Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
hätten. Von dem Hexenschuß sei zwar mittlerweile nichts mehr zu spüren, aber die Entlassungspapiere dürfe nur der Stabsarzt ausstellen, und der sei erst am Montag wieder im Dienst.
Ein Scheißladen, diese Bundeswehr. Aber Volker hatte da ja unbedingt hingewollt.
In seinem gerade angelaufenen neuen Film trat Jerry Lewis als trotteliger Tankwart, Barmixer, Koch und Briefträger auf. Das Dämlichste an nicht so guten Filmen wie diesem war der Ärger über das rausgeworfene Geld und die sinnlos verplemperte Zeit. Aber mitten in der Vorführung aufstehen und sich den Weg nach draußen bahnen, das gehörte sich irgendwie nicht.
Ich tat es dann aber doch, und an der frischen Luft war mir auch gleich viel wohler.
Am Sonntagabend lud Mama uns zum Essen bei einem Griechen ein, das heißt Wiebke und mich, denn Papa wollte natürlich nicht mit. (»Zum Griechen? Da müßte ich ja wohl übergeschnappt sein!«)
Das ganze Gyros- und Suflakigefresse hatte aber auch tatsächlich was Krankhaftes an sich. Schling, schling, schling! Und hinterher der teuflische Nachgeschmack der Gewürze und im Gebiß alle möglichen fiesen Fasern, die sich nur mit dem Zahnstocher wieder herausoperieren ließen.
Mama sagte, daß sich bei den Hausbesichtigungen in Jever noch nichts Konkretes ergeben habe. Und sie gönnte mir nur ein einziges Bier, getreu ihrer alten Devise, daß beim Essengehen die Getränke am teuersten seien. »So dicke haben wir’s nun auch wieder nicht!«
Wir erhielten dann aber vom Küchenchef persönlich jeder noch einen Ouzo, als Rachenputzer.
Michael Gerlach, die treulose Tomate, hatte mir endlich wieder einen Brief geschrieben.
Avanti!
Muß mich doch schon an das Italienische gewöhnen. Wenn das nur mal was gibt! Der Harald hat mir schon Mut gemacht: In einer Jugendherberge dürfe man gar keine zehn Tage bleiben. Was soll’s. Erstmal hinkommen!
Vorgestern hab ich mich mit noch einem aus meiner Klasse nach ’nem Job für die Ferien umgesehen. Kennst Du Pein + Pein in Neuhäusel? Die Baumschule? Da könnte man was bekommen. Was der Personalchef da erzählt hat, stimmt mich allerdings nicht enthusiastisch: »Härteste Knochenarbeit, bei jedem Wetter, ob’s hagelt oder schneit ... üble Schinderei ... Rückenschmerzen ...« Schlimmer als beim Bund. Und neun Mark die Stunde sind ja auch nicht besonders viel für die Schufterei. Die wird nämlich meistens von Gastarbeitern schwarz gemacht. Die tun alles und nehmen wenig Geld dafür.
Apropos Bund: Wenn ich noch zwei bis drei Kilo abnehme, dann brauche ich nicht hin. Hähähä! Allerdings ist das mehr ein Latrinengerücht als eine sichere Information. Muß ich mich noch mal genau erkundigen. Der Sohn von denen zwei Häuser weiter hat verweigert und schiebt jetzt Dienst im Reha. Irgendein Bürojob. Langweilig, aber immer noch besser als Bund. Bevor ich den Schwachsinn mitmache, nehme ich gerne noch zehn Kilo ab. Was man so vom Wehrdienst zu hören kriegt, ist wirklich das allerletzte. Erst die Ausbildung und danach nur noch sinnloses Herumgesitze, der totale Stumpfsinn. Panzer putzen und Gewehre schrubben oder Fingernagelappell und all so’n Kram. Und das bloß, damit sie mich später verheizen können, auf daß ihre Ölkessel nicht leer werden. Nee nee.
Übermorgen werde ich gefilmt! Ja, eine große Karriere steht mir bevor. Ich werde in die Annalen der Filmgeschichte eingehen. Oder vielmehr: Die Video-Aufzeichnung, auf der ich drauf bin, wird in die Aktenschränke des Kultusministeriums eingehen. Das »Ich werde gefilmt« war nur eine Verfälschung der Tatsache, daß mein Sozialkundekurs gefilmt wird. Da ist irgend so ein Berufskundevortrag, und zur Erbauung des Lehrkörpers an anderen Schulen werden unsere Reaktionen auf Videokassette gebannt. Haha, ausgerechnet unser Kurs, bei dem die Mitarbeitsquote etwa bei drei Promille liegt (meine Beteiligung: 0,000 Promille). Ein Witz! Den Kurs muß man mal gesehen haben: Die Leute fast unterm Tisch vor Müdigkeit (mich natürlich ausgenommen – ich liege wirklich unterm Tisch). Der Lehrer ist schon immer am Jammern. Wieso die gerade auf uns gekommen sind, kann ich Dir nicht sagen. Wahrscheinlich ein Justizirrtum.
Auf meine Ersatzteile für die Garelli warte ich immer noch. Wenn die Italiener alle so sind ...
Na dann, bis auf bald in Florenz (hört sich gut an, richtig weltmännisch). Ach nee, Ihr kommt ja vorher noch hier vorbei. Müßt wohl im Keller pennen.
Arrivi ... Arri ... nö, jetzt fällt’s mir nicht
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