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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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Sizilianer viel schwerfälliger und bäurischer seien als die anderen Italiener, aber sie würden jeder Frau unter 65 hinterherpfeifen, auch wenn die eigene danebenstehe.
    Tante Dagmar, ja, die kam rum in der Welt und ließ es sich was kosten. Mir hatten aber die italienischen Großstadtbewohner schon vollauf gereicht.
    Von Hermann hörte ich, daß er von Axel Reinert gehört habe, daß Kurt Wilkens von Marita Bredenkamp gehört habe, daß Henrik Osterlohe in Heike Schmitz verliebt sei und daß Heike Schmitz ihm daraufhin zu verstehen gegeben habe, daß sie gute Freunde bleiben könnten, aber mehr sei nicht drin. »Heike Schmitz, mußt du wissen, hat sich erst vor kurzem von Werner Frings getrennt. Das ist dieser Automechaniker, den sie Pfingsten in Köln noch im Schlepptau gehabt hat. Mit dem ist sie fünf Jahre lang zusammengewesen, und jetzt will sie sich nicht sofort wieder binden ...«
    »Ach? Und warum erzählst du mir das alles?«
    »Tu nich’ so unschuldig! Du hast doch selber ’n Auge auf Heike Schmitz geworfen! Ich hab euch doch sitzen gesehen im Bus! Und jetzt wirst du auch noch rot!«
    Meinen dritten Besuch meldete ich ordnungsgemäß telefonisch an und bekam eine gute und eine schlechte Nachricht zu hören: »Ja, das paßt mir gut! Und nachher will auch Henrik noch kommen!«
    Der schon wieder. Nicht daß ich irgendwas gegen Henrik Osterlohe gehabt hätte: Er war schon in Ordnung, auf seine Art, und ich konnte nur zu gut verstehen, daß er sich zu Heike hingezogen fühlte. Aber ein Mann mit Selbstachtung, Sportsgeist und Taktgefühl mußte doch auch ein Gespür für den korrekten Zeitpunkt eines ehrenhaften Rückzugs seiner Truppen vom Schlachtfeld besitzen. Was brachte es denn, als abgeschmetterter Eroberer den Belagerungszustand künstlich aufrechtzuerhalten und anderen Parteien bei ihren Manövern im Wege zu stehen?
    Heike hatte im Wohnzimmer eine Platte von Herman van Veen aufgelegt, diesem holländischen Fiedelvirtuosen mit der Jugendpfarrerstimme und den Attitüden eines Clowns, dem's auch mal ganz arg weh sein kann ums Herz.
    Weißt du, wie es war, als wir beim Antiquar
    das Büchlein fanden »Tausend weise Sprüche«?
    Mir fällt einer ein, der paßt dort gut hinein:
    »Mit der Zeit geht alles in die Brüche.«
    Ja, bei dem vielleicht. Ich orientierte mich lieber an Wilhelm Busch:
    Mit der Zeit wird alles heil,
    nur die Pfeife hat ihr Teil.
    In einem anderen Lied schmachtete Herman van Veen ein Kind an:
    Hey, kleiner Fratz auf dem Kinderrad,
    du lächelst so stolz und so kühn ...
    Rein schlimm. Und doch noch nicht der Gipfel. Den erklomm der Meistergeiger erst in einem Lobgesang auf seine eigene Sensibilität:
    Ich hab ein zärtliches Gefühl
    für den, der sich zu träumen traut ...
    Ob Heike das gefiel? Diesen nagenden Zweifel an ihren Geisteskräften zerstreute sie. »Denk bloß nicht, daß das meine Platte ist! Die gehört meiner Schwester! Wenn du mich fragst, ist das Kitsch in höchster Potenz!«
    Wir gingen dann in Heikes Zimmer hoch, weil ihre Mutter unten noch den Teppichboden einschäumen wollte. Es war nur ein Huck unter ’ner Dachschräge, dieses Zimmerchen. Das Mobiliar bestand aus einem winzigen Bücherregal und einer ebenerdig liegenden Matratze ohne Bettgestell.
    »Und hier wohnst du?«
    »Nee, hier schlaf ich. Wohnen tu ich in der Top.«
    »In der was?«
    »In der Top!«
    »In der was?«
    »Sag bloß, du weißt nicht, was die Top ist!«
    Einerseits freute es mich, Heike lachen zu sehen. Andererseits mißfiel mir die Empfindung, ausgelacht zu werden wie ein Gimpel, für den »die Top« eine unbekannte Größe darstellte.
    Die Top, sagte Heike, nachdem sie ihre Selbstbeherrschung wiedergefunden hatte, sei eine Discothek am Schullendamm. »Da geht oft Mords was ab! Und ganz zum Schluß läuft immer ›Everybody must get stoned‹. Dann tanzen alle, die noch da sind, auf den Tischen, ey, da mußt du unbedingt mal mit dabeisein! Und jetzt will ich eine rauchen. Oder warte, vorher zeig ich dir noch meiner Schwester ihr Zimmer. Ich hätte das haben können, weil, die is' für ein ganzes Jahr in Kalifornien, als Au-pair, aber für mich, da wär dies Zimmer nix. Da würde ich mir ganz verloren drin vorkommen mit meinen paar Habseligkeiten ...«
    Ins verwaiste Boudoir der Schwester hätte Heikes Huck tatsächlich mindestens dreimal hineingepaßt. An der Wand hing ein Poster: Herbstlaub, kunterbunt, mit einem Gedicht von Rilke.
    Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
    als welkten in

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