examen mit der Note Gut bestanden. In Niedersachsen würden angeblich nur 0,5 % der Jurastudenten ihr Exman mit 1 bestehen und nur 5,3 % mit 2.
Im Mai werde Gustav wahrscheinlich irgendwo als Referandar anfangen oder promovieren. Dr. jur. Gustav Lüttjes. »Schon ’ne drollige Vorstellung, wenn man den noch als Hosenmatz vor Augen hat ...«
Über meine Reisepläne wollte Mama mit Papa sprechen. Möglicherweise konnte ich ja auch Michael Gerlach zum Mitkommen überreden?
Von Schneeflocken, Glatteis und Streusalz hatten die Florentiner garantiert noch nie irgendwas gehört. Diese Wörter gab’s vielleicht gar nicht auf Italienisch.
Wiebke kriegte Augentropfen verschrieben und ich eine neue Brille mit stärkeren Gläsern. Wiebke war am Nölen, aber ich hätte lieber die Augentropfen genommen.
Nach langem Palaver stand fest: Mama und Papa würden mir die Reise nach Florenz bezahlen und auch die zehn Tage Jugendherberge, alles in allem 350 Mark. Dann würde ich zwar Wiebkes Konfirmation verpassen, aber man konnte nun einmal nicht alles haben im Leben.
Ich rief in Vallendar an, um Michael einzuladen, und schnupdiwup, er sagte zu und lud uns seinerseits dazu ein, auf der Hinfahrt eine Nacht auf dem Mallendarer Berg zu verbringen.
Papa sagte, das klinge alles noch reichlich
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